Automatisierte Bestückung einer Laseranlage

Schneller und besser produzieren mit Cobots

Der Mittelständler Biocare, ein Hersteller biologischer Pflanzenschutzmittel für die Landwirtschaft, setzt seit 2022 Cobots von Kassow Robots in der Produktion ein. Die Mitarbeiter haben nun mehr Zeit für überwachende Aufgaben, ausführende Tätigkeiten hingegen übernehmen zunehmend die Leichtbauroboter. So lässt sich mittlerweile mit der Hälfte an Mitarbeitern die vierfache Menge produzieren.
Bei Biocare bestücken Siebenachs-Cobots von Kassow Robots eine Laseranlage, die Löcher 
in Pappen einbringt. Die Pappen dienen der Schlupfwespe als Behausung, die in der Schädlingsbekämpfung zum Einsatz kommt.
Bei Biocare bestücken Siebenachs-Cobots von Kassow Robots eine Laseranlage, die Löcher in Pappen einbringt. Die Pappen dienen der Schlupfwespe als Behausung, die in der Schädlingsbekämpfung zum Einsatz kommt.Bild: Kassow Robots / IBK

Die Schlupfwespe Trichogramma brassicae, mehrere Leichtbauroboter von Kassow Robots und den Automatisierer IBK IngenieurConsult: Diese Zutaten brauchte es, damit das Team um Sebastian Beitzen-Heineke eine zukunftsfähige Produktion am Firmensitz im niedersächsischen Dassel realisieren konnte.

„Für einen Unternehmer, dem es um Wachstum und Innovation geht, gibt es gute Gründe, auf Cobots zu setzen. Die Investition ist auch für Mittelständler erschwinglich und rentiert sich für uns somit in einem absehbaren Zeitraum“, sagt der 30-jährige Geschäftsführende Gesellschafter Beitzen-Heineke. Seit 2020 führt er Biocare zusammen mit seiner Schwester Elisa in zweiter Generation. Während sich seine Schwester um die Bereiche Forschung und Entwicklung und den Vertrieb kümmert, ist er selbst u.a. für die Fertigung verantwortlich. Die Nachfrage nach den Produkten ist enorm, der eigene Qualitätsanspruch hoch – und gleichzeitig geht es darum, wie wir „Mitarbeiter von monotonen Aufgaben befreien und ihnen stattdessen spannende Verantwortlichkeiten übertragen“, sagt Beitzen-Heineke. „Genau hier kamen dann die Leichtbauroboter von Kassow Robots ins Spiel.“

Bestückung der Laseranlage

Im Jahr 2022 hat Biocare – zusammen mit IBK, einem Vertriebspartner von Kassow Robots – erstmals die Produktion für ihr Schlupfwespenprodukt Trichosafe automatisiert. Konkret handelt es sich um eine Verpackungsanlage. Das Endprodukt sind kleine, aus einem Papprohling produzierte Kugeln, die Landwirte per Drohne oder Wurfgerät auf den Feldern ausbringen. Als natürlicher Feind des Maiszünslers sorgt die Schlupfwespe dann dort für eine rein ökologische Reduzierung des Schädlingsbefalls.

Im ersten Produktionsschritt müssen bei Biocare Löcher in Pappen eingeformt werden, die dann später mit den Nützlingen gefüllt werden. Früher wurde das mit einem Nadelbrett gemacht, wo feinste Nadeln die Kugeln durchstochen haben. Doch das war teils ungenau und faserig, was bei Wassertropfen schnell zur Folge hatte, dass die Löcher wieder zuquellen. Daher wurde IBK mit einem neuen Konzept beauftragt. „Wir dachten bei dieser Anfrage sofort an den Einsatz eines Cobots“, berichtet Michael Becker, der beim Automatisierer im Vertrieb tätig ist. „Innerhalb von zwei Wochen haben wir ein 3D-Konzept für eine Lösung vorgelegt, bei der ein KR1205-Cobot zügig eine Lasermaschine von Trotec bestückt und rund vier Stunden autark arbeitet, bis neue zu lasernde Pappen bereitgestellt werden müssen.“

Die Fähigkeit der Cobots von 
Kassow Robots, ums Eck greifen zu können, zahlt sich auch bei 
der Laseranlage von Biocare aus.
Die Fähigkeit der Cobots von Kassow Robots, ums Eck greifen zu können, zahlt sich auch bei der Laseranlage von Biocare aus.Bild: Kassow Robots / IBK

