FTS von EK Robotics bei RHI Magnesita

Neuer Automatisierungsprozess für die Feuerfestindustrie

Zwölf fahrerlose Transportfahrzeuge sorgen bei RHI Magnesita im 24h-Betrieb für reibungslose Prozesse bei der Produktion von Feuerfestmaterialien. Die Logistiklösung mit maßgeschneiderten Transportrobotern erfüllt mehrere Sonderfunktionen, sorgt für eine gesteigerte Sicherheit, koordiniert den Materialfluss und reduziert Stillstands- sowie Rüstzeiten im Werk.
Die Pressformen werden von zwei Heavy-Move-Transportrobotern für elf Pressen bereitgestellt.
Die Pressformen werden von zwei Heavy-Move-Transportrobotern für elf Pressen bereitgestellt.Bild: ek robotics GmbH

Feuerfestprodukte sind unverzichtbar für die Stahl-, Zement-, Kalk-, Nichteisenmetall-, Glas-, Energie-, Umwelt- und Chemieindustrie. Das österreichische Unternehmen RHI Magnesita bringt es als Anbieter in diesem Bereich auf eine 200-jährige Tradition und beschäftigt rund 13.500 Mitarbeitende in 33 Produktionswerken. Die dort verarbeiteten Materialien müssen im späteren Einsatzbereich Temperaturen bis 1.200°C standhalten. Die Wertschöpfungskette am Standort Radenthein erstreckt sich von dem Rohstoffabbau über die Herstellung bis zur Auslieferung der Feuerfestmaterialien. Für den Materialtransport zwischen Produktion, Endfertigung und Versandbereich hat EK Robotics im Jahr 2021 mehrere automatisierte Transportlösungen realisiert.

Mit Simulation und Hüllkurvenanalyse wurde sichergestellt, dass alle Transportroboter schmale Fahrkursbereiche passieren können.
Mit Simulation und Hüllkurvenanalyse wurde sichergestellt, dass alle Transportroboter schmale Fahrkursbereiche passieren können.Bild: ek robotics GmbH

Gesteigerte Prozesseffizienz

Gründe für die Automatisierung gab es viele: Vormals wurden alle Materialtransporte und Rüstwechsel der Produktionsmaschinen mit klassischen Staplern durchgeführt. Aufgrund der hohen Produktvielfalt führte das zu langen Suchzeiten und immer wieder zu Beschädigungen. „Wir haben uns für die Integration eines FTS-Konzeptes entschieden, um sämtliche Produktionsabläufe zu verbessern und einen nachhaltig effizienten sowie koordinierten Materialfluss zu schaffen“, erinnert sich Andreas Raab, Project Execution & Engineering Europe bei RHI Magnesita.

„Die Sicherheit im Werk hat oberste Priorität. Hier gibt es viele schmale Passagen, Unterquerungen und überall kreuzenden Werksverkehr. Es war klar, dass es eine deutliche Verbesserung der Sicherheit darstellt, wenn eine mobile Roboterflotte den Transport der Feuerfeststeine zwischen den einzelnen Produktionsstationen übernimmt“, so Raab. Im Rahmen der Ausschreibungsphase konnte EK Robotics mit seinem Gesamtkonzept für die Automatisierungsprozesse überzeugen: Das fahrerlose Transportsystem muss sämtliche Transport- und Sicherheitsanforderungen bei hohen Lastgewichten, in schmalen Fahrkursbereichen und bei zusätzlichen Sonderfunktionen mit diversen Lastaufnahmemitteln erfüllen. Alle Fahrzeuge arbeiten dabei im 24h-Dauerbetrieb, um die unterschiedlichen Transportaufgaben sicher, zügig und exakt auszuführen. Während der Auftragsvergabe konnte EK Robotics bereits einen Prototypen vorstellen.

Die aus einem Pulvergemisch gepressten Produkte werden von den Custom-Move-Transportrobotern zur Weiterverarbeitung transportiert.
Die aus einem Pulvergemisch gepressten Produkte werden von den Custom-Move-Transportrobotern zur Weiterverarbeitung transportiert.Bild: ek robotics GmbH

Globales Vorzeigewerk

Über die vergangenen Jahre wurden im Werk in Radenthein über 50 Millionen Euro in die Infrastruktur und Digitalisierung investiert. Das seit 1899 bestehende Werk nördlich von Villach beschäftigt rund 300 Mitarbeitende. Die Wertschöpfungskette reicht vom Abbau der Rohstoffe bis zur Herstellung und Auslieferung der Feuerfestprodukte. Das fahrerlose Transportsystem als Teil der Investitionen erstreckt sich über den gesamten Produktionsprozess der Stückgutfertigung und sorgt mit maßgeschneiderten Transportrobotern für einen sicheren und effizienten Materialtransport.

