Trendumfrage zur SRCI-Schnittstelle

Die lang erwartete Lösung?

Die neue SRCI-Schnittstelle soll SPSen und Roboter-Controller verbinden, um Anwendern eine einfachere Programmierung von Robotikfunktionen im gewohnten SPS-Umfeld zu ermöglichen. In der aktuellen Trendumfrage hat ROBOTIK UND PRODUKTION nachgefragt, wie Roboterhersteller und Automatisierer das Potenzial dieser Schnittstelle einschätzen, ob sie diese bereits integriert haben und welche Rückmeldungen sie dazu erhalten. Es antworteten Experten von Beckhoff, Kuka, Siemens, Stäubli und Yaskawa.

Wie bewerten Sie das Potenzial der SRCI-Schnittstelle?

Klaus Bernzen, Beckhoff: Beckhoff-Kunden verwenden bereits Schnittstellen, wie z.B. Twincat 3 Robotics mxAutomation oder uniVAL PLC, um einen Standardroboter anzusteuern. Hier den nächsten Schritt zu gehen und eine SPS-Bibliothek für viele verschiedene Roboterhersteller anzubieten, ist nur konsequent und stellt für den Anwender einen großen Mehrwert dar. Er kann auf diese Weise mit dem gleichen SPS-Code verschiedene Robotermarken direkt einbinden. Mit unserem modularen Industrieroboterbaukasten Atro erfüllen wir zukünftig auch die Anforderung, den Roboter an eine externe SPS anzubinden. Als Beckhoff betrachten wir also sowohl die SPS-Steuerungsseite, in der wir einen Roboter einbinden möchten, als auch den umgekehrten Fall.

Christina Heckl, Kuka
Christina Heckl, Kuka – Bild: Kuka AG

Christina Heckl, Kuka: Tatsächlich würde ich das Potenzial für die SRCI-Schnittstelle als sehr hoch einschätzen. Mit der Schnittstelle profitieren wir als Roboterhersteller davon, dass wir damit auch all die ansprechen können, die Profis in der SPS-Programmierung, aber keine Profis in der Roboterprogrammierung sind. Tatsächlich beobachten wir auch genau da eine verstärkte Nachfrage unserer Kunden. Immer mehr Endanwender, aber auch Integratoren interessieren sich für so eine Lösung. Hier spielt auch das Thema Easy-to-Use eine Rolle. Viele fragen mittlerweile nach einem einfachen Einstieg in die Automatisierung. SRCI kann die Einstiegshürde senken – vor allem auch im Hinblick auf kleine und mittelständische Unternehmen, die aktuell kaum auf roboterbasierte Automatisierung setzen. Die SRCI-Schnittstelle wird der gesamten Industrie den Zugang zu neuen Märkten öffnen.

Die SRCI-Schnittstelle wird der gesamten Industrie den Zugang zu neuen Märkten öffnen.

Christina Heckl, Kuka

Günes Bilgen, Siemens: SRCI ist die erste und lang erwartete einheitliche, standardisierte Befehlsschnittstelle zur Programmierung und Bedienung von Robotern. Die Initiative zur Definition der SRCI basierte u.a. auf intensiver Marktforschung der beteiligten Unternehmen. Daher betone ich, dass der Bedarf an einer solchen Schnittstelle bereits im Jahr 2018 sehr konkret war und immer noch groß ist. Die SRCI löst einen großen Engpass im Wachstum des Robotermarktes: Denn die verfügbaren Roboterexperten sind rar gesät, sowohl für die Programmierung als auch für den Betrieb und die Wartung. Wir glauben, dass das Potenzial für Produkte und Lösungen auf der Grundlage von SRCI real und attraktiv ist.

