Zerstörungsfreie Bauteilprüfung mit Cobots

Messen im Nanometerbereich

Eine profunde Werkstoffprüfung ist schon heute ein wichtiger Baustein des Qualitätsmanagements. Das Startup Tenta Vision hat für diesen Bereich eine besondere Systemlösung entwickelt: Dabei übernimmt ein entsprechend ausgerüsteter Leichtbauroboter die zerstörungsfreie Prüfung und testet Leichtbauteile auf ihre mechanische Integrität, Fehlerfreiheit und nicht zuletzt ihre Belastbarkeit.
Das Anwendungsspektrum des Tenta-Vision-Prüfsystems ist breit. Im Automobilbau wird es etwa für die Kontrolle von Heckklappen eingesetzt.
Das Anwendungsspektrum des Tenta-Vision-Prüfsystems ist breit. Im Automobilbau wird es etwa für die Kontrolle von Heckklappen eingesetzt. Bild: Kassow Robots

Die Grundlagen der Tenta-Vision-Lösung kommen aus der Luft- und Raumfahrt. Konkret basiert die patentierte Prüftechnik auf Kameratomografie, die auch unter rauen Industriebedingungen eine zuverlässige Fertigungsqualität sicherstellt. Dieser Aspekt hatte auch eine wichtige Rolle gespielt, als es um die Auswahl des Cobot-Herstellers ging. Doch zuerst zurück zum Prüfsystem. Was macht es genau? Die Laser-Kamera des Startups erfasst nicht nur Äußerlichkeiten, sondern kann in Echtzeit in Materialien hineinschauen. So können innere Fehlstellen in Sekundenschnelle zu detektiert werden. Herzstück der Gesamtlösung ist das kompakte Messgerät, das Gehirn ist eine spezielle Automatisierungssoftware – der eingesetzte Cobot von Kassow Robots ist für die flexiblen Bewegungen zuständig. Für die Gesamtlösung wurden zudem Komponenten von Bosch Rexroth verbaut, z.B. ein speziell für die Anwendung entwickelter mobiler Arbeitstisch aus Aluminium, auf dem der Cobot montiert ist. Systemintegrator war die PTS Group.

Co-Founder Christopher Petry hat 
mit Blick auf das Handling für einen Cobot 
von Kassow Robots entschieden.
Co-Founder Christopher Petry hat mit Blick auf das Handling für einen Cobot von Kassow Robots entschieden.Bild: Kassow Robots

Genauigkeit im Nanometerbereich

Das Messgerät wird – je nach Bedarf der Reichweite – als End-Of-Arm Tool am passenden Kassow-Cobot installiert. Die fünf Robotermodelle mit sieben Achsen decken mit 85 bis 180cm Reichweite bei Bedarf auch große Flächen ab. Das Anwendungsspektrum dieser zerstörungsfreien Prüfmethode ist breit. Eingesetzt wird sie z.B. schon bei Bauteilen für Heckklappe von Autos. „Dabei haben wie zum ersten Mal in der Automobilindustrie eine zerstörungsfreie Prüfung von Verklebungen präsentiert“, erklärt Mitgründer Christopher Petry. „Anwendungsmöglichkeiten finden sich aber in vielen verschiedenen Branchen – immer wenn es um sehr genaue und umfassende Prüfungen von Ausdehnungen im Nanometerbereich geht. Besonders spannend sind daher etwa auch den Elektronikverguss und faserverstärkte Leichtbauteile.“

Kriterien für den Cobot

Welche Kriterien gab es bei der Auswahl des passenden Roboters? Schnell war klar: Es muss ein kollaborativer Roboter sein, damit auch Entwickler im gleichen Arbeitsraum tätig sein können. „Wir haben damals mehrere Cobots getestet. Die von Kassow Robots erfüllen am besten unsere Anforderungen hinsichtlich der Industrietauglichkeit“, betont Petry. Wichtige Add-ons seien auch die große Flexibilität sowie die einfache Handhabung des Roboters gewesen. „Wir wollen es dem Mittelstand leicht machen“, sagt Lukas Roth, Mitglied der Geschäftsleitung bei Tenta Vision. „Dort hat man oft eher Stichproben im Blick, will sich aber ein Hintertürchen offenhalten, um auch größere Mengen zu prüfen. Daher war uns die Kompaktheit und Nutzerfreundlichkeit so wichtig.“ Ob kleine Losgrößen oder große Prüfmengen: Das System kann sowohl als Insellösung arbeiten, aber auch in einen umfassenden Produktionsprozess integriert werden. Wenn es um die Integration in bestehende, über Jahre gewachsene Produktionsstrukturen geht, spielt der Cobot seine siebte Achse voll aus. „Die Qualitätsprüfung findet gerade im Mittelstand nicht unbedingt in großen Hallen statt. Automatisiert man diesen Prozess mit einem Cobot, so ist Kompaktheit und Wendigkeit immer von Vorteil“, bestätigt Christian Lorenscheit, Vertriebsmanager bei Kassow Robots. „Somit kann das System auch bei wenig Platz zum Einsatz kommen. Zumal Anwender mit einem Siebenachs-Cobot mehr Bewegungsspielraum bei kleineren Arbeitsräumen haben als mit herkömmlichen Sechsachs-Modellen.“

Bei begrenzten Arbeitsräumen haben Anwender mit einem Siebenachs-Cobot mehr Bewegungsspielraum.

Christian Lorenscheit, 
Kassow Robots
Christian Lorenscheit, Kassow Robots – Bild: Kassow Robots

Bei begrenzten Arbeitsräumen haben Anwender mit einem Siebenachs-Cobot mehr Bewegungsspielraum.

Christian Lorenscheit, Kassow Robots A/S

Kosteneinsparungen für kleine Player

Doch wie sollen sich Mittelständler ein solch hochmodernes Prüfsystem leisten? Für das Tenta-Vision-Team ist die Kosteneinsparung ein Schlüsselargument, wenn es Firmen zu überzeugen gilt. „Die Arbeit des händischen Prüfens erfordert sehr viel Zeit von hochqualifizierten Mitarbeitern“, führt Roth weiter aus. „Geben Unternehmen diese Fleißarbeit an unser automatisiertes System ab, haben die Entwickler mehr Zeit für andere Aufgaben – für die man aktuell vielleicht nicht einmal zusätzliche Arbeitskräfte finden würde.“ Tenta Vision kann sich da durchaus in Anwender hineinversetzen, die mit Automatisierung noch wenig oder gar keine Erfahrung haben. Schließlich gehörte man vor kurzem selbst noch zu dieser Gruppe. Daher hatte das Startup die PTS Group als Systemintegrator ins Boot geholt, einem von über 60 Vertriebspartnern von Kassow Robots. Hier konnte man nicht nur den Roboter kaufen, sondern auch das erforderliche Knowhow für die Umsetzung der Gesamtlösung.

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