Anforderungen an Getriebe in Roboterachsen

Anforderungen an Getriebe in Roboterachsen

Arm in Arm

Wie genau, stark und schnell ein Roboter ist, hängt maßgeblich von der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Getriebelösungen ab. Um die Anforderungen an die einzelnen Achsen zu erfüllen, müssen die Lösungen am besten 1:1 auf die jeweilige Anwendung abgestimmt sein – und das ist alles andere als trivial. So gibt es z.B. bei der Getriebeauslegung eines Sechsachsroboters Einiges zu beachten.

Roboterarme stellen hohe Anforderungen an ihre Getriebe hinsichtlich Präzision, Dynamik, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Roboterarme stellen hohe Anforderungen an ihre Getriebe hinsichtlich Präzision, Dynamik, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Die Präzisionsgetriebe für Roboterachsen von Nabtesco verdanken ihren Erfolg ihrer Konstruktion. Aufgrund der zykloiden Bauform erfolgt eine nahezu spielfreie Kraftübertragung bei hoher Steifigkeit und Übertragungsgenauigkeit. Das macht die Getriebe leistungsfähig, präzise und robust – und das bei besonders kompakter Bauweise.

Jede Roboterachse stellt andere Anforderungen

Ein Roboter wird hauptsächlich über die Last, den sogenannten Payload, definiert. Weitere zentrale Kenngrößen sind Nenndrehmoment, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Überschwingweite sowie Positionier- und Wiederholgenauigkeit. „Die Getriebe sind quasi das Herz des Roboters. Sie übertragen Drehmomente sowie Drehzahlen und gehören damit zu den Kerntechnologien bei der Konstruktion“, so Christian Otto, Vertriebsingenieur bei Nabtesco. Roboterhersteller stellen hohe Anforderungen an ihre Getriebe hinsichtlich Präzision, Dynamik, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Wie das in den einzelnen Achsen konkret aussieht, variiert naturgemäß je nach Anwendung. Bei Pick&Place-Applikationen im Handlingbereich kommt es vor allem auf hohe Geschwindigkeit, Wiederholgenauigkeit und das punktgenaue Absetzen schwerer Lasten an. Schweiß- oder Lackierroboter dagegen dürfen niemals von der vorgegebenen Bahn abweichen und müssen daher über eine besonders hohe Positioniergenauigkeit verfügen. Auch die Lage der Getriebe innerhalb des Roboters spielt eine entscheidende Rolle für ihre Auslegung. So werden beim sechsachsigen Knickarmroboter in den Achsen 1 bis 3, die für die Positionierung der Handachsen des Roboters im Raum sorgen, kraftvolle und große Getriebe benötigt. „Die Hauptachsen bilden gewissermaßen das Fundament des Roboters – und für einen stabilen Stand braucht es robuste, strapazierfähige Getriebekonstruktionen“, erklärt Otto. „Gleichzeitig müssen die Getriebe sehr genau arbeiten. Ein zu großes Verdrehspiel in Achse 1 würde sich durch den gesamten Roboter ziehen und damit die Präzision in Achse 6 verringern.“ Während Aufbau und Mechanik der Getriebe in den Achsen 1 bis 3 noch relativ einfach gehalten sind, sieht das in den Handachsen, die die Ausrichtung des Effektors übernehmen, anders aus. „Hier gilt es, möglichst viel Leistung auf engem Raum unterzubringen. Leichte und kompakte Lösungen sind das A und O, denn jedes extra Kilogramm in den Achsen 4, 5 und 6 vergrößert die Getriebe in den Hauptachsen“, so der Vertriebsingenieur.

Müssen Kabel und Leitungen durch die Roboterachse durchgeführt werden, sind die robusten, kompakten Hohlwellengetriebe der RV-C-Serie erste Wahl. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Müssen Kabel und Leitungen durch die Roboterachse durchgeführt werden, sind die robusten, kompakten Hohlwellengetriebe der RV-C-Serie erste Wahl. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Die großzügig dimensionierte Hohlwelle der RV-C-Getriebe erlaubt es, Strom- und Versorgungsleitungen einfach und platzsparend durch das Innere der Zykloidgetriebe durchzuführen. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Die großzügig dimensionierte Hohlwelle der RV-C-Getriebe erlaubt es, Strom- und Versorgungsleitungen einfach und platzsparend durch das Innere der Zykloidgetriebe durchzuführen. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Die Vollwellengetriebe der RV-N-Serie wurden speziell für die Robotik entwickelt. Sie sind leicht, kompakt und leistungsstark. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Die Vollwellengetriebe der RV-N-Serie wurden speziell für die Robotik entwickelt. Sie sind leicht, kompakt und leistungsstark. (Bild: Nabtesco Precision Europe GmbH)

