Schnelle 3D-Positionserkennung mit Wärmestrahlung

Transparente Teile erfassen

3D-Oberflächen von transparenten, spiegelnden oder mattschwarzen Objekten sind mit herkömmlichen 3D-Sensoren nicht zuverlässig zu erkennen. Ein neues System, entwickelt am Fraunhofer IOF, nutzt infrarote Strahlung und erfasst dann die Form über die Wärmestrahlung. Zusammen mit einem Industrieroboter erkennt und greift das System so auch Teile mit unkooperativen Oberflächen sicher.
Eine neue Entwicklung des Fraunhofer IOFs verspricht eine Lösung für die Erfassung transparenter Oberflächen.
Eine neue Entwicklung des Fraunhofer IOFs verspricht eine Lösung für die Erfassung transparenter Oberflächen. (Bild: Fraunhofer IOF)

Bei der Herstellung von Dialysefiltern gibt es eine Herausforderung: Die etwa 30cm langen Zylinder weisen eine transparente Oberfläche auf. Kameras im sichtbaren Bereich haben bislang Probleme, solche Oberflächen sicher zu erfassen. Entsprechend schwierig ist es, solche Teile maschinell zu erkennen und mit Robotern zu greifen. Ein Team am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena hat dafür eine neue Lösung erarbeitet, die die Erfassung von unkooperativen Oberflächen anders angeht. Bisher sind für die maschinelle Erfassung von 3D-Oberflächen vor allem zwei Methoden etabliert: Entweder werden die Oberflächen mit einem einzelnen Laserstrahl abgetastet und aus der Laufzeit der Lichtpulse wird die dreidimensionale Gestalt errechnet. Oder die Oberfläche wird mit einer bestimmten Mustersequenz beleuchtet. Das wird mit einer oder mehreren Kameras erfasst und mithilfe der Lichtmuster werden die Punkte in den Kamerabildern einander zugeordnet. Die Objektkoordinaten werden dann über Triangulation berechnet. Beide Methoden beruhen darauf, dass die Oberfläche das eingestrahlte Licht diffus reflektiert. Wenn das nicht ausreichend möglich ist, wurde bislang oft die Oberfläche eingesprüht, um sie für die Messung diffus genug zu machen.

Wärme sichtbar machen

Für die neue Lösung vom Fraunhofer IOF wird die Oberfläche mit zwei Wärmebildkameras gemessen. Vorher strahlt ein CO2-Laser auf die Oberfläche, die dadurch lokal erwärmt wird. Umgebungslicht spielt bei diesem Verfahren keine Rolle, da die Wärmebildkameras nur das langwellige Infrarot bei einer Wellenlänge zwischen 7,5 und 12 Mikrometern erfassen. Der Laser strahlt dabei nicht flächig, sondern scannt als Streifen über den Objektraum. Die Kameras nehmen 30 Bilder pro Sekunde auf, eine Fläche von 250x200mm² wird so in etwa 3s erfasst.

Die Laserleistung von 30W erwärmt kurzzeitig und lokal die Oberflächen der Objekte. Abhängig vom Material bleibt die Temperaturerhöhung deutlich unter 10 Kelvin. Es ist dabei entscheidend, die Oberfläche nur streifenweise und nicht im Ganzen zu erhitzen. Dadurch sind zwar mehr Aufnahmen nötig, aber der Kontrast ist hoch und die Gesamterwärmung des Objekts bleibt niedrig.

Nachdem die Messszene komplett gescannt ist, wird die 3D-Punktwolke rekonstruiert. Davon ausgehend werden greifbare Flächen abgeleitet und der Roboterarm kann ein Teil entnehmen. Während der Roboterarm noch schwenkt, startet bereits die nächste Aufnahme, sodass die Zeit für den Gesamtprozess möglichst klein bleibt. Am Fraunhofer IOF wurde das System ursprünglich für Würfel aus transparentem Kunststoff entwickelt, inzwischen kann das System aber auch völlig unbekannte Strukturen erkennen und greifen. Mit einem Temperaturanstieg im einstelligen Kelvinbereich ist das Messverfahren mit dem 30W-CO2-Laser für die meisten Anwendungen völlig unkritisch. Es wurde mit Kunststoffobjekten erprobt, aber auch schon bei empfindlichen Kunstobjekten aus Glas (historische Thermometer) eingesetzt.

Schnelle Wärmekameras für 3D-Oberflächen

Derzeit wird das System mit der Bezeichnung GoRobot3D als Demonstrator auf verschiedenen Messen präsentiert. Parallel dazu wurde eine Variante entwickelt, die mit dem gleichen Prinzip aber anderen Kameras genauer messen kann. Mit einer Genauigkeit bis hinunter zu 10µm ist das System GoQuality3D für Anwendungen in der Qualitätssicherung entwickelt. Bislang wurden Kameras mit 30 (bzw. 125 bei GoQuality3D) Aufnahmen pro Sekunde genutzt. Im nächsten Schritt werden neue Kameras mit 1.000fps eingebaut, dadurch wird das Verfahren um eine Größenordnung schneller. Mit der Idee, schnelle Wärmekameras für die Erfassung von 3D-Oberflächen einzusetzen, löst das System ein Problem, das so alt ist wie die industrielle Bildverarbeitung. Dementsprechend breit sind die Anwendungsmöglichkeiten. Transparente Schüttgutteile aus einer Kiste zu nehmen, ist das einfachste Beispiel, für komplexere Anwendungen lassen sich einzelne Parameter entsprechend anpassen.

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