Robotergestützte Schleifzelle für Handmesser

Robotergestützte Schleifzelle für Handmesser

Auf Messers Schneide

In der Fleischverarbeitung sind perfekt geschliffene Handmesser eine entscheidende Voraussetzung. Um dies zu gewährleisten, hat der Systemintegrator Glaess Software & Automation für das Unternehmen Knecht Maschinenbau eine roboterbasierende Schleifanlage für Handmesser in der Fleischverarbeitung konzipiert. Sie ist in der Lage, die bisher eingesetzten Vierachsportale hinsichtlich Qualität und Flexibilität zu übertreffen.

In der vollautomatischen Messerschleifzelle E 59 RT kommt ein spritzwassergeschützter Humid-Environment-Sechsachser von Stäubli zum Einsatz, dem Schleifstaub und der Kontakt zu wässrigen Medien nichts anhaben können. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

In der vollautomatischen Messerschleifzelle E 59 RT kommt ein spritzwassergeschützter Humid-Environment-Sechsachser von Stäubli zum Einsatz, dem Schleifstaub und der Kontakt zu wässrigen Medien nichts anhaben können. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

Die Aufgabenstellung, mit der sich die Firma Knecht Maschinenbau an den Systemintegrator Glaess Software & Automation wandte, bestand in der Neukonzeptionierung einer roboterbasierenden Schleifanlage für Handmesser, die die bisher eingesetzten Vierachsportale hinsichtlich Qualität und Flexibilität übertreffen sollte. Nachdem sich das Konzept als realisierbar erwiesen hatte, stellte sich die Frage: Welcher Sechsachsroboter kann diese Aufgabe übernehmen? Jürgen Zeiner, technischer Geschäftsführer bei Glaess Software & Automation, nennt die zentralen Kriterien: „In dieser Anwendung benötigen wir einen Roboter mit sehr hoher Systemsteifigkeit, der eine sehr gute Bahntreue und Genauigkeit erreicht. Und weil es sich um einen Nassschleifprozess handelt, wird eine sehr hohe Schutzklasse gefordert.“ Diese Anforderungen erfüllt die TX2-Baureihe von Stäubli und mit dem sechsachsigen TX2-90 steht ein Modell bereit, das die nötigen Leistungsdaten, Traglasten und Reichweiten mitbringt.

Der Stäubli-Sechsachser TX2-90 ist mit einem Spezialgreifer für die sichere Messerführung ausgestattet. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

Der Stäubli-Sechsachser TX2-90 ist mit einem Spezialgreifer für die sichere Messerführung ausgestattet. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

Genaue Konturerfassung

Der von Glaess entwickelte Prozess, den Knecht mit der Maschinenbaureihe E 50 RT umgesetzt hat, startet mit der Konturerfassung: Der Roboter greift ein Messer aus dem Magazin und führt es in einer linearen Bewegung an einer Laser-Messstation vorbei. Die erfassten Positionsdaten werden parallel zum Prozess über einen synchronen Task an die SPS übergeben und dort zusammen mit den Messdaten des Sensors zwischengespeichert. Die Daten bilden das Fahrprofil für den Roboter. Dabei hat Glaess noch eine Feinheit verwirklicht, um die Genauigkeit der gemessenen Kontur weiter zu steigern. Zeiner erläutert: „Das letzte Stück der Klinge enthält die größte Winkeländerung. Hier reduzieren wir die Vorbeifahrgeschwindigkeit, um den Ist-Zustand sehr exakt zu erfassen und die ursprüngliche Messerform bei jedem Nachschliff zu erhalten.“

Schleifen mit hoher Wiederholgenauigkeit

Im zweiten Schritt führt der Roboter das Messer formgenau durch die Schleifkörper – mit einer Wiederholgenauigkeit von 0,03mm. Zeiner dazu: „Die generierten Konturinformationen werden als Tool Center Point entlang der Klinge verteilt.“ Um die Bahn bestmöglich abfahren zu können, verwenden die Glaess-Programmierer das Add-On-Programm Carried Parts, das im Stäubli-Programmiersprachen-Paket VAL3 enthalten ist. Das Tool ermöglicht es, die gesamte Bahn entlang eines definierten Arbeitspunktes auf dem Schleifband abzufahren.

Die vollautomatische Messerschleifzelle E 59 RT hat eine Leistung von bis zu 680 Handmessern pro Achtstundenschicht. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

Die vollautomatische Messerschleifzelle E 59 RT hat eine Leistung von bis zu 680 Handmessern pro Achtstundenschicht. (Bild: Stäubli Tec-Systems GmbH)

Entgraten, Polieren, Schärfeprüfung in einem Arbeitsgang

Seine endgültige Schärfe erhält das Messer beim nachfolgenden Entgraten und Polieren, das schnell und sehr schonend simultan von beiden Seiten erfolgt. Als Option kann der Anwender die E 50 RT mit einer (ebenfalls voll automatischen und robotergeführten) Station zur Schärfeprüfung bestellen. Dabei durchdringt das Messer ein Testmedium. Die gemessene Schärfe wird auf dem Display angezeigt. Sämtliche Prozesse werden nacheinander – ohne dass der Roboter das Messer ablegt – absolviert. Neben der sehr guten Wiederholgenauigkeit und der bei Schleifprozessen prinzipiell erforderlichen hohen Steifigkeit erweist sich bei dieser Applikation die Stäubli-typische Kapselung des Roboters als vorteilhaft. Für das Arbeiten unter Schleifstaub und Kühlmedium ist der TX2-90 in der Humid-Environment-Ausführung mit Schutzart IP65 und seinem innenliegenden Schlauchpaket sehr gut geeignet.

680 Handmesser pro Schicht

Die E 50 RT hat eine Leistung von bis zu 680 Handmessern pro Achtstundenschicht, je nach Messerform und Größe. Das ist – wegen der hohen Dynamik des Roboters – 1,5-fach schneller als die Vierachsmaschinen von Knecht. Das Messermagazin der Maschine besteht aus zwei Trommeln und bietet Platz für insgesamt 576 Messer. Es lässt sich während des Arbeitsprozesses bestücken, sodass keine Stillstandszeiten entstehen. Da jedes Messer vor dem Schleifprozess individuell vermessen wird, können die Magazine Messer unterschiedlicher Form und Größe enthalten. Wichtiger als der sehr hohe Durchsatz ist aus Sicht von Knecht und der Kundschaft aus der fleischverarbeitenden Industrie aber die hohe, reproduzierbare Qualität des Schleifprozesses. Zeiner erklärt: „Das Messer wird perfekt nachgeschliffen, ohne dabei seine individuelle Kontur zu verlieren.“ Das Ergebnis: Die Maschinen mit dem Sechsachsroboter als zentrales Handling-Werkzeug kommen im Markt bestens an. Bei Knecht sind daher schon weitere Anlagentypen in Planung, die ebenfalls mit Stäubli Robotern vollständig automatisiert sein werden.

Stäubli Tec-Systems GmbH
www.staubli.com

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