Kleinantriebe mit hoher Leistungsdichte für AMR
Flexible Transportsysteme für die Intralogistik
Im Zeitalter von Internet of Things und Industrie 4.0 spielt die Intralogistik eine wichtige Rolle. Für eine vollautomatisierte Produktion ab Losgröße eins müssen die richtigen Teile zur rechten Zeit zu den Fertigungsstationen transportiert werden. Mobile Roboterplattformen sind daher in den Lager- und Produktionshallen weltweit auf dem Vormarsch. Mittlerweile gibt es Lösungen, die sich ohne vorinstalliertes Leitsystem völlig autonom in den Industriehallen bewegen. Treibende Kraft sind robuste Kleinantriebe in den Radmodulen, die sich vor allem durch ihre hohe Leistungsdichte auszeichnen.
Das Nürnberger Startup Evocortex wurde im Jahre 2016 gegründet und hat ein neuartiges AMR-Konzept entwickelt, das für die Intralogistik neue Ansätze liefert. Geschäftsführer Hubert Bauer erklärt: „Herkömmliche AMR brauchen meist definierte Fahrwege und technische Veränderungen in den Prozessen. Zur Orientierung sind oft optische Markierungen nötig und Wege oder Kreuzungen müssen vorgegebenen Abmessungen und Kurvenradien entsprechen. Wir dagegen haben Transportroboter entwickelt, die sich den Bedürfnissen der Anwendung anpassen und nicht umgekehrt.“
Der Hallenboden als Landkarte
Die autonomen mobilen Roboter von Evocortex benötigen kein vorinstalliertes Leitsystem, sondern orientieren sich stattdessen an Unregelmäßigkeiten im Hallenboden. Diese sind selbst auf den glattesten Betonflächen zu finden und werden von der hochauflösenden Kamera an der Unterseite des Roboters registriert. Das von Evocortex entwickelte Localization Module (ELM) fertigt aus den Bilddaten dann quasi einen Fingerabdruck des Hallenbodens an. Dazu fährt der Roboter beim Einlernen den Hallenboden rasterförmig ab. Mit Hilfe komplexer Algorithmen entsteht aus einzelnen Punkten dann eine hochpräzise Landkarte. Die Steuerung erfasst zudem die Eigenbewegung des Fahrzeugs. Durch die Kombination der Daten kann sie es – auf einer theoretischen Fläche von 1km² – auf 1mm genau positionieren. Dafür genügen bereits drei identifizierte Punkte. Selbst wenn also 50 Prozent des Bodens mit Sägespänen abgedeckt wären, sorgt das ELM für eine präzise und genaue Navigation. Dauerhafte neue Kratzer im Boden werden in die Karte aufgenommen, verschwundene Merkmale nach einiger Zeit entfernt. Optional können die Transportroboter mit Lidar-Sensoren ausgestattet sein, um Hindernisse zu erkennen und Kollisionen zu vermeiden.
Flexible Räder für freie Beweglichkeit
Beim Fahren müssen die Transportroboter nicht wie ein Auto rangieren, sondern sie können aus dem Stand in jede beliebige Richtung fahren oder auf der Stelle drehen. Dafür sorgen ihre Mecanum-Räder. Anstelle einer geschlossenen Lauffläche sind hier auf der Felge tonnenförmige Rollen im Winkel von 45° zur Radachse befestigt. Sie können sich um ihre eigene schräge Lagerachse drehen. Form, Größe und Abstände der Rollen sind so gewählt, dass das Rad eine durchgehende Abrollfläche hat. Wenn sich das Mecanum-Rad dreht, entstehen zwei Kraftkomponenten, eine in Drehrichtung des gesamten Rades und eine im rechten Winkel dazu. Die resultierende Bewegungsrichtung liegt folglich dazwischen. Bei einem Fahrzeug mit vier Mecanum-Rädern sind die 45°-Winkel jeweils um 90° versetzt angeordnet. Jedes Rad strebt also in eine andere Richtung. Indem man Drehrichtung und Drehgeschwindigkeit der einzelnen Räder variiert, kann das Fahrzeug sich auf der horizontalen Ebene dann so frei und omnidirektional bewegen, als würde es schweben.