Das waren die 2. Expert Days on Robotic Material Removal bei Schunk

Besser bearbeiten!

Setzt man Roboter für das Entgraten, Schleifen oder Polieren ein, lassen sich unproduktive Nebenzeiten an der Maschine sinnvoll nutzen und Prozesszeiten reduzieren. So lautete eine der Kernbotschaften auf den 2. Expert Days on Robotic Material Removal bei Schunk. Die zweitägige Veranstaltung mit Vorträgen, Demonstratoren und viel Zeit für Networking zeigte darüber hinaus breit gefächert auf, welches Potenzial in der industriellen Fertigung durch die robotergestützte Bauteilbearbeitung zu heben ist.
Am 25. und 26. Oktober 2023 veranstaltete SCHUNK wieder die Expert Days: ein jährliches internationales und branchenübergreifendes Event rund um das Thema "Bearbeiten mit dem Roboter". Insgesamt 75 Teilnehmer, davon 12 Referenten, tauschten ihre Erfahrung
Am 25. und 26. Oktober 2023 veranstaltete Schunk wieder die Expert Days: ein jährliches internationales und branchenübergreifendes Event rund um das Thema Bearbeiten mit dem Roboter. Insgesamt 75 Teilnehmer, davon 12 Referenten, tauschten ihre Erfahrung aus. – Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

„Die große Zahl der Teilnehmer und die rege Diskussion auf der ersten Veranstaltung im Herbst 2022 haben gezeigt, wie wertvoll die richtigen Informationen und das Networking sind“, mit diesen Worten eröffnete Johannes Ketterer, COO/CSO bei Schunk, die zweite Ausgabe der Veranstaltung. Als Gastgeber präsentierte er das Programm der abwechslungsreichen zwei Tage, das drei wesentliche Aspekte kombinierte: ein hochkarätiges Vortragsprogramm, spannende Demonstratoren und Live-Anwendungen sowie ausreichend Raum für Gespräche und Diskussion. Zu den Expert Days hatten sich wieder rund 80 Teilnehmer aus Deutschland, Europa und sogar Übersee am Schunk-Standort in Hausen eingefunden, wo das Unternehmen nicht nur den Großteil seiner Greif- und Roboterlösungen fertigt, sondern auch eines seiner CoLabs betreibt. Das Spektrum der Referenten reichte von Anlagenbauern aus dem KMU-Bereich über Verbrauchsmittel-Hersteller bis zum Automobilbau.

Experten unter sich: Neben Best-Practice-Vorträgen gab es Gelegenheit, sich auszutauschen und für künftige Aufgaben zu vernetzen.
Neben Best-Practice-Vorträgen gab es Gelegenheit, sich auszutauschen und für künftige Aufgaben zu vernetzen. – Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

Gute Gründe für Roboter

So vielseitig wie die Einsatzmöglichkeiten sind auch die Gründe, sich mit roboterbasierten Bearbeitungsprozessen zu beschäftigen. Dazu zählen die großen Herausforderungen, denen die produzierende Industrie aktuell gegenübersteht: der demografische Wandel und fehlende Facharbeiter, steigende Lohnkosten, gestörte Lieferketten und der daraus resultierende Trend zu Reshoring bzw. Nearshoring, die zunehmende Digitalisierung und Datenerfassung in der Produktion sowie neue Technologien, die automatisierte Lösungen einfacher und attraktiver machen, z.B. Vision, Lasertechnik oder smarte Algorithmen.

