Igus-Cobot geht in die Serienfertigung
Preis gehalten, Gewicht reduziert
Der Leichtbauroboter Rebel von Igus – in geringen Stückzahlen schon ab rund 3.000€ erhältlich – geht jetzt in die Serienfertigung. Aufgrund der gestiegenen Elektronik- und Rohstoffpreise hat Igus den Cobot auf der Zielgeraden nochmals an verschiedenen Stellen technologisch angepasst. Wie aus der Not eine Tugend wurde bzw. welche Vorteile sich für den Anbieter und Anwender damit ergeben haben, hat Geschäftsbereichsleiter Alexander Mühlens bei einem Vor-Ort-Besuch in Köln verraten.
Preis gehalten
Dem Lowcost-Ansatz verpflichtet, hatte Igus den Cobot für 3.000? angekündigt – in einer Zeit vor Rohstoffkrise und dem Mangel an Elektronikbauteilen. „Um diesen Preis zu halten, hatten wir in den vergangenen Monaten alle Hände voll zu tun“, erzählt Mühlens. „Letztlich haben wir die Situation als Chance begriffen, um den Roboter weiter zu vereinfachen und noch mehr Bauteile komplett aus Kunststoff zu realisieren.“ Entsprechend habe diese Entwicklung den kompletten Produktionsansatz von Igus nochmals auf den Kopf gestellt. „Jetzt werden die meisten mechanischen Bauteile, aus denen sich der Rebel zusammensetzt, von uns selbst gefertigt. Wir bestücken sogar die Platinen eigenständig und fertigen die Leistungselektronik inhouse selbst“, erklärt Mühlens. „Warum? Die Angebote auf dem Markt sind einfach nicht wirtschaftlich genug gewesen, um unsere Zielmarke von 3.000? zu halten.“
Knowhow ausgebaut
Auf die Frage, woher die Kompetenz dafür stammt, antwortet der Bereichsleiter: „Wir fertigen ja seit drei Jahren unsere Robotersteuerung Robot Control. Auch Motoren haben wir schon selbst produziert. Beim Rebel führt Igus sein Knowhow aus solchen Bereichen jetzt zusammen – und zwar in einer neuen Dimension.“ Im Zuge dessen haben sich verschiedene Herausforderungen aufgetan: So hat das Entwicklungsteam, die einzelnen Regler aus den Schaltschrankmodulen der bisherigen Steuerung direkt in die Getriebe des Cobots integriert. „Wir haben also von zentral auf dezentral geswitcht – klingt eigentlich ganz einfach, war es aber nicht“, betont Mühlens. Auch geberseitig habe man durch den Lowcost-Anspruch umdenken müssen: Igus setzt auf einen Doppel-Encoder, bei dem eine Messung vor und hinter dem Gelenk erfolgt. Dabei sind statt Dehnungsmessstreifen Linearpotenziometer als Basis für die Absolutwertgeber verbaut. „Die Genauigkeit von ±0,5mm, die der Roboter damit erreicht, genügt vollkommen“, bekräftigt Mühlens.
Gewicht reduziert
Das Herzstück der Roboterachsen ist ein vollintegriertes Wellgetriebe. Bis auf Motor, Encoder und Controller-Platine ist es komplett aus Kunststoff gefertigt. Auch in den Gelenkmodulen wurde auf Metallteile verzichtet. „Dadurch ist der Rebel nochmals leichter geworden“, führt Mühlens weiter aus. Während die Prognose in den ursprünglichen CAD-Daten noch bei 12kg lag, ist es so gelungen, die Kinematik auf rund 9kg abzuspecken. „In unseren Tests hat der Kraftzwerg bis zur Hälfte seines eigenen Gewichtes bewegen können.“ Igus plant mit zwei verschiedenen Modi: einem Cobot-Modus mit geringeren Lasten und Geschwindigkeiten und einem Modus mit größtmöglicher Last und Geschwindigkeit. Als sicherer Cobot hat er eine Payload von 2kg. Abseits von MRK-Anwendungen soll er Lasten bis 5kg handhaben. Die Reichweite beträgt in beiden Fällen 700mm. Was die Einsatzdauer angeht, gibt Igus eine Garantie von zwei Millionen Zyklen im Dauerbetrieb. Das entspricht bei üblichen Anwendungen einer Betriebszeit von zwei Jahren. Bei Bedarf soll sich der Roboter durch den Austausch von einigen wenigen Verschleißteilen einfach und kostengünstig wieder instand setzen lassen. Laut Mühlens im Zweifel sogar vom Endanwender selbst.
Einzigartig positioniert
Mit den bereits erhältlichen Cobots sieht Mühlens die Marktbegleiter anders aufgestellt: „Im breiten Angebot der Leichtbauroboter konzentriert sich Igus besonders auf den Lowcost-Bereich. Wir sind der Meinung, dass der Rebel neue, komplett unbesetzte Anwendungsgebiete erschließen kann.“ Durch den niedrigen Preis und den geringen Wartungsbedarf sei ein Einsatz an vielen Stellen denkbar, in denen sich Roboter bisher nicht lohnten – weit über die Industrie hinaus. „Der Rebel eröffnet auch eine ganz neue Welt der Servicerobotik“, ist Mühlens sicher. Passend zum Lowcost-Ansatz des Roboters stellt Igus auch eine kostenlose Steuerungssoftware zur Verfügung. Damit sollen selbst Erstanwender in kurzer Zeit Anwendungen programmieren können. Weitere Unterstützung findet der Anwender bei Bedarf auf dem Online-Marktplatz RBTX – sowohl, was den Service angeht, als auch bei der Suche nach passenden Bauteilen wie Greifer oder Kameras.
MRK-Anspruch erfüllt
Doch macht es der Rebel auch einfacher, sichere Cobot-Anwendungen in der Praxis umzusetzen? „Die eingehenden Anfragen nach dem Rebel sowie unsere Erfahrungen mit dem Online-Marktplatz zeigen, dass aktuell nur wenige Anwendungen unter echten Cobot-Voraussetzungen realisiert werden“, macht Mühlens deutlich. Meist stünden Gewicht oder Preis im Vordergrund. Weil der Aufwand für einen MRK-Einsatz noch verhältnismäßig hoch sei, würden die meisten Rebel-Roboter vermutlich umhaust in den Betrieb gehen. „Aber das wird sich mittelfristig sicherlich ändern“, fährt Mühlens fort. „Normierungen wie die ISO/TS15066 verschärfen die Bedingungen für Cobots erst einmal. Gleichzeitig ist im Markt aber auch eine steigende Bereitschaft spürbar, entsprechende Risikoanalysen für individuelle Anwendungen zu erstellen. Wir denken, mit dem Lowcost-Robotikangebot von Igus einen Teil zu diesem Wandel beizutragen.“