Die verschiedenen Pressformen, die die Bauweise der Endprodukte bestimmen, werden von zwei Heavy-Move-Transportrobotern für die elf eingesetzten Pressen bereitgestellt. Die Fahrzeuge holen die benötigten Formen an den 30 Stationen aus dem Lager und rüsten die Pressmaschinen automatisiert um. Für den Rüstwechsel mit den bis zu 6,5t schweren Formen ist eine Genauigkeit im Millimeterbereich gefragt. Damit die Formen passgenau in die konusförmigen Aufnahmen der Pressen eingehängt werden können, wurden die mobilen Einheiten mit neigbaren Gabeln inklusive Seitenschub und einer Schwimmstellung modifiziert. Die aus einem Pulvergemisch gepressten Produkte werden von den Transportrobotern zur Weiterverarbeitung entweder direkt in die Endfertigung an den Temperofen gefahren oder an einen der schienengeführten Tunnelofenwagen übergeben.

Für diesen Schwertransport wurden drei maßangefertigte fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) der Serie Custom Move realisiert. Mit einem starken und neigbaren Hubgerüst können sie Lasten bis 16t befördern. Entsprechend groß sind ihre Dimensionen: Über 4,3m Länge und 3m Breite messen die Transportroboter mit mehr als 10t Eigengewicht. Die 2,4m hohen Fahrzeuge manövrieren die Lasten durch schmale Gänge und setzen die Tunnelofenwagen passgenau auf dem Schienensystem ab. Hier übernimmt der Tunnelofen den Transport der Produkte und fährt diese für mehrere Stunden in den Brennprozess.

Drei weitere Transportroboter der Serie Heavy Move befördern die ausgehärteten Produkte über Umlaufpaletten mit Rollenförderer von und zu den Übergabepunkten des Hochregallagers. Auch die Endfertigung wird mit beliefert, in der die Produkte von Fachkräften gefräst, veredelt und kalibriert werden. Die Fertigprodukte werden mit drei Heavy-Move-FTF auf Holzpaletten über ein Hubgerüst mit Gabeln und Zinkenverstellung in den Verpackungs- und Versandbereich geliefert. Von dort aus werden die Feuerfestprodukte weltweit verschickt.

Umfangreiche Simulation

Bereits im frühen Projektverlauf entschied sich RHI Magnesita für die Erstellung einer 3D-Punktewolke ihrer Anlage. Mit dem 3D-Scan wurden Unebenheiten millimetergenau erfasst und ein digitaler Zwilling der gesamten Anlage erstellt. Auf Basis dieser Vermessung konnte das exakte Fahrkurs-Layout sowie eine dynamische Simulation des FTS abgebildet werden. Bedingt durch die Komplexität und Anforderungen der Anlage stellten die Ergebnisse der Machbarkeits- und Engpassanalyse wichtige Faktoren für die Konstruktion der Transportroboter dar. Mit der Hüllkurvenanalyse wurde sichergestellt, dass in der Realanwendung alle FTFs die teils schmalen Fahrkursbereiche passieren können, trotz aktivierter Sicherheitsfelder der Laserscanner. Mit mehreren Simulationsmodellen wurde die passende Fahrzeuganzahl für möglichst hohe Durchsätze berechnet. Ebenso konnten die Rüstzeiten der Formenwechsel, die Plätze der Ladestationen und die Transportwege bei über 500 möglichen Routen definiert werden. Das FTS-Paket von EK Robotics umfasst während der Mindestlaufzeit von zwei Jahren auch ein individuelles Konsignationslager vor Ort, sämtliche proaktiven und korrektiven Instandhaltungsmaßnahmen sowie eine 24/7-Hotline für Servicemaßnahmen.

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

EK Robotics GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: SMW-electronics GmbH
Bild: SMW-electronics GmbH
Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Eine wesentliche Rolle auf dem Weg zur digitalen Fabrik spielt smarte Konnektivität. Zur kontaktlosen Übertragung von Energie und Signalen für die Anbindung von Sensoren und Aktoren hat SMW-Electronics induktive Koppelsysteme entwickelt. In den unterschiedlichen Bauformen können sie nicht nur zusätzlichen Nutzen ausspielen, sondern ermöglichen auch ganz neuartige Anwendungen. Endlos rotierende Robotergreifer sind nur ein Beispiel.

Bild: DM-Drogerie Markt
Bild: DM-Drogerie Markt
Kommissionierung von Versandpaletten

Kommissionierung von Versandpaletten

Im Verteilzentrum der Drogeriekette DM in Wustermark bei Berlin sind insgesamt 19 Kuka-Roboter im Einsatz. Sie palettieren, depalettieren und positionieren die Waren vor, die dann vom Verteilzentrum aus ihren Weg in die DM-Filialen finden. Die automatisierten Intralogistiklösungen dort kommen von Swisslog. Das neuartige daran: Um alle Filialen flexibel und individuell mit Waren zu versorgen, kommt ein digitaler Zwilling der Filiale zum Einsatz.