Laut Johannes Ketterer beläuft sich das Marktsegment der abrasiven Anwendungen weltweit auf rund 17 Milliarden Euro. Davon ist bislang erst ein Zehntel automatisiert, was etwa 59.000 eingesetzten Robotern entspricht. Das jährliche Marktwachstum für Automation in diesem Bereich von 10 Prozent zeugt allerdings davon, dass sich das Bewusstsein für die Vorteile des Robotic Material Removal durchaus zügig entwickelt. Übernimmt ein Roboter das Schleifen, Entgraten oder Polieren, können Anwender eine gleichbleibend hohe Qualität sicherstellen, Prozesse stabiler aufsetzen oder beschleunigen sowie unergonomische oder gefährliche Tätigkeiten auf Werkerseite vermeiden. „Lasst uns diesen Markt gemeinsam gestalten“, so der Aufruf des Gastgebers. Erfolgsfaktoren dabei seien nicht nur der Aufbau von Knowhow und Erfahrung, sondern auch ein entsprechendes Netzwerk. „Und genau darauf haben wir die Expert Days ausgerichtet.“

Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

Steigende Nachfrage

Ab da übernahm Felix Eißele, Head of Product Sales im Bereich Robotic Material Removal bei Schunk, als Moderator und bestätigte das steigende Interesse auf Anwenderseite: „Die Lösungen für die robotergestützte Bauteilbearbeitung aus unserem R-Emendo-Programm waren z.B. auf Messen wie der Automatica oder der EMO stark nachgefragt.“ Auch das Feedback nach den ersten Expert Days 2022 sei sehr gut gewesen und habe bei Schunk für neue Inspiration, Ideen und Anwendungs-Knowhow gesorgt. Parallel hat Schunk sein Werkzeugangebot für Entgrat-, Schleif- und Polieranwendungen weiter ausgebaut.

Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

Geteilte Erfahrungen

Die Keynote steuerte Fritz Carlson bei, CEO der Firma Acme. Der US-amerikanische Anlagenbauer beschäftigt sich seit 1986 mit Roboterlösungen und ist mittlerweile auf Bearbeitungsprozesse spezialisiert. „Obwohl wir schon so lange im Geschäft sind, lernen wir täglich dazu“, zog Carlson Bilanz. Material Removement mit dem Roboter ist aus seiner Sicht alles andere als trivial. „Es gibt bei jeder Lösung viele individuelle Parameter zu berücksichtigen.“ Bislang ist Acme ausschließlich auf klassische Industrieroboter und komplexe Anwendungen ausgerichtet. Das Spektrum bereits realisierter Lösungen ist sehr breit und reicht von der Bearbeitung von Großbauteilen über das Finishing von Handwerkzeugen bis zur Herstellung von Kochtöpfen und Pfannen. Angesprochen auf Cobots gibt sich Carlson zurückhaltend: Die einzige bisher mit einer solchen Kinematik realisierte Anwendung habe man nach kurzer Zeit auf einen klassischen Industrieroboter umrüsten müssen. Allgemein sieht er verschiedene Schwierigkeiten: Die Kraft von Cobots reiche oft nicht aus, vor allem wenn größere elektrische Werkzeuge zur Bearbeitung eingesetzt werden sollen. Auch auf Seite der Geschwindigkeit könnten Cobots nicht mit klassischen Robotern mithalten. Last but not least sieht Carlson in den harten Umgebungsbedingungen keinen geeigneten Arbeitsbereich für Cobots. Pauschale Untauglichkeit für Bearbeitungsaufgaben spricht er dieser Robotergattung aber nicht zu: „Ich freue mich auf den Austausch und die Ideen der anderen Teilnehmer“, brachte er abschließend die Zielstellung der Expertentage auf den Punkt.

Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

Cobots in der Anwendung

In wie weit sich Cobots beim Robotic Material Removal einsetzen lassen, wurde anschließend nicht nur unter den Teilnehmern diskutiert, sondern auch von mehreren Referenten präsentiert. So betonte etwa Karl Ericsson, Chef der Firma SE Automation: „Unser Ziel ist es, die Möglichkeiten der kollaborativen Robotik zu erweitern.“ Auf diese Weise wolle man der Industrie helfen, langweilige, schmutzige und gefährliche Aufgaben zu automatisieren. Dabei schrecken Ericsson und sein Team auch von Schleif- und Finishing-Anwendungen zurück – stets angepasst auf die Zykluszeit des Roboters. Mittlerweile unterhält das Unternehmen sogar ein Robotics Grinding Lab mit dem Fokus auf Cobots.

