Statement von Dr. Dierk Beyer, Cowen: Die De-Globalisierung und ihre Auswirkung auf die industrielle Produktion und Automation

Statement von Dr. Dierk Beyer, Cowen: Die De-Globalisierung und ihre Auswirkung auf die industrielle Produktion und Automation

Resiliente Lieferketten

Die Corona-Krise hat einige Schwachstellen der europäischen Wirtschaft verdeutlicht. Dr. Dierk Beyer, Partner bei der Investmentbanking Beratungsgesellschaft Cowen, ist sicher, dass es mittelfristig zu einer De-Globalisierung in den Lieferketten kommen wird. Doch was bedeutet das für die europäische Industrie und den Einsatz von Robotern?

Der Covid19-Virus, aber auch Ereignisse wie der Brexit, haben in Deutschland noch einmal verdeutlicht, dass Lieferketten nicht so stabil sind, wie angenommen. Importe und Exporte waren – und sind – aufgrund von temporären Grenzschließungen und neuen Handelsbarrieren nicht immer einwandfrei möglich. Eine der Folgen daraus ist die voranschreitende De-Globalisierung. Das betrifft insbesondere die industrielle Produktion und damit auch den Robotikmarkt. Denn feststeht: Die Automatisierung in der Industrie wird in der Post-Corona-Welt wichtiger. Europäische Unternehmen tun gut daran, aus der Krise ihre Lehren zu ziehen.

Roboter werden künftig mehr im Mittelstand eingesetzt, der damit den Trend hin zur De-Globalisierung unterstützt. Dr. Dierk Beyer, Cowen (Bild: Cowen Germany AG)

„Roboter werden künftig mehr
im Mittelstand eingesetzt,
der damit den Trend hin zur
De-Globalisierung unterstützt.“
Dr. Dierk Beyer, Cowen (Bild: Cowen Germany AG)

De-Globalisierung und Folgen

Firmen werden sich zukünftig wieder verstärkt in heimischen Regionen ansiedeln, um Lieferketten resilienter zu machen. Einer der Anknüpfungspunkte ist die Versorgungssicherheit lebensnotwendiger Güter, etwa im medizinischen Bereich. So ist die lokale Versorgung mit diesen Gütern in derart turbulenten Zeiten häufig schwierig oder manchmal gar nicht zu realisieren. Werden Lieferketten verkürzt und stärker kontrolliert, lässt sich verhindern, dass sie zusammenbrechen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die industrielle Produktion wieder in den europäischen Raum zurückzuführen. Für Länder mit einem hohen Lohnniveau, wie Deutschland oder Dänemark, ist die Relokalisierung der Produktionsstätten aus asiatischen Schwellenländern aber nur dann sinnvoll, wenn hochgradig automatisiert werden kann.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Viele Industrienationen sehen schon jetzt Bedarf, gegenüber den Ländern mit hoher Roboterdichte aufzuholen. Etwa Singapur oder Südkorea liegen mit ihrer großen Halbleiterindustrie in puncto Automatisierung heute deutlich vor Deutschland. Eine ähnliche Rolle kommt den USA in den Serviceanwendungen zu. Trotzdem muss sich Deutschland nicht verstecken: Die Automobilindustrie ist bereits hoch automatisiert und geht als Beispiel voran. Europa ist nicht nur einer der Marktführer in der Robotik, sondern verzeichnet außerdem den größten Markt für Logistikanwendungen – diese machen etwa ein Viertel der gesamten Robotikindustrie aus.

Die De-Globalisierung der Supply Chains wird mittel- bis langfristig europaweit zu einer weiteren Erhöhung des Automatisierungsgrades führen. Nicht zuletzt wird die Bevölkerung immer älter und weniger Nachwuchskräfte folgen, wodurch menschliche Arbeitskraft in der Industrie knapper wird. Doch der Bedarf steigt weiter an. Dieser Entwicklung lässt sich nur durch weitere Automatisierung und somit mittels moderner Robotiklösungen entgegenwirken. Roboter werden künftig mehr im Mittelstand eingesetzt, der hierzulande einen Großteil der Wirtschaft ausmacht, und damit den Trend hin zur De-Globalisierung unterstützt. Auch deshalb liegt ein Fokus darauf, leicht zu installierende autonome Systeme zu entwickeln. Sie lassen sich mit deutlich geringeren Ressourcen den jeweiligen Anforderungen anpassen. Dieser Trend wird dazu führen, dass Roboter bald zum Standard zählen. So wird der Einsatz von Robotern auch für KMUs und weniger skalierbare Tätigkeiten sinnvoll.

Fazit

Die Pandemie hat der europäischen Wirtschaft ihre Schwächen bewusst gemacht. Hierzu zählen insbesondere die globalen Lieferketten, was mittelfristig den Trend zur De-Globalisierung weiter beschleunigen wird. Automation wird in den Industrien immer wichtiger und so werden mithilfe von Robotern Teile der Produktion aus Regionen mit niedrigem Lohnniveau zurück nach Deutschland verlagert. Ganz entscheidend ist dabei die Konsequenz, moderne Technik mit durchgehend automatisierten Prozessen zu verbinden. Hier müssen sich viele deutsche Industrieunternehmen – insbesondere aus dem Mittelstand – grundlegend neu aufstellen.

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