Künstliche Intelligenz und Machine Learning

KI- und Egde-Lösungen für Roboter

Bislang folgten Industrieroboter strickt vorgegebenen Bewegungsabläufen. Doch inzwischen kann KI die Kinematiken flexibler, effizienter und zuverlässiger machen. Vor allem im Zusammenspiel mit einem digitalen Zwilling, der die gesamte Produktionsumgebung abbildet, ergibt sich erhebliches Verbesserungspotenzial.
Durch den Einsatz von KI können Industrieroboter 
ihre Aufgaben schneller und genauer erledigen.
Durch den Einsatz von KI können Industrieroboter ihre Aufgaben schneller und genauer erledigen. Bild: ©Monty Rakusen/gettyimages.de

Mit künstlicher Intelligenz kann man Robotern das Sehen beibringen und sie auf Situationen vorbereiten, die vom Standardablauf abweichen. Kameras dienen dabei als Augen und erfassen Bildinformationen, die sich inzwischen sehr gut auswerten lassen. Waren früher nur einfache Bildvergleiche möglich, können heute unter anderem umgefallene und falsche Teile oder auch Menschen identifiziert werden, die versehentlich den Arbeitsbereich eines Roboters betreten. Das setzt zwar umfangreiche Trainingsdaten und viel Rechenleistung voraus. Doch die trainierten KI-Modelle erlauben dann schnelle Entscheidungen und eine Anpassung der Bewegungen des Roboters. Er kann umgefallene Teile wieder aufrichten, falsche Teile aussortieren oder seine Arbeit unterbrechen, wenn ihm ein Mensch zu nahekommt.

Moderne Edge-Infrastrukturen

In der Regel sitzt die Intelligenz nicht im Roboter selbst, da es sehr aufwendig und teuer wäre, alle Roboter mit der benötigten Hardware auszustatten. Stattdessen kommen leistungsstarke Server als eine Art externes Gehirn zum Einsatz. Damit das verzögerungsfrei geschieht und Roboter in Echtzeit reagieren können, stehen die Server üblicherweise in der Nähe der Fertigung – am sogenannten Edge. Zudem sind sie über modernen Netzwerktechnik mit den Robotern verbunden, die eine geringe Latenz bietet. Letztlich sind leistungsstarke digitale Edge-Infrastrukturen damit einer der Schlüssel für die Nutzung von KI in der Produktion. Mit den schnellen Fortschritten, die die KI-Entwicklung derzeit macht, sind auch Roboter nicht mehr weit entfernt, die ohne spezielles Training auf bestimmte Objekte auskommen. Erkennen KI-Algorithmen ein unbekanntes Teil auf dem Band, könnten sie anhand von Bildern im Internet ermitteln, um was es sich handelt, und die Reaktionen entsprechend anpassen. So ist sichergestellt, dass das Teil vorsichtig entfernt und nicht durch ein zu festes Zupacken beschädigt wird.

Neben dem Bildmaterial von Kameras können KI-Algorithmen weitere Daten auswerten, die ihnen Sensoren liefern – z.B. für die Wartung der Roboter. Statt sie nach einer festen Anzahl von Betriebsstunden zu warten oder erst zu reparieren, wenn ein Defekt auftritt, können Algorithmen den Verschleiß und mögliche Ausfälle vorhersagen. Je vielfältiger die Datenbasis ist und je länger sie zurückreicht, desto genauere Prognosen sind möglich. Darüber hinaus vermögen die Algorithmen aber auch unvorhersehbare Ereignisse zu erkennen, etwa ungewohnte Geräusche in einem Getriebe, plötzliche Vibrationen bei einem Motor oder den Druckabfall in einem Hydraulikschlauch, die einen baldigen Defekt ankündigen. Das erlaubt Unternehmen, Wartungszyklen anzupassen und Roboter gezielt zu reparieren, wenn es notwendig ist.

Risikolose Experimente

Nun besteht eine Produktionsstraße nicht nur aus Robotern, sondern ist ein komplexes Gebilde aus Maschinen und Geräten, die unter bestimmten Umgebungsbedingungen arbeiten. Deshalb ist es sinnvoll, die Datenerfassung auf die gesamte Umgebung auszudehnen und Betriebsdaten anderer Systeme sowie Umgebungsdaten wie Temperaturen und Luftfeuchtigkeit zu sammeln. Auch hier können KI-Algorithmen Muster und Abweichungen erkennen und dabei helfen, Produktionsstörungen zu vermeiden. Das eigentliche Potenzial steckt jedoch darin, mit all den Daten ein virtuelles Abbild der Produktionsumgebung aufzubauen.

Mit diesem digitalen Zwilling und KI können Unternehmen umfangreiche Simulationen durchführen, um herauszufinden, wie sich die Veränderung einzelner Parameter auf die Produktion auswirken – ohne dass die Fertigung davon beeinträchtigt wird. So lässt sich z.B. risikolos erproben, wie eine höhere Temperatur die Fertigungsqualität oder den Verschleiß der Roboter beeinflusst. Oder ob eine kleine Positionsveränderung von Robotern womöglich die Bahn verkürzt. Die KI spielt dabei viele unterschiedliche Szenarien durch und berücksichtigt alle Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Systemen. Auf diese Weise kann sie Unternehmen dabei unterstützen, eine Fertigung auf verschiedene Ziele wie Produktionsqualität, Kosteneffizienz, Geschwindigkeit oder Nachhaltigkeit hin zu verbessern – oder auf eine gute Balance aus diesen Zielen hin.

Aktuell verursachen die Simulationen und das anschließende Anpassen der Roboterprogrammierung noch einen größeren Entwicklungsaufwand – auch weil die verschiedenen Roboterhersteller in aller Regel eine eigene Steuerlogik verwenden. Die neuesten Entwicklungen bei NTT ermöglichen bereits die direkte Steuerung von Robotern in Echtzeit aus dem digitalen Zwilling heraus. Es ist zudem wahrscheinlich, das generative KI den Aufwand künftig weiter reduziert und in Form von Text oder Sprache erhaltene Anweisungen in die richtigen Befehle umsetzt.

Kontinuierliche Verbesserung

Darüber hinaus lässt sich mit KI simulieren, wie sich Veränderungen am Roboter – etwa der Einsatz eines größeren Greifers oder eines Greifers mit mehr Fingern – auf die Produktion auswirken. Unternehmen müssen nicht erst aufwendig einen neuen Greifer konstruieren, bauen und testen, sondern können alles detailliert in der virtuellen Welt ausprobieren. Selbst neue Produktionsstraßen oder ein ganzes Werk lässt sich mit KI-Unterstützung bis ins letzte Detail planen. Arbeiten alle Gewerke digital zusammen, könnten Industrieunternehmen sogar vorab ermitteln, wie sehr die durch ein Oberlicht einfallende Sonneneinstrahlung das Öl im Getriebe eines Roboters oder die Werkstücke aufheizt und sich damit auf die Produktionsqualität auswirkt. Noch ist das Zukunftsmusik, doch es zeigt, welches Potenzial in KI steckt, um Produktionsumgebungen auf ein völlig neues Level zu heben.

NTT DATA

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