Handling-to-Welding-Roboterschweißanlage
Outdoor-Wechselrichter wetterfest schweißen
Fronius Solar Energy in Österreich ist ein Solarstrompionier der ersten Stunde. Die Vision der Solar-Enthusiasten ist ’24 Stunden Sonne‘, eine Welt, in der 100 Prozent der Energie aus erneuerbaren Energieträgern stammt. Für den neuesten Wechselrichter aus dem Produktportfolio kommt eine Handling-to-Welding-Roboterschweißanlage zum Einsatz, die den Umrichter rundum dicht verschweißt und für den kommerziellen Einsatz im Freien tauglich macht.
Sein doppelwandiges, aktiv gekühltes Gehäuse macht den Wechselrichter Tauro von Fronius Solar Energy fit für den Einsatz im Freien. Er erfüllt die internationale Schutzart IP65. Die Produktion des Wechselrichters erfolgt am österreichischen Standort Sattledt. Geschweißt werden Gehäuse und Flügeltüren in einer speziell für diesen Job entwickelten Handling-to-Welding-Roboterschweißzelle. „Sämtliche Roboterbewegungen und Schweißfolgen programmieren und simulieren wir mit Fronius Pathfinder offline, also getrennt von der Anlage auf einem digitalen Zwilling“, erklärt Anton Leithenmair, Leiter der Welding Automation. „So erkennen wir eventuelle Störkonturen bereits im Vorfeld. Das Gleiche gilt für Achslimits und Brenneranstellungen. Auch hier können wir rechtzeitig eingreifen, nicht erst während der ersten Schweißproben. Sobald die Schweißfolgen programmiert sind, übergibt Pathfinder die Daten dem Postprozessor, der sie in die Sprache der Fanuc-Roboter übersetzt. Auf diese Weise sparen wir wertvolle Zeit und Kosten. Offline-Programmieren verkürzt das Roboter-Teachen in der Schweißzelle um viele Stunden!“
Minutengenaue Workflow-Planung
Vor Beginn der Produktion werden die Tauro-Verkaufsaufträge in einem ERP-System angelegt. Sie bilden die Basis für den sogenannten Material-Ressourcen-Planungslauf (MRP-Lauf). Dort werden alle Produktionsaufträge für Gehäuse und Flügeltüren erzeugt. Als Nächstes wird jedem Auftrag ein Produktionsdatum zugewiesen. Die darauffolgende Feinplanung übernimmt das MES. Jeder Auftrag wird dort minutengenau geplant, einem freien Auftragskorridor zugeordnet und anschließend gelistet.
Aufeinander abgestimmt: Vorheften, Rüsten, Schweißen
Das Schweißen der doppelwandigen Wechselrichtergehäuse ist wegen der unterschiedlichen Blechstärken von Beginn an eine besondere Herausforderung. „Bevor wir die einzelnen Blechelemente in der Roboterschweißzelle normgerecht fügen, werden sie händisch vorgeheftet. Dafür verwenden wir das MAG-Verfahren. Schon hier muss präzise gearbeitet werden“, weiß Christian Kraus, Gruppenleiter in der Blechfertigung. Sind die Heftarbeiten beendet und am Terminal der Anlage gebucht, gibt die zentrale Systemsteuerung den nächsten Arbeitsschritt, das Roboterschweißen, frei. Jetzt wird das Gehäuse auf den Rüstwagen gelegt, gespannt und in die Schleuse gefahren. Ist diese quittiert, startet die Anlage den nächsten Job und das für das Positionieren und Schweißen zuständige Roboterprogramm wird mithilfe eines RFID-Chips an der Spannvorrichtung ausgewählt.
Schweiß- und Handling-Roboter arbeiten simultan
Sobald der Schweißvorgang gestartet wurde, greift der Fanuc-Handling-Roboter R-2000iD/210FH das Bauteil und führt es in die Schweißzelle. Für ihn ist das Wechselrichtergehäuse beinahe ein Leichtgewicht. Bei einer Reichweite von 2,6m beträgt die Traglast 210kg, wogegen das Aluminiumgehäuse samt Spannvorrichtung nicht mehr als 140kg wiegt. Ist das Tauro-Gehäuse in der Schweißzelle eingetroffen, wird ein Data-Matrix-Code (DMC) mit Tintenstrahltechnik auf den Gehäuseboden gedruckt. Dieser enthält die Seriennummern der einzelnen Tauro-Gehäuse. Sie werden mit den Schweißdaten verknüpft, die von der Datenmanagement-Software WeldCube während des Schweißvorgangs aufgezeichnet werden. So ist am Ende jede einzelne Schweißnaht zu 100 Prozent nachvollziehbar.
Ist der DMC aufgebracht, startet der eigentliche Schweißprozess. Während der Fanuc-Schweißroboter ARC Mate 100iD seinen Job erledigt und 5,5m Alu-Blech mit insgesamt 96 Schweißnähten fügt, bringt der Handling-Roboter das Gehäuse in Position. Einige der Schweißnähte erfordern Simultanbewegungen beider Roboter. „Als Schweißprozess kommt vorwiegend Pulse Multi Control Ripple Drive zum Einsatz“, führt Leithenmair weiter aus.
Schneller als WIG-Schweißen bei gleicher Qualität
Genauer betrachtet ist PMC Ripple Drive eine spezielle Ausprägung des PMC-Prozesses. Kennzeichnend dafür ist ein zyklischer Prozesswechsel zwischen PMC und einer reversierenden Drahtbewegung mithilfe einer sogenannten PushPull-Antriebseinheit. Mit PMC kann man deutlich schneller schweißen als mit WIG. Dabei liefert der Prozess die gleichen schön geschuppten, nahezu spritzerfreien Schweißnähte.
Als Schweißzusatz kommt ein 1,2mm dicker Aluminium/Silizium-Draht zum Einsatz, der unter Argon-Schutzgas verschweißt wird. Schweißprozesse, Draht und Gas sind in den Systeminformationen zum Schweißauftrag enthalten. Ist der 17,5-minütige Schweißzyklus beendet, legt der Handling-Roboter das Bauteil in der Schleuse ab, und die Schweißzelle sendet ein Fertigstellungssignal an das MES-System. Noch während die eine Schleuse entleert wird, kann in der anderen bereits der nächste Job starten.