Ein zweites Unternehmen, das auf den Expert Days über den Einsatz von Cobots referierte, ist Nordbo Robotics. Dessen Mimic Sander System – verfügbar für Roboter von Universal Robots, Nachi und Kuka – ist darauf ausgelegt, Schleifanwendungen ohne großen Aufwand und ohne Expertenwissen zu realisieren. Per Handführung oder ein Drahtlos-Device wird die Bahn geteacht. Lediglich Position und Winkel muss der Werker vorgeben. Die Kraft wird durch das Werkzeug von Schunk kontinuierlich beibehalten. Per Knopfdruck nimmt der Roboter dann seine Arbeit auf. Prozessparameter können bei Bedarf noch angepasst werden. Wie schnell sich auf diese Weise eine Anwendung erstellen lässt, davon konnten sich die Teilnehmer der Expert Days im Schunk-CoLab selbst überzeugen.

Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik

Smarte Software-Lösungen

Die beiden Vorträge zeigten: Wie so oft beim Thema Cobots, sind die skandinavischen Anbieter und Anwender auch bei Bearbeitungslösungen schon recht weit. Aber auch aus Deutschland kommen Produkte und Lösungen, die den Cobot-Markt prägen sollen. Neben Hardware, wie sie Schunk mit seinen E-R-Emendo-Werkzeugen anbietet, gibt es auch spannende Softwarelösungen. So zielt z.B. die Firma ArtiMinds auch in Richtung abrasiver Anwendungen. Um mit den Tools RPS und LAR ein möglichst komfortables und schnelles Engineering sowie eine transparente Prozessüberwachung durch Datenerfassung und Analyse zu ermöglichen, betreibt der Softwareanbieter im eigenen Lab intensive KI-Forschung. Gemeinsam mit dem Partner SHL hat ArtiMinds so etwa bereits Lösungen für das Schleifen und Entgraten von Bauteilen realisiert – unter Berücksichtigung der Schleifmittel- bzw. Verbrauchsmittel-Abnutzung. Auch das neue Support Feature für Laser Scanner schlägt im Sinne der Sensor Adaptive Robotics eine Brücke zur Oberflächenbearbeitung. Wie damit künftig ein Laser-geführtes Entgraten von weichen Materialien möglich sein soll, präsentierte ArtiMinds direkt vor Ort mit einer Demo-Anwendung.

Einblick in die Praxis

Ergänzend zu den vielen weiteren Vorträgen zu Bearbeitungslösungen, passenden Werkzeugen und Schleifmitteln, erfolgreich gelösten Applikationen oder sich abzeichnenden Herausforderungen, hatte Schunk auch sein CoLab am Standort Hausen für die Teilnehmer der Veranstaltung geöffnet. Dort werden normalerweise Ideen mit Kunden besprochen, deren Machbarkeit geprüft oder auch Schulungen abgehalten. Während der Expert Days lag der Fokus im CoLab hingegen auf dem Networking und vielen verschiedenen Demonstratoren. Neben den bereits erwähnten Anwendungen von ArtiMinds oder Nordbo stellte auch Schunk selbst eine spannende Zelle vor. Sie demonstriert, basierend auf einem GoFa-Cobot von ABB, wie flexibel und komplex roboterbasierte Bearbeitungsprozesse bereits sein können. In diesem Fall holt der Roboter einen Exzenterschleifer aus dem Magazin, nimmt ein neues Schleifmittel auf und bearbeitet anschließend die eine Seite eines Padelschlägers. Mit dem verbauten Schnellwechselsystem von Schunk ist der Switch auf den Greifer einfach und schnell möglich, so dass der Roboter den Schläger wenden kann. Anschließend wird die zweite Seite geschliffen.

Aus der Redaktion: von Mathis Bayerdörfer
Chefredakteur ROBOTIK UND PRODUKTION. Egal wie gut es sich im Text versteckt: Kein doppeltes Leerzeichen ist vor ihm sicher.

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