Automatisierte Sichtprüfung

Servopresse mit lineargeführten Greifern

Für den eigentlichen Arbeitsvorgang suchte AI-Pro eine stabile Presse mit Servoantrieb, die eine kurze Taktzeit ermöglicht, die Einpresstiefe X misst und dadurch den Prozess überwacht. Sobald der X-Wert über- oder unterschritten wird, soll die Anlage das fehlerhafte Teil erkennen und ausschleusen. Entschieden hat sich Lettmann für eine C-Bügel-Presse von Tox Pressotechnik. Mit dem Weingartener Familienunternehmen hat Lettmann schon früher gute Erfahrungen gemacht.

Den Antrieb übernimmt der Tox-ElectricDrive vom Typ EX-K. Eine Planetenrollengewindespindel wandelt die Rotationsbewegung präzise in einen linearen Vorschub um, der mit bis zu 200kN das Werkzeug in das Bauteil presst. Er ist verbaut in einer massiven und verwindungssteifen Stahlkonstruktion, die der Krafteinwirkung während des Pressvorgangs genügend Stabilität entgegensetzt. Sobald eine Kugelhülse im Werkzeug sitzt, fährt der Antrieb den Stößel herunter. Die für das Kraft/Wege-Protokoll notwendige Strecke erfasst ein Resolver direkt am Servoantrieb, ein integrierter Kraftmesser steuert die dabei aufgewendete Presskraft bei. So überwacht die Software den Kontrollwert X und kann gegebenenfalls fehlerhafte Teile sofort erkennen.

AI-Pro ergänzte die Servopresse um zwei lineargeführte Greifer, die abwechselnd ein Bauteil in das Werkzeug einlegen, es nach dem Pressen und bevor die Stanze wieder hochfährt fixieren und anschließend entnehmen. Danach halten sie das Bauteil wieder dem Leichtbauroboter vor, der es im Innengriff nimmt und weitergibt. Durch die alternierende Arbeitsweise der beiden Zustelleinheiten verringern sich die Nebenzeiten merklich. „Der Roboter nimmt also das fertige Bauteil abwechselnd aus der einen oder der anderen Einheit“, verdeutlicht Lettmann. Nach einer weiteren Bearbeitung überprüfen sieben Kameras und ein Mikrometer die fertige Kugelhülse optisch und geometrisch.

AI-Pro nutzt hierfür neuronale Netze: „Durch sie erkennt unser Prüfsystem sicher Riefen, Rillen und Rattermarken – selbst an spiegelnden Oberflächen. Möglich ist auch die Kontrolle bestimmter Merkmale oder der Ausrichtung“, erläutert Lettmann. Das funktioniert über Klassifizierungen, dem Finden von Gemeinsamkeiten auf Pixelebene, und ist für die KI-basierte Sichtprüfung erst durch die auch aus kostentechnischer Sicht sinnvolle Verfügbarkeit entsprechender Rechenleistung möglich. AI-Pro wählt alle Komponenten individuell aus: Von der Kamera und Beleuchtung über die Zuführung bis hin zum Algorithmus für die Sichtprüfung. „Am Ende muss der Kunde quasi nur noch einen Knopf drücken“, sagt Lettmann.

Reibungslose Kommunikation zwischen Roboter und Presse

Die Kommunikation zwischen Roboter und Presse läuft über die übergeordnete Steuerung mittels Profinet. Der Pressprozess selbst wird anfangs einmalig oder bei einem Teilewechsel über das HMI konfiguriert, auch die Wartung erfolgt direkt über das Panel. Das Start- und Stopp-Signal gibt dann die Automation vor und reagiert auch auf Schwankungen im Prozess. „Unser System greift einfach die Daten der Software ab, die sie an die SPS schickt“, erklärt Lettmann. So fragt der Roboter auch die letzten Messwerte zur Qualitätskontrolle ab und weiß, ob er das fertige Bauteil in die IO- oder NIO-Box ablegen muss. Darüber hinaus kann AI-Pro diese Prozessdaten, z.B. über Gut- und Schlechtteile, an seinen KI-Rechner schicken, der diese Daten dann in eine SQL-Datenbank abspeichert. „Normalerweise ist der Datenaustausch aus der SPS heraus auf übergeordnete Leitsysteme wie ERPs relativ schwierig. Unser Rechner spricht jedoch genau diese Sprachen“, erklärt Lettmann. Der Signalaustausch zwischen Presse, Roboter und der restlichen Automatisierung läuft problemlos. Ein Grund dafür ist die gute Kommunikation im Vorfeld: „Tox Pressotechnik hat über die Möglichkeiten der Kommunikation mit der Presse beraten und uns die komplette Dokumentation hierzu sehr früh im Projektverlauf geliefert. Wir hatten somit überhaupt keine Schnittstellenprobleme“, bestätigt Lettmann.

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