Günter Heinendirk, Stäubli
Günter Heinendirk, StäubliBild: Stäubli Tec-Systems GmbH

Günter Heinendirk, Stäubli: Das Potenzial dieser Schnittstelle ist beachtlich, da sie die Programmierung von Industrierobotern über Speicherprogrammierbare Steuerungen erlaubt. Die SRCI-Schnittstelle versetzt damit einen großen Anwenderkreis, nämlich alle SPS-Programmierer, in die Lage, Roboter ohne spezielle Hochsprachenkenntnisse in ihrem gewohnten Umfeld zu programmieren. Bei dem vorherrschenden Fachkräftemangel – Roboterprogrammierer sind echte Mangelware – kann diese Schnittstelle dazu beitragen, die schwierige Personalsituation zu entspannen.

Bei dem vorherrschenden Fachkräftemangel an Roboterprogrammierern kann die SRCI-Schnittstelle dazu beitragen, die Situation zu entspannen.

Günter Heinendirk, Stäubli

Bertus de Groot, Yaskawa: Die SRCI-Spezifikation ist sehr umfangreich und bietet damit ein sehr großes Potenzial. Bei ihrer Entwicklung im SRCI-Arbeitskreis stand immer im Vordergrund, dass kein Anwendungsfall ausgeschlossen werden darf. Denn es bringt dem Maschinenbauer natürlich nichts, wenn er diese Schnittstelle nur für 90 Prozent seiner Projekte einsetzen kann. Das hat dazu geführt, dass es drei verschiedene SRCI-Profile gibt, die eine große Anzahl an Funktionen für das gesamte Anwendungsspektrum enthalten – von ganz einfachen bis hin zu absoluten High-end-Anwendungen.

Haben Sie diese Schnittstelle bereits in Ihrem Portfolio integriert? Welche Roadmap verfolgen Sie diesbezüglich?

Heckl, Kuka: Wir haben mit Kuka.PLC mxAutomation bereits seit vielen Jahren eine universelle PLCopen zertifizierte SPS-Schnittstelle. Mit ihr ist es möglich, alle wichtigen Roboterfunktionen direkt in der gewohnten Steuerungsumgebung zu programmieren und zu bedienen. Diesen Bedarf haben wir früh erkannt. Dass wir jetzt den Schritt hin zur SRCI-Schnittstelle gehen, ist für uns selbstverständlich. Wir sind auch Teil des Gremiums. Ohne Standards funktioniert es nicht, Automatisierung für eine breite Masse einfach zugänglich zu machen – egal, welchen Robotertyp man am Ende nutzen möchte. In der neuen Version der Kuka.PLC mxAutomation, die wir in den kommenden Monaten auf den Markt bringen, ist dann auch die SRCI-Schnittstelle enthalten.

Klaus Bernzen, Beckhoff
Klaus Bernzen, Beckhoff – Bild: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

De Groot, Yaskawa: Yaskawa Europe hat das Potential von SRCI früh erkannt und sich deshalb dafür entschieden, einen SRCI-Interpreter in die Yaskawa-Robotersteuerung YRC1000 zu implementieren. Das erste Release brachte Yaskawa im Sommer 2023 zur Automatica heraus. Inzwischen sind die ersten Kundenanlagen bereits im Betrieb. Aber damit hört die Entwicklung natürlich nicht auf. Unser Fokus liegt jetzt einerseits auf der Unterstützung von weiteren Robotermodellen – wie z.B. den Cobots der HC-Serie und den neuen Motoman-HD-Robotern für Reinraum-, Food- und Pharma-Anwendungen – und von weiteren Robotersteuerungen, wie der YRC1000Micro. Anderseits entwickeln wir weitere SRCI-Funktionen, wie z.B. das Conveyor Tracking.

Für viele Maschinenbauer ist es wichtig, auch in der Wahl des Feldbusses Flexibilität zu erhalten und dementsprechend SRCI auch über EtherCat nutzen zu können.

