Bin Picking bei Benteler Automotive mit Lichtfeldkamera

Bin Picking bei Benteler Automotive mit Lichtfeldkamera

Top-Trefferquoten

Robotern gelingt es beim Griff in die Teilekiste nicht immer, Stücke zuverlässig zu identifizieren. Benteler Automotive hat mit dem Startup HD Vision Systems einen neuen Lösungsansatz getestet: die lichtfeldbasierte Bildverarbeitung durch das LumiScan Object Handling. Sie ermöglicht das treffsichere Leergreifen von Kisten selbst unter erschwerten Bedingungen.

HD Vision Systems nutzt die Lichtfeldtechnologie, um komplexe Objekte beim Bin Picking vollautomatisiert mit den dreizehn Kameras des LumiScan-X-Systems in 3D zu lokalisieren. (Bild: HD Vision Systems GmbH & Benteler Automotive)

HD Vision Systems nutzt die Lichtfeldtechnologie, um komplexe Objekte beim Bin Picking vollautomatisiert mit den dreizehn Kameras des LumiScan-X-Systems in 3D zu lokalisieren. (Bild: HD Vision Systems GmbH & Benteler Automotive)

Ein Kamerablick genügt? Beim automatisierten Bin Picking trifft das bislang nicht immer zu. Matte oder glänzende Objekte, flache versus tiefe Kisten, wechselnde Lichtverhältnisse, die Erfordernisse der weiteren Verarbeitung: Schon diese Beispiele zeigen, dass der Erfassungsprozess unterschiedliche Anforderungen stellt, die sich nicht per Standard-Set-up lösen lassen. Gefragt ist ein Bin-Picking-System, das die jeweiligen Variablen zuverlässig und auf hohem Niveau abbildet. Benteler Automotive produziert Komponenten und Module für Fahrwerk, Karosserie, Motor- und Abgassysteme sowie Lösungen für Elektrofahrzeuge. Entsprechend groß war das Interesse an einer Bin-Picking-Lösung, die anspruchsvollen Bedingungen und spezifischen Bedürfnissen gerecht wird.

Bei Benteler Automotive sind häufig ölige Bauteile aus Stahl zu greifen, z.B. Achssysteme. (Bild: HD Vision Systems GmbH & Benteler Automotive)

Bei Benteler Automotive sind häufig ölige Bauteile aus Stahl zu greifen, z.B. Achssysteme. (Bild: HD Vision Systems GmbH & Benteler Automotive)

Ölige, nicht sortenreine Teile

Die Herausforderung: Bei Benteler Automotive sind häufig ölige Bauteile aus Stahl zu greifen, etwa für Achssysteme. Die Bildverarbeitung muss deren Glanz problemlos erkennen können. Ein weiteres Hindernis stellten die auszuräumenden Kisten dar, denn sie werden nicht sortenrein angeliefert. Auch der unebene Boden der Ladungsträger erschwert die Unterscheidung zwischen Teil und Box. Dennoch müssen die richtigen Teile erfasst, korrekt gegriffen und orientiert abgelegt werden. Bislang erforderte das einen Zwischenschritt: Die gegriffenen, unsortierten Objekte wurden zwischengelagert, identifiziert und erst dann im Produktionssystem passend abgelegt. „Dieses Vorgehen ist umständlich und zeitaufwändig, daher besteht hier eindeutig Optimierungsbedarf“, betont Dr. Volker Grienitz, Head of Innovation Management bei Benteler. HD Vision Systems war zuversichtlich, die Aufgabe zufriedenstellend lösen zu können. „Wir haben diese Option gern ergriffen“, so Grienitz. „Die gezielte Kooperation mit Start-ups bietet die Chance einer Win-Win-Situation: Sie hilft uns, unsere Kompetenzen effizient zu erweitern. Unseren Start-up-Partnern ermöglicht sie über den Praxistest ein Referenzprojekt sowie einen direkten Draht zum Markt.“ Der Lichtfeldbildverarbeiter und der Automobilzulieferer waren über die Plattform Startup Autobahn in Kontakt gekommen.

Volker Grienitz, Benteler Automotive Insbesondere die Geschwindigkeit, mit der Sensor und Software den Roboter mit Greifbahnen versorgt haben, beeindruckt. (Bild: Benteler Automotive)

Volker Grienitz, Benteler Automotive: „Insbesondere die Geschwindigkeit, mit der Sensor und Software den Roboter mit Greifbahnen versorgt haben, beeindruckt.“ (Bild: Benteler Automotive)

Präzise Sicht durch Lichtfeld

HD Vision Systems nutzt die Lichtfeld-Technologie, um komplexe Objekte vollautomatisiert zu lokalisieren. Dabei erfolgt die Bildgebung, anders als bei klassischen Aufnahmen, nicht zwei- sondern dreidimensional. „Das Lichtfeld umfasst die Gesamtheit aller optischen Informationen einer Szene“, erläutert PD Dr. Christoph Garbe. Er ist Gründer und CEO von HD Vision Systems und hat die Entwicklung des firmeneigenen Lichtfeldsensors LumiScanX entscheidend vorangetrieben: 13 diskrete 1,2MP-Kameras liefern die benötigten optischen Daten. Anhand der Aufnahmen lässt sich bestimmen, aus welcher Richtung das Licht kam, auch Kameraposition, zugehöriger Schärfepunkt, Glanzeffekte und Position lassen sich errechnen. Die so gewonnenen exakten Bildpunkte ergeben eine hochpräzise Punktwolke. Sie lässt sich zur passgenauen Verortung der aufgenommenen Szene bzw. Objekte nutzen. Garbe betont: „Mithilfe des speziellen Kamera-Arrays und der dahinterstehenden Software, nimmt die Lichtfeldtechnologie auch glänzende und komplexe Oberflächen problemlos auf.“

Kisten im Handumdrehen leer

Diese Eigenschaften nutzt HD Vision Systems für das Bin Picking bei Benteler. Aufgrund des Sensors und seiner angeschlossenen Software erkennt das System in den Punktwolken zuverlässig die metallischen Bauteile und deren Orientierung im Raum. Aufgrund dieser Informationen plant es kollisionsfreie Bahnen für den Roboter. Über eine vordefinierte Schnittstelle leitet das System die errechneten Greifbahnen direkt an die jeweilige ABB-Robotersteuerung weiter. Das passive System liefert der Steuerung kontinuierlich mögliche Bahnen und zu greifende Objekte, was Stillstände im Greifprozess vermeidet. Dabei nutzt die Software zur Berechnung einfach die Greifroutine des Roboters. Im Benteler Automotive MakerSpace, dem Ausbildungszentrum in Paderborn, stellte sich das System dem Praxistest. Die Zuversicht des Teams von HD Vision Systems erwies sich als berechtigt: Trotz widriger Umstände und Tageslichtbedingungen räumte das LumiScanX-basierte System die Kiste mit dem eingesetzten Magnetgreifer restlos aus: „Wir sind höchst zufrieden mit der Lösung von HD Vision Systems für das Bin Picking unter unseren erschwerten Bedingungen“, sagt Grienitz. „So werden auch schwer erkennbare glänzende Objekte in nicht sortenreinen Kisten mit dem automatisierten Griff erkannt. Insbesondere die Geschwindigkeit, mit der Sensor und Software den Roboter mit Greifbahnen versorgt haben, beeindruckt.“

www.hdvisionsystems.com

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