Große Hauptlager für große Biegemomente

In Achse 1 kommen fast ausschließlich Hohlwellengetriebe zum Einsatz. Das hat zwei Gründe: Zum einen können so Strom- und Datenleitungen, aber auch Versorgungsleitungen für Lackier- oder Schweißroboter einfach und platzsparend durch die Mitte des Getriebes geführt werden und sind damit bei der Bewegung des Roboters nicht im Weg. Zum anderen haben Hohlwellengetriebe größere Hauptlagerungen und können dadurch größere Biegemomente aufnehmen. „Das ist wichtig, denn damit der Roboter stabil steht, müssen Kippmoment und Kippsteifigkeit entsprechend hoch sein“, erklärt Otto und ergänzt: „Hier muss auch die Überschwingweite beachtet werden: Je weiter die Achse 6 von der Achse 1 entfernt ist, umso größere Biegemomente wirken auf den Roboter und damit auch auf die Achse direkt am Roboterfuß.“ An den Achsen 2 und 3 lassen sich Kabel und Schläuche problemlos außen verlegen – Bahn frei für Vollwellengetriebe. Diese sind bei gleicher Drehmomentleistung kleiner und kostengünstiger als Hohlwellengetriebe und damit erste Wahl, wenn die Hohlwelle nicht unbedingt gebraucht wird. Da sich die Kippachse nah am Getriebe befindet, ist das Kippmoment nicht so ausschlaggebend wie in Achse 1. Stattdessen sind hier Drehmomentstärke sowie eine hohe Verdrehsteifigkeit gefragt.

Kipp- und Verdrehsteifigkeit

Um die Achsen 5 und 6 gewichtstechnisch zu entlasten, werden bei vielen Robotern die Antriebe für die beiden finalen Handachsen auf Höhe von Achse 3 angebracht und über ein langes Antriebsritzel durch die Achse 4 in Richtung Greifer bzw. Werkzeug geführt. Daher finden sich in Achse 4 erneut Hohlwellengetriebe. Von zentraler Bedeutung sind in Achse 4 außerdem hohe Dreh- und Kippmomente sowie eine große Kipp- und Verdrehsteifigkeit. An die Getriebe in Achse 5 werden ähnliche Anforderungen wie an die Achsen 2 und 3 gestellt, allerdings mit einem besonderen Augenmerk auf eine leichte und kompakte Konstruktion. Letzteres gilt auch für Achse 6 – je nachdem ob eine Werkzeug- oder Mediendurchführung gewünscht ist, werden hier Hohl- oder Vollwellengetriebe eingesetzt. „Um den Roboter nicht unnötig groß und schwer zu machen, wird in der Regel eine Überdimensionierung der Getriebe vermieden. Ist allerdings in Achse 6 eine besonders hohe Präzision gefordert, wird in Achse 1 häufig ein größeres Getriebe mit einer besseren Kippsteifigkeit gewählt“, so Otto. Er erläutert: „Dadurch, dass das Getriebe im Rahmen seiner Möglichkeiten eher gering belastet wird, erhöht sich die Kippsteifigkeit des Roboters und damit seine Präzision.“

