Selbstlernendes Robotersystem in Standardausführung

Learning by Picking

Welche Fähigkeiten muss ein Gelenkarmroboter besitzen, damit er als Kommissionierer taugt? Die einen sagen: Wir setzen ihn erst ein, wenn er jedes unserer Produkte picken kann. Deshalb dauert das Customizing häufig sehr lange. Die anderen entgegnen: Wir brauchen keinen Alleskönner. Hier kommt der Skypicker von Exotec ins Spiel. Er kann zwar eine menschliche Belegschaft nicht vollständig ersetzen. Aber er sorgt zumindest für Entlastung.
Der Skypicker von Exotec kommissioniert 600 Artikel pro Stunde, ohne jedes Customizing.
Der Skypicker von Exotec kommissioniert 600 Artikel pro Stunde, ohne jedes Customizing.Bild: Exotec Deutschland GmbH

Noch immer sehen viele E-Commerce-Unternehmen im Roboter-Picking bestenfalls ein Nice-to-have, aber definitiv keine ökonomische oder gar strategische Unterstützung. Und das, obwohl der Onlinehandel nach wie vor auf Wachstum gepolt ist. Lebensmittel, Pharma, Hightech, Fashion – alles läuft durch die Kommissionierstationen, wo sich neben immer mehr Aufträgen und Waren noch etwas anderes breit macht: der Fachkräftemangel. Zwei Drittel der Unternehmen im Lagersektor vermeldeten im Sommer 2022 akuten Personalmangel.

Der Skypicker nimmt Artikel mit einem Gewicht bis 2kg auf.
Der Skypicker nimmt Artikel mit einem Gewicht bis 2kg auf. Bild: Exotec Deutschland GmbH

Gründe zu zögern

Warum zögern die Unternehmen mit der Anschaffung von Gelenkarmrobotern? Oft liegt es an einem bis ins letzte Detail ausformulierten Anforderungsprofil. Das läuft wie im Personalbüro: Vor der Einstellung eines Kommissionierroboters wird darüber diskutiert, was er alles können muss. Für jeden Artikel, den er nicht picken kann, gibt es einen Minuspunkt. Bleibt ein zu großer Prozentsatz im Kleinteilebehälter liegen, fällt der Roboterkandidat im Assessment-Center der Logistikplaner durch. DerMensch ist hier in der Theorie besser geeignet, aber in der Praxis nirgendwo aufzutreiben. Ein ziemliches Dilemma! Was also tun? Freie Stellen für menschliche Kommissionierer ausschreiben und so lange warten, bis sich tatsächlich jemand findet? Oder Kommissionierroboter anschaffen und sich auf ein aufwendiges Customizing einlassen?

Standard statt Customizing

Eine mögliche Antwort lautet: Weder noch, es gibt einen praktikablen dritten Weg. In Kommissionierlagern findet derzeit ein Umdenken statt: Wenn der Gelenkarmroboter in seiner Standardausführung nicht alles pickt, was man ihm vorsetzt, so kann er doch zumindest einen großen Teil der Aufträge übernehmen. Der Plan: Kein langes Programmieren, sondern einfach durchstarten. Exotec schlägt mit seinem Gelenkarmroboter Skypicker genau diese Richtung ein. „Wir haben eine Reihe von Kunden, denen das Customizing zu langwierig ist“, sagt Markus Schlotter, Managing Director Exotec Central Europe. Stattdessen entscheiden sich die Firmen für den Skypicker in seiner sofort einsatzfähigen Standardausführung. Er ist Teil des robotergestützten Skypod-Kommissioniersystems.

600 Artikel pro Stunde

Der Skypicker ist in der Lage, bis zu 2kg schwere Objekte mit einer Mindestgröße von 2x2cm zu picken, wie z.B. Shampooflaschen, Lebensmittel in Kartons, Konservendosen oder geblisterte Ware. Eine Kamera scannt den Behälter, in dem die Ware zur Kommissionierstation kommt. Anschließend legt die Steuerungssoftware Deepsky den Winkel fest, in dem der automatisierte Kommissionierarm nach der Ware greift. Was der Skypicker nicht packt, übernimmt die manuelle Goods-to-Person-Station. In den meisten Lagern lassen sich auf diese Weise gut und gerne 50 Prozent der Picks für einen Auftrag erledigen. Manche Kartons sind sogar komplett für den Versand gefüllt, wenn sie die Roboterzone verlassen. Doch egal, ob 20, 50 oder 80 Prozent: In jedem Fall hilft der Skypicker seinen menschlichen Kolleginnen und Kollegen tatkräftig. Pro Stunde legt er bis zu 600 Artikel in den Kartons für die Besteller ab, vier Aufträge bearbeitet er parallel.

Roboter in Standardkonfiguration

„Der Skypicker greift nicht nach allem. Unförmige oder gebogene Teile sind nichts für den mit einem Saugnapf ausgestatteten Arm“, erklärt Hermann Töglhofer, Deploy Director bei Exotec. „Aber was er kann, das macht er gut und verlässlich.“ Anwender holen sich also einen erprobten Roboter in Standardkonfiguration ins Lager. Da entfallen zeitfressende Testanwendungen, was dem Wunsch nach einem schnellen Return on Investment entgegenkommt. Die ausgereifte Maschine hat ihre Entwicklungsphase längst hinter sich gebracht und alle Kinderkrankheiten überstanden. Hinzu kommt, dass der Skypicker lernfähig ist – und zwar im Stile eines Autodidakten. Bei einem neuen Artikel unternimmt er mehrere Versuche, ihn aus unterschiedlichen Winkeln aufzunehmen. Gelingt das, merkt sich das System, wie der Artikel am besten zu behandeln ist. Der Roboter experimentiert künftig nicht mehr, sondern greift treffsicher zu. Bei Exotec heißt das Learning by Picking.

Keine omnipotente Kommissioniermaschine

Wenn der Skypicker mehrfach erfolglos nach einem Artikel gepickt hat, bleibt ihm das in Erinnerung und er versucht es künftig gar nicht erst. Lose Putztücher, unverpackte Flipflops, Flaschen oder Eierkartons überlässt er den Menschen. „Im ersten Moment erscheinen solche Restriktionen als Nachteil“, erklärt Schlotter. „Aber man kann die Sache auch anders beurteilen: Immer mehr E-Commerce-Unternehmen verabschieden sich von der Vorstellung einer omnipotenten Kommissioniermaschine, da ein so hoher Automatisierungsgrad nicht mehr den erwarteten Return-on-Invest bringt.“

Nachrüsten per Plug&Play

Anstatt den Gelenkarmroboter auf jede Eventualität zu programmieren, schickt Exotec ihn mit seinen Basisfähigkeiten an den Start und integriert ihn per Plug&Play in das Skypod-Gesamtsystem von Exotec. Der Lagerbetrieb muss nicht unterbrochen werden. Das Gesamtsystem bildet die Voraussetzung für die Implementierung des Skypickers. Als Stand-alone-Lösung ist er nicht zu haben. Die Steuerungssoftware Deepsky synchronisiert den Kommissionierroboter mit den Skypod-Transportrobotern, die sich im Lager frei bewegen und die Regale rauf- und runterklettern. Je nach Ladung, Auftrag und Auslastung routet Deepsky die Skypods zur manuellen Kommissionierstation oder zum Skypicker. „Das Exotec-System funktioniert auch ohne Skypicker, die man jederzeit nach Bedarf ergänzen kann“, erklärt Schlotter.

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