Prozess- und wegeoptimiert durchs Lager

Jürgen Heim, Global Account Director von 6 River Systems, im Interview

Prozess- und wegeoptimiert durchs Lager

Das Unternehmen 6 River Systems, mittlerweile Teil von Shopify, hat den autonomen Kommissionierroboter Chuck entwickelt, um Fullfillment-Prozesse im Lager zu beschleunigen. Der Roboter ist bereits bei Unternehmen wie XPO Logisitics, Oacksize oder Crocs im Einsatz. Jürgen Heim, Global Account Director von 6 River Systems, spricht im Interview mit ROBOTIK UND PRODUKTION über den Einsatz von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und Sensoren, aber auch über weitere Einsatzmöglichkeiten und geplante Entwicklungen.

Chuck verwendet für die dynamische Navigation und Interaktion Lidar und KI, navigiert autonom durch das digitalisierte Lager und arbeitet sowohl zwischen statischen als auch dynamischen Hindernissen. Jürgen Heim, 6 River Systems (Bild: 6 River Systems)

„Chuck verwendet für die dynamische Navigation und Interaktion Lidar und KI, navigiert autonom durch das digitalisierte Lager und arbeitet sowohl zwischen
statischen als auch dynamischen Hindernissen.“ Jürgen Heim, 6 River Systems (Bild: 6 River Systems)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Ihr autonomer Kommissionierroboter Chuck nutzt künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zur Navigation. Können Sie das etwas genauer erläutern? Wie genau funktioniert das?

Jürgen Heim: Das Bereitstellungsteam von 6 River Systems kartografiert die Anlage, damit Chuck die örtlichen Gegebenheiten kennt, einschließlich der Pfade und Produktstandorte. Unsere Lösung lässt sich einfach in bestehende WMS integrieren, um die Auftragsdaten zu empfangen und zu verbessern. Mit der Kombination aus Lagerlayout und der bestmöglichen Auftragsreihenfolge kann Chuck die Mitarbeiter durch den Arbeitsprozess führen.

Für die Echtzeitanpassung der betrieblichen Daten und kontinuierliche Verbesserungen nutzen wir maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Zudem setzen wir KI für weitere Effizienzsteigerungen ein, indem die offenen Auftrags-Pools permanent bewertet und priorisiert werden. Chuck arbeitet mit dem ­Fulfillment Execution System (FES) von 6 River Systems und ermöglicht damit mehrere Kommissionierstrategien, wie z.B. Batch, Einzel oder Cluster, die auch parallel eingesetzt werden können.

Darüber hinaus helfen KI und maschinelles Lernen beim Verbessern der Personaleinsatzplanung. Damit wird ersichtlich und transparent, wann und wo Mitarbeiter gebraucht werden. Kurz gesagt möchten wir unseren Kunden helfen, die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzusetzen … und 6 River Systems erledigt dann den Rest.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Mit welchen Sensoren ist Chuck ausgestattet? Wie erfolgt softwareseitig die Anbindung – auch an übergeordnete Systeme?

Heim: Chuck verwendet für die dynamische Navigation und Interaktion Lidar und KI, navigiert autonom durch das digitalisierte Lager und arbeitet sowohl zwischen statischen als auch dynamischen Hindernissen.

Unsere webbasierte Konsole ‘The Bridge’ lässt sich in bestehende WMS-Systeme integrieren. Unsere Software bietet Einblick in die laufenden Bestellungen, Abläufe und die Mitarbeiter. Außerdem können die Aufträge aktiv verwaltet werden.

„6 River Systems ist in der Lage, über die ­Kommissionierung hinausgehende Funktionen wie Verpacken, Sortieren, Auffüllen und Einlagern von Rücksendungen auszuführen.“
Jürgen Heim, 6 River Systems

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche Aufgaben kann der Roboter über das Kommissionieren hinaus ausführen?

Heim: 6 River Systems ist in der Lage, über die Kommissionierung hinausgehende Funktionen wie Verpacken, Sortieren, Auffüllen und Einlagern von Rücksendungen auszuführen. Das Aktivieren der verschiedenen Komponenten unseres Systems steigert die Effizienz nicht nur beim Verpacken, Sortieren oder Auffüllen, sondern auch beim Kommissionieren. Wenn viele Aufgaben und Systeme in einer einzigen Lösung zusammengefasst werden, kann ein Unternehmen seine Prozesse mit geringem Aufwand verwalten und gleich an mehreren Stellen verbessern.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Auf der Website von 6 River Systems versprechen Sie eine Amortisierung in 12 bis 18 Monaten. Wie stellen Sie sicher, dass dieses ehrgeizige Ziel erreicht wird?

