Automatisierte Vormaterialversorgung für Maschinenteile

Automatisierte Vormaterialversorgung für Maschinenteile

Spürbare Verkehrsentlastung

Am Stammsitz von Engel stieß der Transport von Rohteilen mit bemannten Staplern angesichts beengter Gänge an Grenzen. Zudem wollte der Kunststoff-Spritzgussmaschinenbauer seine Mitarbeiter für anspruchsvollere Arbeiten einsetzen. Deshalb wurde der Vormaterialtransporter jetzt teilweise auf intelligente Roboter umgestellt. Sie führen im Dreischichtbetrieb zusätzlich 100 Transportaufträge pro Woche durch.

BU? (Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann)

Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann

Die spanabhebende Bearbeitung von Strukturteilen findet bei Engel in Schwertberg auf einem Maschinenpark mit mehr als 30 Bearbeitungszentren statt. Das Vormaterial für die Dreh- und Frästeile mit Durchmessern bis 520mm kommt aus einem voll automatisierten Stangenlager mit fünf Sägestationen. Dort entstehen auftragsbezogen Rohlinge, die dann zu den Bearbeitungsmaschinen geliefert werden. Um die Abläufe effizient zu halten, werden sie oft in einem Pufferlager zwischengelagert. Die dabei zurückgelegten Transportwege in der Halle sind mehrere hundert Meter lang und wurden in der Vergangenheit ausschließlich per Gabelstapler zurückgelegt. Um die bestehende Mannschaft zu entlasten, startete der Maschinenbauer ein Pilotprojekt mit einem fahrerlosen Transportsystem (FTS).

Das fahrerlose Transportsystem musste sich der vorhandenen Infrastruktur anpassen. (Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann)

Das fahrerlose Transportsystem musste sich der vorhandenen Infrastruktur anpassen. (Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann)

Vielseitige Lösung gefragt

„Wir suchten eine Lösung, die sämtliche Anforderungen als Gesamtsystem erfüllt“, erklärt Christoph Moser, Leiter Intralogistik bei Engel. „Dazu gehörte neben dem Paletten- und Kleinteiletransport auch die Integration von Sonderlösungen.“ Das schränkte das Feld der Anbieter bereits zu Beginn des Auswahlverfahrens erheblich ein. Nur wenige konnten komplexe Systeme mit gemischten Fahrzeugtypen und Navigationsverfahren anbieten. Aus der Evaluierung ging der FTS-Hersteller DS Automotion aus Linz als Sieger hervor. „Den Ausschlag gab neben dem schlüssigen Gesamtkonzept die Fähigkeit des Herstellers, Lösungen sehr weit an Kundenerfordernisse anzupassen“, erinnert sich Moser. Auch die 35-jährige Erfahrung im FTS-Bereich sei ein Kriterium gewesen. Die Entscheidung fiel aber erst nach der Installation einer Testanlage mit dem Kleinlasten-FTS Sally. Auf einem mehr als 150m langen Kurs bringt es hauptsächlich Werkzeuge und Messmittel zu den Bearbeitungszentren. Der Implementierungsaufwand war gering, denn die Leitsteuerungssoftware DS Navios wurde auf bestehender Server-Infrastruktur bei Engel installiert. Sally kommt aufgrund der konturbasierten Navigation zudem ohne Installationen entlang der Strecke aus. „Dieser Zwischenschritt gab uns die Gelegenheit, die Leitsteuerungssoftware kennenzulernen und organisatorische Erkenntnisse zu gewinnen“, so Moser. „Zudem konnten sich die Mitarbeiter langsam an selbstfahrende Fahrzeuge gewöhnen.“

Die FTS-Typen Amadeus und Sally navigieren bei Engel im selben System. (Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann)

Die FTS-Typen Amadeus und Sally navigieren bei Engel im selben System. (Bild: DS Automation GmbH/Nik Fleischmann)

Mannloser Hochhubstapler

Ein wichtiger Teil des Gesamtpaketes war das fahrerlose Fahrzeug für den Transport der Rohlinge zu den Dreh- bzw. Fräsbearbeitungszentren. Der Transport erfolgt in Wannenpaletten mit bis zu 1,5t Bruttogewicht. Das Zwischenlagern der Rohlinge ist in einem Pufferregal bis rund 3m Hubhöhe erforderlich. Zum Einsatz kommt deshalb der frei navigierende Hochhub-Stapler Amadeus. Er gehört zu einer neuen Generation von für den fahrerlosen Betrieb konzipierten Serienfahrzeugen und wurde komplett bei DS Automotion entwickelt und produziert. Durch die kompakte Bauform sowie die exzellente Spurtreue kann der Stapler die vorhandenen Transportwege bei Engel uneingeschränkt nutzen. „Er kann sogar einen Gang nutzen, der wegen seiner geringen Breite für den Verkehr mit bemannten Staplern gesperrt ist“, erläutert Moser. Für den innerbetrieblichen Transport nutzt Amadeus die Lasernavigation. Reflektoren entlang der Gänge sorgen für hohe Positioniergenauigkeit. Das Fahrzeug weist zudem die volle Kompatibilität mit allen frei navigierenden Systemen von DS Automotion auf, so dass für den Rohteiletransport keine eigene Leitsteuerung nötig ist, sondern nur die bestehende Installation von DS Navios erweitert wurde. Dadurch gelang die Integration der beiden Teilsysteme ohne weiteren Aufwand. Im Gesamtsystem können die FTS beider Typen – Amadeus und Sally – Streckenabschnitte kollisionsfrei miteinander nutzen. Darüber hinaus ist das System einfach zu administrieren und offen für Erweiterungen.

