Kolumne Robotik, Recht, Risiko: Welcome to the Metaverse!

Kolumne Robotik, Recht, Risiko: Welcome to the Metaverse!

Eine Straße, die über hunderte von Kilometern lang ist, auf der mehr als sechzig Millionen Menschen gleichzeitig entlangschlendern und die an abertausenden Shops, Büros, Vergnügungsparks, Kinos und öffentlichen Plätzen vorbeiführt – und in der realen Welt nicht existiert. So beschreibt Neal Stephenson in seinem Science-Fiction-Roman aus dem Jahr 1992 ‚The Street‘ den Champs Élysées des Metaverse. Dreißig Jahre später scheint diese Vision in greifbarer Nähe. Ist das der Beginn einer neuen Technologieära?

 (Bild: Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB)

Andreas Daum, LL.M. (LSE) ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Noerr. Er ist spezialisiert auf die rechtliche Beratung bei
IT-Projekten (insb. CloudComputing, Data Economy und Künstliche Intelligenz) (Bild: Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB)

Spätestens seit der medienwirksamen Umbenennung des Facebook-Konzerns zu ‚Meta‘, im Oktober 2021, gilt das Metaverse als die neue Vision für den nächsten Schritt der Menschheit. Die Vielschichtigkeit dieser Technologie zeigt sich bereits in den zahlreichen, teil divergierenden Definitionen, die sich zu diesem Begriff finden lassen. Das Metaverse lässt sich jedoch am besten als einen immersiven Nachfolger des heutigen text- und bildbasierten Internets begreifen, also einen Zusammenschluss von vielen in Echtzeit dargestellten virtuellen 3D-Welten, die von einer praktisch unbegrenzten Anzahl von Usern synchron und dauerhaft erlebt werden können.

Vorboten des Metaverse

Diese Definition geht weit über die Eigenschaften der bisher bekannten virtuellen Spielewelten hinaus. Dennoch können Online-Games, wie Fortnite, Roblox oder Minecraft einen ersten Eindruck vermitteln, wie die virtuelle Zukunft des Internets aussehen könnte. Diese Anwendungen entfernen sich immer mehr von einem konkreten spielerischen Ziel und gleichen eher einem kollektiven sozialen Raum, in dem die Nutzer Erlebnisse teilen, miteinander interagieren oder virtuelle Gegenstände erwerben können. Im Jahr 2021 etwa gab der US-Amerikanische Rapper Travis Scott in Fortnite vor knapp 12,3 Millionen Usern ein Konzert. Auch der italienische Sportwagenhersteller Ferrari ist auf dieser Plattform vertreten und bot dort bereits eines seiner Luxusautos in einer virtuellen Version zum Verkauf an. Nicht wenige erwarten, dass das Metaverse nahezu jede Branche und Industrie revolutionieren wird. Die bevorstehende Ankunft dieser neuen Technologie beflügelt daher auch private Investitionen. Nach Angaben der Beratungsfirma McKinsey haben Unternehmen, Venture Capital- und Private Equity-Fonds allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mehr als 120Mrd.US$ in diesem Bereich investiert – bereits jetzt eine Verdopplung der Investitionen aus dem Jahr 2021.

Neue Technologie, neues Recht?

Angesichts der bevorstehenden Veränderungen, stellt sich die Frage, welche Rechtsthemen das Metaverse bereit hält. Sicher ist: Die Herausforderungen werden vielfältig sein und sich nicht auf ein einzelnes Rechtsgebiet beschränken. Im Vertragsrecht etwa warten rechtliche Fragen zur Interoperabilität der erworbenen virtuellen Gegenstände. Die User möchten ihre digitalen Ausrüstungsgegenstände nicht nur in der virtuellen Welt des Verkäufers, sondern auch in anderen digitalen Räumen verwenden. Ist das digitale Asset etwa mangelhaft, weil es sich nicht übertragen lässt? Im Datenschutzrecht wird sich die Herausforderung stellen, wie die schier unendliche Menge an Daten im Metaverse zu verarbeiten ist. Für die Herbeiführung eines immersiven Erlebnisses bedarf es besonderer Hardwaregeräte, wie VR-Brillen oder Wearables, die die Umgebung der User aufzeichnen und in einer virtuellen 3D-Welt abbilden. Dazu müssen die Geräte auch biometrischen Daten erheben, speichern und analysieren.

Eine weitere zentrale Rolle könnte die von der EU-Kommission vorgelegte Verordnung zur Regulierung von künstlicher Intelligenz spielen. Im Metaverse werden nicht nur menschliche, sondern auch rein computerbasierte Avatare, also virtuelle Figuren, die ausschließlich durch Software gesteuert sind, vertreten sein. Diese Avatare könnten den Nutzern dennoch menschlich erscheinen. Der vorgelegte Entwurf der KI-Verordnung sieht jedoch in Art. 5 Abs. 1 lit. a) ein Verbot bestimmter „Techniken der unterschwelligen Beeinflussung“ vor, die den Nutzen einen physischen oder psychischen Schaden zufügen können.

Spannende Fragen werden sich sicherlich auch im Datenrecht stellen. Wie erwähnt bedarf es für die virtuelle Erfahrung besonderer Hardware, bei deren Nutzung viele Informationen, darunter auch nicht-personenbezogene Daten anfallen dürften. Der Entwurf des Data Acts, den die Europäische Kommission im Februar vorgestellt hat, hält für diese Daten neue Datenzugangsansprüche der User bereit. Das Metaverse wird uns also nicht nur immersive 3D-Erlebnisse, sondern auch spannende rechtliche Fragen bescheren.

Bis dahin verbleibe ich hochachtungsvoll

Andreas Daum

Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB
www.noerr.com

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