Klaus Bernzen, Beckhoff Automation

Bernzen, Beckhoff: Wir verfolgen bereits sehr lang die Strategie, einen Roboter aus der SPS heraus zu steuern. Hierfür wurden verschiedene Anbindungen umgesetzt: Wir können bei Bedarf mit unserer Steuerung Twincat die komplette Profilgenerierung und Transformation rechnen. Ebenso lassen sich durch die Einbindung einer SPS Library, wie mxAutomation und uniVAL PLC, Bewegungskommandos aus Twincat an die Robotersteuerung senden. Angestoßen durch SRCI arbeitet die PLCopen derzeit an einer Überarbeitung der Spezifikation Part 4 – Coordinated Motion. Das ist für unsere Kunden im Bereich der Robotik eine sehr wichtige Spezifikation und wir planen die Umsetzung der SRCI-Schnittstelle im Rahmen dieser Überarbeitung. Dabei beschreibt SRCI die Kommunikation zwischen Robotersteuerung und SPS. Übergeordnet kommen die PLCopen-Bausteine zum Einsatz.

Heinendirk, Stäubli: Stäubli hat schon im Jahr 2015 mit der Software uniVAL plc eine Lösung als Serienprodukt zur Verfügung gestellt. Als nächster Schritt folgte die Roboterprogrammierung mittels Plug&Play im Siemens TIA Portal. Mithilfe dieser optional verfügbaren Kommunikationsschnittstelle können Anwender Stäubli-Roboter ohne herstellerspezifische Hochsprachenkenntnisse in ihrer Umgebung programmieren.

Bilgen, Siemens: Siemens war der erste SPS-Hersteller am Markt, der eine auf SRCI basierende Bibliothek für die eigenen SPS-Programmierer auf den Markt gebracht hat – die Simatic Robot Library (SRL). Auf die SRL wird das zweite Produkt folgen – der Simatic Robot Simulator, der es Simatic-Anwendern ermöglicht, das Verhalten von Robotern ihres Vertrauens in der virtuellen Umgebung zu simulieren – allerdings in Verbindung mit der SRCI-Schnittstelle. Weitere Produkte sind geplant, wie z.B. der Simatic Robot Path Importer, mit dem Anwender ihre Programme aus anderen Engineering Tools, wie z.B. Process Simulate, einfach in das TIA Portal importieren können. Auch dieser wird auf SRCI basieren.

Günes Bilgen, Siemens
Günes Bilgen, SiemensBild: Siemens AG

Welche Rückmeldung bekommen Sie von Ihren Kunden? Wie schätzen Sie die Akzeptanz und Verbreitung auf dem Markt ein? Welche Herausforderungen sind gegebenenfalls noch zu lösen?

Heinendirk, Stäubli: Stäubli-Kunden sind begeistert von der Einfachheit der Schnittstelle und der Programmierung der Roboter. Diese Lösung schlägt im Vergleich zur konventionellen Herangehensweise mit einer signifikanten Zeit- und Kostenreduzierung zu Buche. Sowohl Anlagenlieferanten als auch Endanwender können in der SPS-Umgebung die gesamte Anlage inklusive der Roboter in Eigenregie betreuen und selbst steuern. Mithilfe dieser neuen Freiheit verlieren Variantenumstellungen an der Anlage ebenso ihren Schrecken wie unplanmäßige Produktionsstillstände. Beides kann der Anlagenbetreiber ohne externe Hilfe jederzeit selbst bewerkstelligen bzw. beheben.

Die Verbreitungsgeschwindigkeit der SRCI-Schnittstelle ist langsamer, als wir uns erhofft haben. deshalb brauchen wir jetzt mehr Interpreter-Angebote der Roboterhersteller.

Günes Bilgen, Siemens

Bilgen, Siemens: Sehr positiv ist, dass alle unsere Kunden, die die Simatic Robot Library einsetzen, das Produkt auch für nachfolgende Anlagen nutzen. Das zeigt, wie erfolgreich das Konzept ist und dass SRCI die Kundenwünsche erfüllt. Die Geschwindigkeit der Verbreitung ist jedoch langsamer als wir uns bei Siemens erhofft haben. Deshalb brauchen wir jetzt mehr Interpreter-Angebote der Roboterhersteller. Diese sind jedoch notwendig, da viele Kunden in der Regel verschiedene Roboterhersteller einsetzen müssen und erst dann auf SRCI umsteigen wollen, wenn fast alle ihrer Roboterhersteller mit SRCI verfügbar sind. An dieser Herausforderung arbeiten wir gemeinsam mit 12 Roboterherstellern, sodass spätestens Ende 2024 etwa zehn Roboterhersteller SRCI-Interpreter auf dem Markt anbieten können. Entscheidend ist dann, dass unsere Kunden bereit sind, ihre Zeit zu investieren, sich mit SRCI vertraut zu machen und einzuarbeiten.

