Vom Konzept zur Realität

Vom Konzept zur Realität

Seit der Einführung der Fließbandmontage durch Henry Ford vor 100 Jahren haben sich die Produktion und insbesondere die Produkte maßgeblich verändert. Während bei den ersten Fahrzeugen jedes wie das andere war, ist heute ganz gewollt kein Fahrzeug wie das andere. Vergleicht man nun die Produktionssysteme, erkennt man, dass durch die Änderung zur Losgröße 1 die Fertigung keinen vergleichbaren Evolutionsschritt gemacht hat. Die Folge sind starre und monolithische Fertigungslinien, welche durch geringe Stückzahlen nicht selten zu Gewinneinbußen führen.

Prof. Dr. Jörg Krüger, TU Berlin (Bild: Fraunhofer IPK)

Prof. Dr. Alexander Verl, Universität Stuttgart (Bild: Institut für Steuerungstechnik)

Modulare Montage ist ein möglicher Lösungsansatz, der durch das selektive Bearbeiten innerhalb einzelner Montagestationen eine individuelle Prozesskette für jedes Produkt ermöglicht. Um die steigende Komplexität beherrschbar zu machen zeigt sich ein Zusammenspiel aus Robotern und Softwarelösungen. Letztere müssen sich hierbei den Herausforderungen zur Skalierbarkeit und hoher Verfügbarkeit stellen. Der Einsatz ressourcenreicher Cloud-Infrastrukturen, um lang erforschte Probleme der Robotik (z.B. Bildverarbeitung) auf rechenstarken Architekturen anzuwenden, ist daher naheliegend. Zudem ermöglichen solche verteilten Systeme wirtschaftlichen Mehrwert durch kontinuierliche Analysen, Optimierung der Systemzustände sowie den Einsatz lernender Verfahren.

Parallel dazu gelangt die Mensch/Roboter-Kooperation immer weiter in die praktische Umsetzbarkeit. Durch die Interaktion von Mensch und Roboter können starre Prozessketten aufgebrochen werden. Die Flexibilität des Menschen zusammen mit der Ermüdungsfreiheit und Wiederholgenauigkeit des Roboters eröffnet so neue Möglichkeiten der effizienten Produktion im Hochlohnland Deutschland. Die Roboterhersteller greifen diesen Trend zunehmend auf, wie auf der letzten Hannover Messe sichtbar geworden ist. Roboter mit Schutzhaut wurden unter anderem von Fanuc und Comau gezeigt, Firmen wie Blue Danube Robotics führten Nachrüstlösungen vor und Universal Robots (UR) oder Franka zeigten inhärent sichere Geräte. Erste Erfahrungen sammelt zum Beispiel Volkswagen seit 2013 mit der Integration eines UR5 ohne Schutzumhausung in der Motorenfertigung. Das Fraunhofer IAO kommt in der Studie ‚Leichtbauroboter in der manuellen Montage‘ zu dem Schluss, dass Werker und Roboter überwiegend in Koexistenz nebeneinander arbeiten und dabei die neue Technologie sehr zuverlässig arbeitet.

Der aktuelle Fachkräftemangel stellt die Unternehmen zunehmend vor die Herausforderung die verfügbaren Mitarbeiter ohne lange Ausbildungs- und Einarbeitungsphasen bei kurzfristigen Auftragsspitzen am Produktionsprozess zu beteiligen. Besonders die Methoden der Mensch/Roboter Kollaboration mit Leichtbaurobotern finden bei solchen Szenarien Anwendung. Durch die hohe Flexibilität, Mobilität und Vereinfachungen in der Bedienung können selbst ungelernte Mitarbeiter in wenigen Schritten an neue Aufgaben der Montage oder Fertigung sicher herangeführt werden.

In Kombination mit cloud-basierten Steuerungen können die Fähigkeiten der Roboter zukünftig über die Cloud verteilt werden. Ein Beispiel hierzu wurde vom Google Brain Team umgesetzt, bei dem mehrere Roboter in einem nicht überwachten Lernprozess die Fähigkeit erlangten vorher unbekannte Teile aus einer Kiste zu greifen (siehe Seite 98).

Durch Digitalisierung und Vernetzung der Produktionsmittel wird die Komplexität der Anlagen damit zwar weiter steigen, die zunehmend kollaborativen Prozesse werden jedoch einem deutlich größeren Nutzerkreis in erheblich intuitiverer Form verfügbar gemacht. n @Autor – AW:

Inst. f. Steuerungstechn. der Werkzeugm.
robotik-produktion.de

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