Gleichbleibende Qualität bei sensiblen Produkten

„Mir war klar, dass eine maschinelle Lösung – im Gegensatz zur manuellen – gleichbleibend hohe Qualität auch bei hochsensiblen Produkten garantieren kann“, sagt Beitzen-Heineken. Früher mussten wir damit leben, dass jeder händische Eingriff potenzielle Fehlerquellen und Abweichungen und damit erhöhten Ausschuss zur Folge hatte. Das wird mit der Cobot-Lösung vermieden.“ Zudem freuen sich die Mitarbeiter über den Cobot als Kollegen: „Wenn man ständig immer nur ein Werkstück einlegen muss, dann ist das keine Tätigkeit, die man mit Freude über längere Zeit macht“, so der Geschäftsführer weiter. Der Mensch brauche immer wieder neue Herausforderungen, einfache Tätigkeiten könne ja der Cobot wunderbar erledigen. Sein Team sei froh, die gewonnene Zeit eher mit überwachenden Aufgaben zu verbringen. Auch für ihn als Unternehmer rechnet sich die Gesamtanlage – bei der bald in Summe vier KR1205 zum Einsatz kommen: „Es ist schwierig, die Produktivitätssteigerung auf den Prozentpunkt genau zu messen. Aber unterm Strich schaffen wir mit der Hälfte der Leute die vierfache Menge. Uns gelingt also mit einem Schlag sowohl Qualitätssteigerung als auch höhere Produktivität.“

Hohe Wendigkeit ermöglicht kompakte Bauweise

Während die meisten Cobots auf dem Markt über sechs Achsen verfügen, setzt der Hersteller Kassow Robots aus Kopenhagen bei seinen Modellen auf sieben Achsen. Die Fähigkeit, ums Eck greifen zu können, zahlt sich auch bei der Laseranlage von Biocare aus. „Die Erreichbarkeit ist mit dem Siebenachsroboter viel besser gegeben als mit einem Sechsachser“, erklärt Michael Becker. „Der KR1205 ermöglicht, dass wir die Gesamtanlage sehr kompakt bauen konnten. Denn wir sind mit den Behältern sehr nah am Roboter. Obwohl die Behälterwagen sehr tief sind, kann der Roboter die Pappen einfach herausnehmen – ohne die Geschwindigkeit zu reduzieren.“ Bei geringerem Tempo hätte man die Lösung auch ohne eine Umzäunung umgesetzt. Diese Option wurde aber von vornherein aufgrund des Ziels größtmöglicher Effizienz ausgeschlossen: Zum einen musste die Lasermaschine sowieso durch einen Schutzzaun abgesichert werden. Außerdem sollte der Laser schnellstmöglich bestückt werden. Durch einen Doppelgreifer kann der Roboter die Pappen extrem schnell wechseln und steht sofort mit der nächsten Pappe bereit. Neben dem Roboter, der die Lasermaschine bestückt, kommen bei Biocare weitere KR1205-Cobots zum Einsatz – etwa beim Verpacken der Schlupfwespeneier. Auch um die gelöcherten Pappen aus den Wagen zu nehmen und den zweiten Teil der Anlage bestücken, werden zwei Cobots eingesetzt.

Einfaches Handling

Der Firmenchef betont auch das einfache Handling. „Einer von uns drückt morgens auf den Startknopf. Dann laufen die Maschine und Cobots autark. Wir arbeiten dabei mit einem Vier-Behälter-Prinzip. Drei sind voll, einer leer und es wird automatisch umgeschichtet. Wenn die Maschine leergelaufen ist, kommen am Schluss drei volle Behälter heraus.“ Die unkomplizierte Bedienung der Cobots übernimmt einer von neun Mitarbeitenden, die nach und nach geschult wurden. „Ein klassischer Roboter, der tieferes Programmier-Knowhow verlangt, würde viele Anwender überfordern“, berichtet Becker von seinen Erfahrungen beim Endkunden. „Der Cobot ermöglicht hingegen einfache Hands-on-Arbeit und die Einbindung vieler Mitarbeiter im Team.“

Auch Beitzen-Heineke gefällt, dass er für jeden User ein spezifisches Aktionslevel einrichten kann: „Die eine Bedienoberfläche hat drei Buttons: Stop, Play, Warn-Button – da kann ich jeden dranlassen. An die zweite Stufe – die für Admins – dürfen neben mir hingegen nur zwei andere Personen ran.“ Prinzipiell sind die Cobots nach einer kurzen Schulung für jeden einfach zu bedienen. Das umfasst auch kleinere Fehlerbehebungen geht, etwa wenn die Pappe einmal falsch im Greifer hängt.

Und sind die Cobot-Projekte bei BioCare nun abgeschlossen? Spricht man mit dem Eigentümer, so spürt man, wie viele neue Ideen bereits in seinem Kopf herumschwirren. „Unser Unternehmen wächst weiter und für uns lohnt sich der Einsatz der Cobots. Daher geht unsere Reise mit IBK sicherlich weiter.“ Details will er noch nicht verraten. Christian Lorenscheit von Kassow Robots deutet immerhin eines an: „Unsere Cobots können vom Endkunden ja schnell für neue Aufgaben umprogrammiert werden. Da bietet es sich an, dass der Cobot der Laseranlage abseits seiner saisonalen Aktionszeit künftig für andere Aufgaben genutzt wird.“

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