Robotergestützte Beschickung von Fünfachs-Bearbeitungszentren

Digitalisierung als Grundlage

Hohe Varianz und unterschiedliche Losgrößen bringen so manchen Lohnfertiger ins Schwitzen - nicht jedoch Microart. Der Hersteller komplexer Präzisionsteile schafft digitale Strukturen und verbindet diese mit automatisierten Fünfachs-Bearbeitungszentren von Hermle. Das Ergebnis: eine wirtschaftliche Zerspanung mit flexibler Kapazität.
Das Robotersystem RS 2 L erreicht auf seiner Linearachse alle vier Bearbeitungszentren sowie die Teile- und Palettenlager.
Das Robotersystem RS 2 L erreicht auf seiner Linearachse alle vier Bearbeitungszentren sowie die Teile- und Palettenlager.Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Microart hat sich im Laufe der Zeit zu einem 180-Personen-Unternehmen entwickelt, das anspruchsvolle Bauteile aus Aluminium, Edelstahl und Sonderlegierungen sowie aus hochfesten Werkstoffen, wie Titan, fertigt, meist in Kleinserien von 50 bis 2.000 Stück. Alle Bauteile gehen in die Investitionsgüterbranche – vor allem in den Maschinen- und Anlagenbau sowie in die Elektro- und Prozesstechnik.

„Durch Neugier schaffen wir es, Systeme bestmöglich für uns zu nutzen und weiterzuentwickeln – auch im Detail“, erklärt Dr. Alexander Artmann, Firmengründer und geschäftsführender Gesellschafter von Microart. Dazu zählen auch 25 Fräszentren der Maschinenfabrik Berthold Hermle – die jüngsten sieben automatisiert mit zwei Robotersystemen RS 2 L.

Microart fertigt überwiegend Serien mit Stückzahlen 
zwischen 50 und 1.000.
Microart fertigt überwiegend Serien mit Stückzahlen zwischen 50 und 1.000.Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Einheitlicher Maschinenpark

Microart hat mit den Hermle-Anlagen einen einheitlichen Maschinenpark geschaffen und kann mit ihnen seine Prozesse standardisieren. „Wenn wir Dinge einmal gelernt haben, wollen wir sie gerne ein zweites und drittes Mal anwenden“, erklärt Artmann.

Weg von den Stand-Alone-Maschinen ging der Präzisionsteillieferant 2016 und 2017, als er in drei C 32 U von Hermle investierte, die das Robotersystem RS 2 L verbindet. Ingenieur Michael Kerscher, Artmann und ihr Team sind überzeugt, dass Automatisierung die Zukunft ist und sie sehen die Stärken und Schwächen ihrer bisherigen umgesetzten Automatisierungslösungen – wie die Grenzen einer 1:1-Lösung in Form von Beladerobotern vor Fünfachs-Fräszentren. „Das Bestücken funktioniert autark, allerdings fehlt uns die Flexibilität, um verschiedene Teile in den unbesetzten Schichten zu bearbeiten“, erläutert Artmann. Um unterschiedliche Bauteile personenlos fräsen zu können und damit mehr Schlagkraft zu haben, entschied sich Microart für einen Roboter, der mehrere Maschinen versorgen kann und über einen intelligenten Leitrechner verknüpft ist. Mobil macht ihn eine Linearachse, auf der er sowohl die Bearbeitungszentren als auch die Teile- und Palettenregale eigenständig erreicht.

Höhere Kapazität und Flexibilität

„Die Automatisierungslösung von Hermle bewies ihre Leistungsfähigkeit und überzeugte uns“, begründen Artmann und Kerscher die erneute Investition in eine weitere Hermle-Anlage Mitte 2019: Durch einen Anbau im selben Jahr verdoppelte sich die Produktionsfläche auf 10.000m2 und bot nun genug Platz für ein zweites RS-2-L-System – diesmal mit vier C 32 U. „Wir standardisieren, indem wir bestehende Lösungen skalieren, die Lernkurve nutzen und dieses Knowhow auf mehrere Maschinen übertragen“, erklärt Artmann. Für die neue Anlage bedeutet das mehr Werkzeugplätze. Durch sie kann Microart ohne großen Aufwand wiederkehrende Serien automatisiert bearbeiten.

Die automatisierten Bearbeitungszentren erhöhen nicht nur die Kapazität, sondern durch den parallelen Aufbau auch die Flexibilität. „Sonderaktionen für unsere Kunden sind somit einfacher zu realisieren“, erklärt Kerscher. Kommt etwas terminkritischeres dazwischen, kann Microart den Auftrag stoppen, eine Serie dazwischenschieben und später den vorherigen wieder starten, ohne hohe Rüstkosten oder lange Rüstzeiten zu riskieren. Auf welcher Maschine das passiert, ist zweitrangig: Programm, Werkzeug und Aufspannsituation sind bei jedem Hermle-Bearbeitungszentrum gleich. „Durch das Puffern und Zwischenlagern sowie die Standardisierung können wir in der Zerspanung schnell reagieren und dennoch die Maschinen rund um die Uhr laufen lassen“, ergänzt Kerscher.

Digitalisierung als Wegbereiter

Für Artmann bedeutet die automatisierte Fertigung mehr, als nur einen Roboter einzusetzen: „Der Roboter macht die Automatisierung sichtbar. Ihre Grundlage ist jedoch die Digitalisierung.“ Bereits 2015 implementierte Microart ein ERP- und Dokumenten-Management-System und digitalisierte parallel den gesamten Werkzeugkreislauf. „Dadurch haben wir einen komplett digitalisierten und IT-unterstützten Produktionsablauf, verteilen die klassische Arbeitsvorbereitung auf mehrere Schultern und verschlanken den administrativen Aufwand“, erläutert der geschäftsführende Gesellschafter. Bei neuen Aufträgen liegt der Fokus darauf, die Prozesse in und um die Bearbeitungszentren reproduzierbar abzubilden. „Der Aufwand, den wir am Anfang betreiben, ist wahrscheinlich höher als bei anderen Dienstleistern“, gibt Artmann zu und verdeutlicht: „Beim Folgeauftrag profitieren wir aber davon.“ Die durchgängige Digitalisierung und die roboterautomatisierten Fünfachs-Fräsmaschinen von Hermle versetzen Microart in die Lage, Präzisionsbauteile mit hohem Anspruch in kleinen Stückzahlen und hoher Varianz personenlos rund um die Uhr zu fräsen.

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