De Groot, Yaskawa: Das Kunden-Feedback ist positiv. Obwohl Yaskawa schon seit vielen Jahren mit einer proprietären Schnittstelle für SPS-programmierte Roboter am Markt ist, beobachten wir, dass das Potenzial von SRCI als einheitliche und herstellerübergreifende Schnittstelle viele neue Kunden anzieht. Gerade Maschinenbauern, die sich nicht auf einen Roboterhersteller festlegen möchten, bietet ein Standard wie SRCI eine Lösung, auf die der Markt lange gewartet hat. Schon jetzt sind viele Roboterhersteller mit am Start, sodass die SRCI künftig noch stärker an Bedeutung gewinnen wird. Wichtig ist nun, dass sich auch SPS-Hersteller in Regionen, wie Nordamerika oder Asien, anschließen. Ich gehe davon aus, dass SRCI in ein paar Jahren von allen großen Roboter- und SPS-Herstellern unterstützt wird und in Anlagen weltweit Einzug gehalten hat.

Bertus de Groot, Yaskawa
Bertus de Groot, YaskawaBild: Yaskawa Europe GmbH

Bernzen, Beckhoff: Unsere Kunden warten schon mit Spannung auf die Flexibilität, unkompliziert verschiedene Robotermarken über die gleiche SPS-Schnittstelle einbinden zu können. Gerade für Anwender, die bislang eher wenig Berührungspunkte mit Standardrobotern hatten, wird dadurch die Hürde zur Integration verringert. In diesem Umfeld trifft man häufig sehr versierte SPS-Programmierer an, die aber mit den verschiedenen Robotersystemen weniger Erfahrung haben. Und genau hier setzt die Kombination aus PLCopen mit Coordinated Motion und SRCI an. In Kundengesprächen konnten wir bereits feststellen, dass es für viele Maschinenbauer sehr wichtig ist, auch in der Wahl des Feldbusses diese Flexibilität zu erhalten und dementsprechend SRCI auch über Ethercat nutzen zu können.

Ich gehe davon aus, dass SRCI in ein paar Jahren von allen großen Roboter- und SPS-Herstellern unterstützt wird.

Bertus de Groot, Yaskawa

Heckl, Kuka: Unsere SPS-Schnittstelle hat sich im Lauf der vergangenen Jahre etabliert. Wir haben oft Anfragen von Integratoren, die keine Profis in der Kuka-Programmiersprache sind, die aber ein Projekt für einen Endkunden umsetzen, der gerne Kuka-Roboter nutzen möchte. Genau für solche Projekte ist diese Schnittstelle gemacht. Aber auch der Fachkräftemangel treibt dieses Schnittstellenthema und legt den Bedarf offen. Roboterexperten zu finden, wird immer schwieriger. SPS-Experten gibt es da schon mehr auf dem Markt. Ein weiterer Aspekt ist, dass viele unserer Integratoren zwar über fundiertes Kuka-Wissen verfügen, die Endkunden aber eine schlüsselfertige Lösung anfragen, die im SPS-look-and-feel sein soll, damit alle Anlagen mit der gleichen Oberfläche bedient werden können. Vor allem große Unternehmen sparen sich Schulungsaufwände und müssen ihre Mitarbeitende mithilfe der Schnittstelle nur in einem System ausbilden. Dass in der schlüsselfertigen Lösung dann auch ein Roboter integriert ist, fällt dann sozusagen gar nicht auf.

TeDo Verlag GmbH

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