Heim: Mit Chuck steigern Betriebe ihre Produktivität. In kürzerer Zeit werden mehr Aufträge bearbeitet – das führt zu einem schnellen ROI. Hinzu kommt, dass unsere Lösung keine Umbaumaßnahmen oder zusätzliche Netzwerkinfrastruktur erfordert. Betreiber können Chuck deshalb in kurzer Zeit in ihre Prozesse integrieren, wodurch nicht zuletzt auch das Projektrisiko sinkt. Das hilft unseren Kunden, einen schnelleren ROI zu erzielen als beim Implementieren herkömmlicher Automatisierungs- oder Ware-zur-Person-Systeme.

„Chuck führt die Mitarbeiter prozess- und wegeoptimiert auf dem bestmöglichen Pfad, wodurch die Laufwege und Pick-Zeiten deutlich ­reduziert werden.“
Jürgen Heim, 6 River Systems

ROBOTIK UND PRODUKTION:  Sie beschreiben Ihren Roboter als kollaborativ. Bezieht sich dies nur auf die Fähigkeit, einem menschlichen Mitarbeiter auszuweichen bzw. die Geschwindigkeit anzupassen, oder hat Chuck andere kooperative Qualitäten?

Heim: Chuck führt die Mitarbeiter ­prozess- und wegeoptimiert auf dem bestmöglichen Pfad, wodurch die Laufwege und Pick-Zeiten deutlich reduziert werden. Die benutzerfreundliche Bedienoberfläche hilft den Mitarbeitern, schneller und mit größerer Genauigkeit zu kommissionieren und einzulagern.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Schließlich interessiert unsere Leser noch: Ist die Entwicklung von Chuck schon abgeschlossen oder sind größere Updates für seine Funktionen geplant? Arbeiten Sie auch an anderen Roboter Modellen?

Heim: Das Team von 6 River Systems arbeitet ständig daran, unsere Fulfillment-Lösung zu verbessern. In der ersten Hälfte des Jahres 2022 führen wir Verbesserungen für das Arbeiten in mehrstöckigen Logistikzentren und Lagern ein. Außerdem fügen wir der Benutzeroberfläche von Chuck weitere Sprachen hinzu. Sämtliche Updates erhalten unsere Kunden automatisch. (fiz) 

6 River Systems
www.6river.com

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Conductix-Wampfler AG
Bild: Conductix-Wampfler AG
Lösungspaket für FTS und AMR

Lösungspaket für FTS und AMR

Conductix-Wampfler, ein Hersteller von Systemen für die Energie- und Datenübertragung zu beweglichen Verbrauchern, zeigt auf der diesjährigen Logimat ein umfangreiches Lösungspaket für fahrerlose Transportsysteme und autonome mobile Roboter, bestehend aus Systemen zur Batterieladung, Energiespeichern und Kommunikationslösungen inklusive einem Nothalt-System.

Bild: Faulhaber/ EduArt
Bild: Faulhaber/ EduArt
Einstieg in die mobile Robotik leicht gemacht

Einstieg in die mobile Robotik leicht gemacht

Typischerweise entlasten Roboter Menschen von monotonen Tätigkeiten. Das gilt auch für den Transport in der Produktion und Intralogistik. Hier können in zahlreichen Anwendungsfällen autonome mobile Roboter oder fahrerlose Transportsysteme zu effizienzsteigernden Helfern werden. Allerdings fehlt in vielen Unternehmen noch das Knowhow bzw. die Erfahrung im Umgang mit diesen Systemen. Eine entsprechende Roboterlernplattform erleichtert Anwendern nun den Einstieg in die Welt von AMR und FTS. Von den eingesetzten Antrieben wird in der Lernplattform ebenso wie in der realen Anwendung einiges verlangt.

Bild: Linde Material Handling GmbH
Bild: Linde Material Handling GmbH
Auf dem Weg zum autonomen Outdoor-Stapler

Auf dem Weg zum autonomen Outdoor-Stapler

Im Forschungsprojekt ‚KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme‘ haben die Projektpartner Linde Material Handling und die technische Hochschule Aschaffenburg Lösungen für die anspruchsvollen Einsätze autonomer Gegengewichtsstapler entwickelt, die sowohl im Innen- als auch im Außenbereich Lasten bewegen. Ein Schwerpunkt lag auf deren kooperativem Verhalten: Über ein 5G-Netz und einen Edge-Server tauschen die Fahrzeuge Informationen in Echtzeit aus und können sich gegenseitig vor Hindernissen warnen.