Lowcost-Automation mit Steuerungen von Phoenix Contact

Neue Wege für den Griff in die Kiste

Noch immer gibt es zahlreiche manuelle, oftmals monotone und körperlich belastende Aufgaben, die sich bisher nicht wirtschaftlich automatisieren ließen. Dabei handelt es sich meist um Arbeitsschritte, deren Herausforderung weniger im präzisen Positionieren besteht, sondern im Greifen von undefiniert liegenden Werkstücken. Bei kleinen und damit relativ leichten Teilen steht der Aufwand, diese in einer definierten Lage anzuliefern, in keinem Verhältnis zum eigentlichen Sachwert. Daher kommen sie häufig unsortiert in Kisten an die Produktionslinien. Sikora hat sich diesen Aufgaben jetzt gestellt und neue Wege gefunden, entsprechende Tätigkeiten zu automatisieren. Zum Einsatz kommt dabei PLCnext Technology von Phoenix Contact.
Mit der Engineering-Software PLCnext Engineer von Phoenix Contact werden das Applikationsprogramm und die Bedienoberfläche erstellt.
Mit der Engineering-Software PLCnext Engineer von Phoenix Contact werden das Applikationsprogramm und die Bedienoberfläche erstellt.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Das 1999 gegründete Unternehmen Sikora hat das Laserschweißen und -löten in der Automobilindustrie mitgestaltet. So wurde die erste lasergelötete Heckklappe mit den Komponenten des Unternehmens in der Produktion eines großen Automobilherstellers umgesetzt. Nach 20-jähriger Tätigkeit in diesem Bereich hat sich Sikora nun neu ausgerichtet. Die langjährigen Erfahrungen in der Roboterprogrammierung wurden für die Entwicklung einer eigenen Robotersteuerung genutzt. Mit der SRS (Sikora Roboter Steuerung) können Roboterbewegungen einfach programmiert werden. Der erster Serieneinsatz der Steuerung wurde beim Griff in die Kiste erreicht.

Bei der Lösung zur Positionierung von Schüttgut geht es nicht darum, klassische Automatisierungskonzepte um optische Erkennungssysteme zu ergänzen, die die Lage der undefiniert bereitgestellten Teile erfassen. „Wir bedienen uns einfacher physikalischer Methoden, wie Magnetismus und Schwerkraft, die vor lauter Hightech vielfach in Vergessenheit geraten sind“, erzählt Ralf Sikora, Geschäftsführer von Sikora. „Auf diese Weise benötigen wir weder Robotik noch spezielle Antriebe und Komponenten. Wir nennen das Lowcost-Automation, denn für unsere Anlagen reichen einfache und kostengünstige Teile aus, die oftmals in den Laboren von Schulen und Universitäten eingesetzt werden.“

Die Anlagen von Sikora zeichnen sich neben geringen Kosten durch einen energiesparenden Betrieb aus. Zahlreiche Bauteile der Anlage sind Eigenkonstruktionen und stammen aus den unternehmenseigenen 3D-Druckern. So lassen sich einzelne Anlagenelemente bedarfsgerecht ausbalancieren und erfordern deshalb eine geringere Antriebskraft, was den Energiebedarf reduziert und zu weniger Abwärme der Anlage führt. Gleichzeitig wird der mechanische Verschleiß verbessert und die Lebensdauer erhöht.

Wurde die richtige Schraube gegriffen? 
Mit der sensiblen Waage wird das überprüft.
Wurde die richtige Schraube gegriffen? Mit der sensiblen Waage wird das überprüft.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Transparente Abläufe, schnelles Lernen, einfacher Betrieb

Ein positiver Nebeneffekt macht sich im Betrieb und der Wartung der Sikora-Anlagen bemerkbar: Der Prozessablauf erklärt sich weitgehend von selbst. Das bloße Beobachten der Anwendungen genügt, um zu verstehen, wie sie funktionieren. In Zeiten des Fachkräftemangels stellt das einen nicht zu unterschätzenden Aspekt dar. Einfache, transparente Abläufe sowie die Verwendung simpler Technik und Antriebskomponenten erleichtert die Arbeit des Instandhaltungsteams. Die Sikora-Anlagen sind derart konstruiert, dass im Störungsfall ein eingeschränkter Weiterbetrieb – die sogenannte Notstrategie – möglich ist. Zeitgleich kann die Fehlersuche gestartet werden. Ist der Störungsgrund gefunden, lässt er sich meist schnell beheben, da keine softwareintensiven Parametrierungen vorzunehmen sind.

