Passend greifen ohne teachen

Flexibles Werkstück-Handling mit Scara-Roboter

Passend greifen ohne teachen

Der Maschinenbauer Weber bietet über seine Schleifmaschinen hinaus auch ausgereifte Greif- und Stapelrobotik an. Neu vorgestellt wurde jetzt eine Handhabungszelle, die sich komplett ohne Fachwissen einstellen und bedienen lassen soll. ROBOTIK UND PRODUKTION hat bei Manuel Kolb, dem kaufmännischen Leiter der Sparte Robotik und Automatisierung, nachgefragt.

Die Zelle HS-4-1000 entlädt Transportbänder als adaptierbares Handling-System. (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik GmbH)
Die Zelle HS-4-1000 entlädt Transportbänder als adaptierbares Handling-System. (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik GmbH)


Die neue Zelle HS-4-1000 wurde als adaptierbares Handling-System zur Entladung eines Transportbandes konzipiert. Bestehend aus den Kernkomponenten Industrieroboter, Kamerasystem und Förderband, lokalisiert und identifiziert die Zelle einlaufende Werkstücke. Diese werden vollautomatisiert vom System eingelernt und abgelegt. Über ein Touch Panel kann der Bediener den einfachen Teachbetrieb aktivieren und den Prozess überwachen. Teile werden in Abhängigkeit von Werkstückschwerpunkt und Geometrie gegriffen. Der passende Greifpunkt wird automatisch erkannt, sodass der Bediener keine Programmierkenntnisse benötigt.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche zentralen Faktoren führten zur Entwicklung der Handling-Zelle HS-4-100?

Manuel Kolb: Die zentralen Faktoren sind Steigerung der Produktivität, Senkung der Kosten sowie der zunehmende Fachkräftemangel. Des Weiteren war es ein wichtiger Faktor, eine Automatisierungslösung zu entwickeln, die verschiedene Werkstücke handhaben kann und dadurch auch für Kunden mit Kleinserien und einer hohen Variantenvielfalt rentabel ist. Viele unserer Kunden finden aktuell gar keine Mitarbeiter für diese Art von Tätigkeiten mehr.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Was sind aus Ihrer Sicht die Highlights und USPs der Zelle?

Das Highlight der Zelle ist ganz klar das komplett teachfreie System, das jeder ungelernte Mitarbeiter ohne jegliche Roboterkenntnisse bedienen kann. Jedes Fertigungsteil, auch komplett unbekannte, wird automatisch durch ein optisches Erkennungssystem erkannt – ohne CAD oder DXF-Datei. Die Geometrie wird inklusive aller Durchbrüche und Ausfallstellen erfasst. Der beste Griffpunkt wird berechnet und das Teil intelligent abgestapelt. Eine solche Lösung gab es zuvor nicht, deshalb wurde sie von uns auch zum Patent angemeldet. Es verschafft unseren Kunden einen riesigen Mehrwert, dass kein aufwändiges Teachen notwendig ist. Denn das war für viele Firmen bisher das No-Go-Kriterium für die Einführung von Automatisierung.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Warum haben Sie sich in der aktuellen Version für eine Stäubli-Kinematik entschieden?

Das hat zwei Gründe: Um den größtmöglichen Nutzen für unsere Kunden zu erreichen benötigten wir einen Scara-Roboter mit sehr großer Reichweite. Hier passt die verwendete Kinematik von Stäubli am besten. Des Weiteren ist bei Stäubli ein sehr tiefer Zugriff in die Programmierebene möglich. Das ist bei der Entwicklung der neuen Lösung zwingend notwendig gewesen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie einfach lässt sich die Zellen in die Anlage integrieren?

Die HS-4-1000 als Standardzelle kann als flexibler Folgeprozess nach jeder beliebigen Anlage bzw. in jeden beliebigen Förderprozess integriert werden. Das System ist also sehr flexibel einsetzbar. Theoretisch könnte die Zelle wechselnd nach verschiedenen Produktionsanlagen aufstellt werden. Je nach Bedarf. Für die weitere Einbindung sind alle Arten von digitalen Schnittstellen möglich, bis hin zu einer Einbindung in das ERP des Anwenders. Zudem bieten wir auch kundenindividuelle Sonderlösungen im Bereich der Automatisierung an – etwa zum Entladen, Beladen oder Vereinzeln. Auch hier werden die Schnittstellen mit dem Kunden je nach Bedarf besprochen und festgelegt.

„Das Highlight der Zelle ist ganz klar das komplett teachfreie System.“ Manuel Kolb, Weber Maschinenfabrik (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik GmbH)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wäre auch die Automatisierung von Weber-Schleifmaschinen mit einem Cobot denkbar und sinnvoll?

Möglich auf jeden Fall. Ob es sinnvoll ist, hängt aber von der benötigten Zykluszeit des jeweiligen Anwenders ab. Bisher war es so, dass unsere Kunden höhere Zykluszeiten benötigen, daher haben wir bisher noch keine Cobots eingesetzt.

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: SMW-electronics GmbH
Bild: SMW-electronics GmbH
Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Eine wesentliche Rolle auf dem Weg zur digitalen Fabrik spielt smarte Konnektivität. Zur kontaktlosen Übertragung von Energie und Signalen für die Anbindung von Sensoren und Aktoren hat SMW-Electronics induktive Koppelsysteme entwickelt. In den unterschiedlichen Bauformen können sie nicht nur zusätzlichen Nutzen ausspielen, sondern ermöglichen auch ganz neuartige Anwendungen. Endlos rotierende Robotergreifer sind nur ein Beispiel.

Bild: DM-Drogerie Markt
Bild: DM-Drogerie Markt
Kommissionierung von Versandpaletten

Kommissionierung von Versandpaletten

Im Verteilzentrum der Drogeriekette DM in Wustermark bei Berlin sind insgesamt 19 Kuka-Roboter im Einsatz. Sie palettieren, depalettieren und positionieren die Waren vor, die dann vom Verteilzentrum aus ihren Weg in die DM-Filialen finden. Die automatisierten Intralogistiklösungen dort kommen von Swisslog. Das neuartige daran: Um alle Filialen flexibel und individuell mit Waren zu versorgen, kommt ein digitaler Zwilling der Filiale zum Einsatz.