Akzeptanz durch Sicherheit

Um für hohe Akzeptanz in den Betrieben zu sorgen, standen Sicherheit und klare Kommunikation bei der Entwicklung von Amadeus klar im Fokus. Die verbauten Sensoren für die Personensicherheit arbeiten ohne blinden Fleck mit ungehinderter Rundumsicht. Ein farbiges Bodenlicht vermittelt Zustandsinformationen auf einen Blick. Zudem kann das FTS per Sprachausgabe Hinweise geben, etwa dann, wenn Hindernisse zu lange seinen Weg blockieren. Nach anfänglicher Skepsis haben sich die Mitarbeiter bei Engel an das Fahrzeug und an sein berechenbares Verhalten gewöhnt. Das System wurde innerhalb weniger Tage in Betrieb genommen und läuft seither ohne technische Probleme. Noch transportiert nur ein Amadeus-FTS die Rohlinge zu den Bearbeitungszentrum und kehrt leer zum Rohmateriallager zurück. Aber es gibt bei Engel schon konkrete Pläne, das System auf verschiedene Weise auszubauen. „Wir denken daran, das System um zusätzliche Fahrzeuge zu erweitern und mehr Maschinen mit Rohteilen zu versorgen“, blickt Moser voraus. „Zusätzlich ist angedacht, die gefertigten Teile zur Weiterverarbeitung zu verbringen.“ Langfristig sei eine Umstellung des gesamten innerbetrieblichen Warentransportes auf fahrerlose Systeme denkbar.

DS AUTOMATION GmbH
www.dsautomation.de

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: ©Fröhlich Max (LVT)/Liebherr-Verzahntechnik GmbH
Bild: ©Fröhlich Max (LVT)/Liebherr-Verzahntechnik GmbH
Vorabsimulation per digitalem Zwilling

Vorabsimulation per digitalem Zwilling

Die virtuelle Inbetriebnahme einer Palettierzelle mit automatischer Beladung einer Wälzschälmaschine per Roboter von Liebherr-Verzahntechnik konnte die Projektdauer bei einem Getriebehersteller signifikant verkürzen. Die Vorabsimulation per digitalem Zwilling sparte bei der realen Inbetriebnahme Zeit und Kosten und sorgte für Planungssicherheit zum Produktionsstart.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Wenn das FTS mit dem Roboter…

Wenn das FTS mit dem Roboter…

Autonome mobile Roboter und kollaborierende Knickarmroboter sind zwei Evergreens im Robotik-Trendkarussell. Relativ neu ist allerdings die Möglichkeit beide Helferlein zu kombinieren. Der autonome mobile Roboter erweitert den Arbeitsbereich des Cobots oder auch eines größeren Roboters enorm und macht ihn mobil. Das bietet neue Möglichkeiten z.B. bei der Maschinenbe- und entladung, beim Werkstück- und Materialtransport oder in der Qualitätsinspektion.

Bild: Fronius International GmbH
Bild: Fronius International GmbH
Hohe Bauteilvielfalt

Hohe Bauteilvielfalt

Das österreichische Unternehmen Anton Paar fertigt Messgeräte für vielerlei Branchen. Da zunehmender
Fachkräftemangel und permanent steigende Stückzahlen intelligente Produktionslösungen erfordern, investierte das Unternehmen in eine Roboterschweißzelle von Fronius. Mit der Zelle ist es möglich, einen kompletten Schweißauftrag in einem Zug abzuwickeln, auch wenn eine Charge mehrere unterschiedliche Objekte umfasst.

Bild: SMW-electronics GmbH
Bild: SMW-electronics GmbH
Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Kontaktlose Übertragung von Energie und Signalen durch induktive Koppelsysteme von SMW-Electronics

Eine wesentliche Rolle auf dem Weg zur digitalen Fabrik spielt smarte Konnektivität. Zur kontaktlosen Übertragung von Energie und Signalen für die Anbindung von Sensoren und Aktoren hat SMW-Electronics induktive Koppelsysteme entwickelt. In den unterschiedlichen Bauformen können sie nicht nur zusätzlichen Nutzen ausspielen, sondern ermöglichen auch ganz neuartige Anwendungen. Endlos rotierende Robotergreifer sind nur ein Beispiel.