Große Varianz in den Untersetzungen

Für den Einsatz in Sechsachsrobotern haben sich vor allem die Einbausätze der Serien RV-N (Vollwelle) und RV-C (Hohlwelle) bewährt. Sie wurden speziell für die Robotik entwickelt und auf die Bedürfnisse der Branche angepasst. „Vergleicht man die Getriebe der aktuellen RV-N- mit denen der alten RV-E-Serie, sind die technischen Leistungsdaten nahezu gleich geblieben, Gewicht und Volumen hingegen wurden um 40 Prozent reduziert“, so Otto. Das wirkt sich positiv auf die Baugröße, das Gewicht und die Massenträgheit der Roboter aus, ohne dass die Performance verloren geht. Trotz ihrer kompakten Bauweise und ihres reduzierten Gewichts bieten die spielarmen Zykloidgetriebe eine hohe Leistungsfähigkeit sowie Verdreh- und Kippsteifigkeit. Die großen, integrierten Schrägkugellager nehmen äußere Kräfte und Momente auf und verlängern die Lebensdauer zusätzlich. Eine bauseitige Lagerung und der damit verbundene Fertigungsaufwand für die Lageraufnahmen entfallen. Für die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Servomotoren bietet Nabtesco eine große Varianz in den Untersetzungen.

Hohe Präzision, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit

Aufgrund der Rollen/Exzenter-Konstruktion verteilt sich die Kraft sehr gleichmäßig, was für geringen Hystereseverlust und hohe Widerstandsfähigkeit sorgt. „Für den Hystereseverlust und Lost Motion garantieren wir Werte von unter einer Winkelminute“, hebt Otto hervor. „Selbst Werte kleiner 0,15 sind möglich, in den meisten Fällen allerdings gar nicht notwendig.“ Dabei ist die Spielzunahme auch über einen langen Zeitraum verschwindend gering – ein Plus gegenüber normalen Planetengetrieben, die im Laufe ihres Lebens häufig mit zunehmendem Spiel zu kämpfen haben. Die aus zwei versetzt zueinander installierten Kurvenscheiben bestehende Zykloidstufe macht die Getriebe außerdem unempfindlich gegen Schockbelastungen (bis zum Fünffachen des Nenndrehmoments) und erlaubt hohe Beschleunigungsmomente (bis zum 2,5-Fachen des Nenndrehmoments). Eine Besonderheit der RV-C-Getriebe ist die Hohlwelle bis 138mm zum Durchführen von Strom- und Versorgungsleitungen. Sie bleibt nicht starr, sondern dreht konstruktionsbedingt mit der Abtriebsdrehzahl mit. Das hat den Vorteil, dass über einen Geber an der Hohlwelle die Position der Antriebswelle direkt ermittelt werden kann.

Nabtesco Precision Europe GmbH
www.nabtesco.de

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: KUKA AG
Bild: KUKA AG
Cobot-Einsatz in der Qualitätssicherung

Cobot-Einsatz in der Qualitätssicherung

Zur Qualitätssicherung des neuen Mahlwerks für die neue Kaffeemarke Ligre hinsichtlich Langlebigkeit und Einhaltung des voreingestellten Kaffeegewichts setzten die Entwicklungstechniker von Gronbach in einem Testaufbau auf die Unterstützung durch den Cobot LBR iisy von Kuka.

Bild: Fraunhofer-Institut IML
Bild: Fraunhofer-Institut IML
Belohnung als 
Anreiz zum Lernen

Belohnung als Anreiz zum Lernen

KI-Entwickler Julian Eßer trainiert Roboter, sich intelligent zu verhalten. Denn das Entscheidende ist, dass die Maschinen nicht nur bei kalkulierbaren Ereignissen richtig handeln. Vor allem müssen sie auch in unvorhergesehen Situationen das Richtige tun. Dafür testet er als Mitglied des AI Grids, einer Initiative des Bundesforschungsministeriums, die vielversprechende Talente in künstlicher Intelligenz in Deutschland fördert, am Fraunhofer IML Hunderte Roboter in virtuellen Welten. Ziel ist, dass die Maschinen üben und lernen, mit Störungen und Varianten ähnlicher Situationen umzugehen – und dann selbst Varianten anbieten. Dafür kommt eine Art Belohnungssystem für Roboter zum Einsatz: So lernen sie leichter aus Fehlern und wählen den schnellsten und effektivsten Weg zum Ziel.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
inVISION Day Metrology 2024

inVISION Day Metrology 2024

Am 16. Mai 2024 findet zum zweiten Mal der inVISION Day Metrology – Digital Conference for Metrology statt. An dem Tag werden in den vier Sessions 3D-Scanner, Inline Metrology, Surface Inspection sowie CT & X-Ray aktuelle Lösungen und Produkte in zahlreichen 20-minütigen Vorträgen präsentiert.