Vierbeinige Inspektionsroboter und fotorealistische digitale Zwillinge

Ein eingespieltes Team

Die vollständige Integration autonomer Roboter in den Arbeitsalltag stellt eine sehr spezifische Herausforderung dar. Deshalb haben Framence, ein Anbieter fotorealistischer digitaler Zwillinge, und das Team des Schweizer Roboterherstellers AnyBotics ihre Lösungen im Rahmen eines Pilotprojekts kombiniert. Durch die Zusammenarbeit entstand für die Steuerung des Inspektionsroboters AnyMal eine intuitivere Benutzeroberfläche, die auf den fotorealistischen digitalen Zwillingen von Framence basiert. Auch ungeschulte Anwender sind so in der Lage, dem Roboter Inspektionsmissionen zu erteilen und auf die Ergebnisse zuzugreifen.
Framence und AnyBotics haben mithilfe fotorealistischer digitaler Zwillinge 
eine intuitivere Benutzeroberfläche für einen mobilen Inspektionsroboter entwickelt.
Framence und AnyBotics haben mithilfe fotorealistischer digitaler Zwillinge eine intuitivere Benutzeroberfläche für einen mobilen Inspektionsroboter entwickelt.Bild: Framence GmbH

Derzeit werden autonome Roboter mit den Benutzeroberflächen der Hersteller gesteuert. Um eine stärker integrierte Steuerung des autonomen Roboters zu gewährleisten, kann die Digitale-Zwillings-Software von Framence eingesetzt werden. Das Unternehmen hat ein Verfahren zur Erstellung von digitalen Zwillingen entwickelt, die die Realität fotorealistisch abbilden – die Umgebung ähnelt Google Street View. Aus einfachen Fotos, die mittels einer Digitalkamera gemacht werden, entsteht ein maßhaltiger, fotorealistischer digitaler Zwilling der Gesamtumgebung einer Produktionsstätte. Eine 3D-Nachmodellierung ist nicht notwendig. Da die Software herstelleragnostisch ist, können Informationen aus Fremdsystemen, wie z.B. Dashboards, Anleitungen und Videos, aber auch Inspektionsdaten von Robotern, in den fotorealistischen Zwilling eingebunden und an der jeweiligen Anlage angezeigt werden. Dem fotorealistischen Modell steht ein 3D-Koordinatensystem zugrunde, das dem Zwilling seine Maßhaltigkeit verleiht und die präzise Verortung von Informationen erlaubt. Die Anzeige solcher Daten im System funktioniert hier oft über sogenannte Points-of-Information (PoI), die als Punkt mit eindeutiger 3D-Position im Koordinatensystem an der entsprechenden Anlage im Framence-Zwilling platziert werden.

Aus einfachen Fotos, die mittels einer Digitalkamera gemacht werden, entsteht ein maßhaltiger, fotorealistischer digitaler Zwilling der Gesamtumgebung einer Produktionsstätte.
Aus einfachen Fotos, die mittels einer Digitalkamera gemacht werden, entsteht ein maßhaltiger, fotorealistischer digitaler Zwilling der Gesamtumgebung einer Produktionsstätte.Bild: Framence GmbH

Inspektionen per Roboter

Der vierbeinige Roboter zeichnet sich insbesondere durch seine KI-unterstützte Mobilität aus, die ihm die autonome Durchführung von Inspektionsaufgaben in anspruchsvollen Umgebungen ermöglicht. Mit seinen vier Beinen bewegt sich AnyMal über unbekanntes, unebenes Terrain und erklimmt sogar Treppen mit bis zu 45° Steigung. Mit seinem robusten Design, Aufprallschutz und Staub- und Wasserdichtigkeit eignet sich der Roboter für industrielle Umgebungen.

Während seiner Inspektionsmissionen nutzt der Roboter hochauflösende Sensoren und maschinelles Lernen, um genaue und teilweise bereits analysierte Echtzeitdaten zu liefern. Diese Daten können nahtlos über die AnyBotics-API in Drittsysteme integriert werden, was eine effiziente Integration in bestehende Infrastrukturen ermöglicht. Die Standardausrüstung umfasst eine 4K-Zoom-Kamera, eine Wärmebildkamera, ein Ultraschallmikrofon und einen Scheinwerfer. Diese Sensorik ermöglicht eine breite Palette von Inspektionsanwendungen, angefangen bei visuellen Aufnahmen bis hin zur Erkennung von Temperaturabweichungen und akustischen Signalen. Für die Datenübertragung verfügt der 55kg schwere Roboter über ein integriertes Wi-Fi- und LTE-Modul. Der Roboter kann pro Akkuladung 90 bis 120min lang im Werk Inspektionen durchführen und anschließend autonom zu seiner Ladestation zurückkehren. Die lange Akkulaufzeit und die Fähigkeit, Treppen hoch- und runterzusteigen, erlauben dem Roboter auch Großanlagen und ganze Gebäudekomplexe, die über Brücken miteinander verbunden sind, zu inspizieren.

Missionsablauf von Maßnahmen

Über den fotorealistischen digitalen Zwilling von Framence können Anwender Inspektionsbefehle direkt an den vierbeinigen Roboter senden – das können z.B. Inspektionen einzelner Anlagen sein, die sich mit einem Klick ausführen lassen. So können Anwender kritische Situationen prüfen, ohne dafür sich selbst in Gefahr zu bringen. Komplexe Missionen können aus einer Vielzahl einzelner Inspektionen im fotorealistischen Modell im Voraus geplant, gespeichert und sowohl ad-hoc als auch zyklisch ausgeführt werden.

Um durch die Produktionsstätte zu navigieren, greift der Roboter auf eine aus einer Punktwolke generierten 3D-Karte der Umgebung zurück. Diese Karte ist mit dem in Framence integrierten 3D-Koordinartensystem verknüpft: Die Weltansicht des Roboters ist dadurch direkt mit dem fotorealistischen Modell gekoppelt. Indem der Anwender auf das zu inspizierende Asset im fotorealistischen digitalen Zwilling klickt, kann er dem Roboter Missionen zuteilen. So wird ein PoI generiert, der dem vierbeinigen Roboter Inspektionsort und -art vorgibt. Um anschließend selbstständig zum definierten Inspektionsbereich zu navigieren, scannt AnyMal seine Umgebung mit einem integrierten Lidar-Sensor. Der Roboter erfasst die lokale Punktwolke der Umgebung, in der er sich gerade befindet, und vergleicht diese mit der internen 3D-Map.

Wenn auf den vorgesehenen Inspektionsrouten eine stabile Internetverbindung verfügbar ist, haben Anwender die Möglichkeit, den Fortschritt und die Ergebnisse der Inspektion in Echtzeit zu überwachen. Andernfalls speichert der vierbeinige Roboter die Ergebnisse und überträgt sie an den Framence-Zwilling, sobald er eine Internetverbindung herstellen kann – z.B. im Bereich der Ladestation.

Die Ergebnisse der einzelnen Inspektionen werden automatisch mithilfe der PoI direkt mit dem entsprechenden Asset im fotorealistischen Zwilling verknüpft. Darüber hinaus steht ein Missions-Tool zur Verfügung, das alle Abläufe und Ergebnisse zusammenfasst. Das gesamte System kann um zusätzliche Logik und Intelligenz erweitert werden, um die Inspektionsergebnisse nicht nur zu speichern, sondern auch zu analysieren und zu interpretieren. Auf diese Weise können z.B. Warnmeldungen konfiguriert werden, falls erfasste Werte von der Norm abweichen sollten. Die Verbundlösung wurde bereits erfolgreich getestet.

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