Die Handhabungsfreundlichkeit der Anlage zeigt sich ebenfalls bei den Schnittstellen zwischen dem Nutzer und der Steuerung. Zur Bedienung und Programmierung der Roboter haben die Sikora-Ingenieure nicht nur eine eigene Robotersteuerung programmiert, sondern auch ein haptisches Interface dafür entwickelt. Was sich kompliziert anhört, erweist sich in der Anwendung als einfach. Es handelt sich um einen kleinen Roboter im Maßstab von etwa 1:10, dessen Achsen vom Nutzer manuell so bewegt werden, wie sich der zu programmierende Roboter verhalten soll. Ein kleines zweizeiliges Display und einige Minitaster komplettieren die Einheit und erlauben in dieser Konstellation das Teachen des Roboters. Der Miniroboter kommt aus dem 3D-Drucker, während sich die anderen Komponenten – wie Display und Taster – zu geringen Kosten beschaffen lassen.

Zahlreiche Bauteile der Anlage sind Eigenkonstruktionen und 
stammen aus den unternehmenseigenen 3D-Druckern von Sikora.
Zahlreiche Bauteile der Anlage sind Eigenkonstruktionen und stammen aus den unternehmenseigenen 3D-Druckern von Sikora.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

IT und OT auf einer Hardware

Die Entwicklung der Robotersteuerung in der Programmiersprache C++ erfolgt auf handelsüblichen Linux-basierten Kleincomputern. Für den Einsatz in der harten industriellen Umgebung bedarf es allerdings einer entsprechenden Hardware. Die Kunden von Sikora nutzen Standard-Steuerungstechnik mit den bekannten Industrieprotokollen, wie Profinet und Profisafe. Würde die gleiche Steuerungstechnik verwendet, lassen sich die Anlagen gut in die Kommunikationsstruktur der Kunden integrieren, die in C++ konzipierte Robotersteuerung würde darauf jedoch nicht laufen.

Auf der Suche nach einer Lösung ist Ralf Sikora schnell auf PLCnext Technology von Phoenix Contact gestoßen. Die Controller des offenen Ecosystems erfüllen alle Anforderungen für den industriellen Einsatz. Abgesehen von den genannten Übertragungsprotokollen betrifft das ebenso die Echtzeitfähigkeit und Datenkonsistenz, die eine wesentliche Voraussetzung für die industrielle Nutzung bilden. Zudem ermöglichen die PLCnext Controls die Verwendung von Hochsprachenprogrammen wie C++, C# oder Python. „Die PLCnext-Steuerungen waren von Anfang an die passende Grundlage für unsere Anlagentechnik. Damit sind wir den üblichen in der Industrie eingesetzten SPS-Systemen weit voraus“, stellt Sikora fest.

Die zunehmende Digitalisierung in sämtlichen Bereichen resultiert in einer verstärkten Vernetzung von OT- und IT-Systemen. Der IT-Security kommt somit eine viel größere Bedeutung als bisher zu. An dieser Stelle zeigt sich PLCnext ebenfalls als gut aufgestellt. Denn den in der internationalen Normenreihe IEC62443 beschriebenen Anforderungen an die IT-Security in der Automatisierung wird komplett entsprochen. Bereits während der Entwicklung der Lösung hat Phoenix Contact besonderen Wert auf diesen Aspekt gelegt. Und so wie heute selbst sensible Bankgeschäfte auf dem Smartphone in einem öffentlichen WLAN erledigt werden können, nimmt PLCnext dem Anwender die Sorge, Attacken aus dem Netz schutzlos gegenüberzustehen oder sensible Daten ungesichert zu übertragen.

Die PLCnext Control AXC F 2152 steuert 
die Applikation und bindet sie in das 
überlagerte System ein.
Die PLCnext Control AXC F 2152 steuert die Applikation und bindet sie in das überlagerte System ein.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Intuitive Bedienung

Die Automatisierungslösung von Sikora lässt sich so einfach verwenden, wie die Automatisierer das von der klassischen Steuerungstechnik gewohnt sind. Gleichzeitig begeistern sich die schnell wachsenden Nutzer aus dem IT-Bereich für die Möglichkeiten der Lösung. Ob Hochsprachenanwendungen, Datenbankanbindungen, Cloudkommunikation, künstliche Intelligenz oder Apps – das offene Ecosystem unterstützt alle aus dem IT-Umfeld bekannten Features.

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