Interview mit Darius Wilke von Rethink Robotics

Interview mit Darius Wilke von Rethink Robotics

Cobots: Flexibel und ohne Käfig

Hinter dem Begriff Cobots verbergen sich kollaborative Roboter, die den Mitarbeitern in der Produktion zur Hand gehen sollen. Aber was können die kleinen Helfer wirklich leisten und welche Vor- und Nachteile haben sie gegenüber traditionellen Industrierobotern? ROBOTIK UND PRODUKTION hat mit Darius Wilke, Director European Business bei Rethink Robotics, darüber gesprochen.

 (Bild: Rethink Robotics, Inc.)

„Ein Roboter löst so eine Art Faszination aus und die Mitarbeiter sind neugierig auf die Technologie.“ Darius Wilke, Director
European Business, Rethink Robotics (Bild: Rethink Robotics, Inc.)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Wilke, was verbirgt sich hinter dem Begriff Cobots und was unterscheidet sie von Industrierobotern?

Darius Wilke: Wir sehen zwei Kriterien, die einen Cobot von einem traditionellen Industrieroboter unterscheiden. Das erste Kriterium ist relativ offensichtlich: Ein Cobot hat keinen Käfig um sich herum. Er ist mit Sensoren ausgestattet, und wenn er mit Menschen in Berührung kommt, stoppt er seine Tätigkeit. Er stellt somit praktisch keine Gefahr für Mensch und Umgebung dar. Das zweite Kriterium für uns ist das Thema ‚ease of use‘. Das heißt, ein Cobot sollte sehr flexibel sein und sich schnell einsetzen lassen. Das hat zur Folge, dass Unternehmen einen Cobot dort einsetzen können, wo Automatisierung mit einem traditionellen Roboter wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Haben Sie ein konkretes Beispiel für die Inbetriebnahme der Cobots?

Wilke: Einer unserer Kunden versuchte mehrere Tage lang, eine bestimmte Aufgabe mit einem Industrieroboter zu lösen, bevor unser Team vor Ort war. Wir haben dann die Train-by-Demonstration-Funktion von Sawyer angewandt: Das heißt, wir haben Sawyer durch das bloße Führen des Roboterarms innerhalb von zehn Minuten eine komplett neue Aufgabe beigebracht.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie funktioniert das konkret? Lernt der Cobot durch Vormachen?

Wilke: Die Grundidee dahinter ist die folgende: Sawyer hat unterschiedliche Tasten an seinem Arm. Wenn eine Taste betätigt wird, kann man den Arm in den sogenannten Schwerelosigkeitsmodus, den ‚Zero-G Mode‘, versetzen. In diesem Modus ist es möglich, den Arm quasi wie schwerelos zu bewegen, da die Motoren das Gewicht des Arms aufheben. Nun kann man mit unterschiedlichen Tastenkombinationen sagen: ‚Ich möchte, dass du an dieser Stelle etwas aufhebst, den Greifer schließt und das Teil an einer anderen Stelle ablegst‘.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Gibt es über die eigentlichen Aufgaben hinaus einen Mehrwert, den der Cobot bietet – etwa eine Art Condition Monitoring?

Wilke: Momentan ist der Roboter noch nicht an die produktionsintere IT angeschlossen – daran arbeiten wir. Was wir mit dem Betriebssystem Intera 5.2 bereits können, ist die Anzeige der Leistungsdaten des Roboters. Wenn ein Kunde z.B. wissen möchte, wie viele Teile der Roboter verpackt hat, kann diese Information angezeigt werden. Wir können also die Anzahl der Picks und Places, die Dauer der Zykluszeit oder auch die Zeit, die Sawyer gebraucht hat, um ein Teil zu verpacken, zur Verfügung stellen. Kunden, die diese Funktion nutzen, sehen als nächsten Schritt die Bereitstellung von Daten in der Produktions-IT, um Data Analytics zu ermöglichen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Cobot und Mensch sollen zusammenarbeiten. Gibt es diesbezüglich Berührungsängste?

Wilke: Absolut. Es gibt eine gesunde Portion Neugier und in einigen Fällen eine gesunde Portion Skepsis bei den Mitarbeitern. Ein Roboter löst so eine Art Faszination aus und die Mitarbeiter sind neugierig auf die Technologie. Aber in manchen Fällen gibt es auch Ängste, etwa dass Roboter Arbeitsplätze wegnehmen. Fakt ist jedoch: Keiner unserer Kunden hat je einen Mitarbeiter aufgrund der Einführung eines Cobots entlassen. Zumal der Roboter auch unangenehme Aufgaben übernimmt, bei denen die Mitarbeiter froh sind, sie nicht mehr ausführen zu müssen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Was können wir denn in Zukunft noch von den Cobots erwarten?

Wilke: Das ist eine sehr gute Frage. Unser Unternehmen hat die Philosophie, dass wir uns sehr stark auf die Software fokussieren. Sawyers Betriebssystem bekommt durch regelmäßige Updates immer neue Funktionen hinzu. Ich denke, was wir in Zukunft erwarten können, ist, dass Cobots immer vielseitiger werden. Auf der anderen Seite sollten aber auch die Unternehmen ihrerseits den Schritt wagen und diese Technologie ausprobieren. Jedes Unternehmen sollte für sich herausfinden, welche Möglichkeiten ein Cobot bietet. Um den Erfolg ihres Cobot-Projekts sicherzustellen, beraten wir unsere Kunden intensiv von der ersten Sondierungsphase bis hin zur Inbetriebnahme.

Rethink Robotics, Inc.
www.rethinkrobotics.com/de

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