Interview mit Stefan Roßkopf, Geschäftsführer bei Teamtechnik

Interview mit Stefan Roßkopf, Geschäftsführer bei Teamtechnik

„Wir sind kein Me-Too-Unternehmen“

Stefan Roßkopf, Geschäftsführer bei Teamtechnik, kann mit dem Geschäftsverlauf eigentlich sehr zufrieden sein. Doch er wirkt beim Thema E-Mobilität etwas angefasst, weil es nicht so recht vorangeht.

 (Bild: Teamtechnik Gruppe:)

(Bild: Teamtechnik Gruppe:)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Roßkopf, wie geht es Teamtechnik?

Stefan Roßkopf: Unserem Unternehmen geht es gut. 2017 hatten wir mit einem Umsatzplus von 25 Prozent einen neuerlichen Umsatzrekord erzielt – 180 Millionen Euro. Das letzte Geschäftsjahr haben wir auf einem ähnlich hohen Niveau abgeschlossen. Bekanntermaßen schwanken aus verschiedenen Gründen die Volumina in unseren Geschäftsfeldern von Jahr zu Jahr, aber einen Umsatzsprung wie 2017 mussten wir erst einmal verkraften, so komisch sich das vielleicht anhört. Insofern sind wir ganz froh über die Konsolidierungsphase im letzten Jahr.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welches waren die unternehmerischen Highlights in den letzten beiden Geschäftsjahren?

Roßkopf: Wir haben stark in unsere Infrastruktur und Produktionskapazität investiert. In unseren polnischen Niederlassungen, wo mehr als 260 Mitarbeiter Projekte für die Automobilindustrie realisieren und einen Großteil unserer Montageanlagen bauen, entsteht in Ostrów Wielkopolski ein neues Verwaltungsgebäude und eine neue Produktionshalle. In Freiberg haben wir unser Verwaltungsgebäude erweitert und ebenfalls eine neue Produktionshalle gebaut – mit 2.700m² unsere bislang größte. Hier fertigen wir End-Of-Line-Prüfstände für Getriebe und Antriebe von Hybrid- und Elektrofahrzeugen. Solche Prüfsysteme selbst sind sehr komplex, technologisch äußerst anspruchsvoll, insbesondere was die Softwarelösungen anbetrifft. Hier können wir uns auf dem Markt deutlich differenzieren, denn die Kompetenz dafür haben wir im eigenen Hause und müssen sie nicht zukaufen. Mit Blick auf diese Kombination von Hard- und Software und Prozess-Knowhow gibt es in Deutschland kein Unternehmen in der Prüftechnik für E-Antriebe, das so weit ist wie wir.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Für welche Automobilhersteller sind diese Prüfstände bestimmt?

Roßkopf: Die ersten Aufträge dafür sind von Tesla gekommen. Auch mit Volkswagen arbeiten wir schon länger zusammen und bauen aktuell die Prüfstände für die kommenden E-Modelle. Jetzt haben wir weitere Neukunden gewonnen. Gespräche mit anderen Interessenten laufen. Der Bedarf an solchen Prüfständen ist hoch, insbesondere in Europa und Asien. China schickt sich ja an, zum Weltmarktführer in Sachen Elektromobilität zu werden. Hier wird also richtig investiert. Insofern legt unser Bereich Automotive auftrags- und umsatzmäßig zu.

Bild: Teamtechnik Gruppe

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie sieht es in den anderen Geschäftsfeldern von Teamtechnik aus?

Roßkopf: Zweistelliges und damit das stärkste Wachstum in den letzten Jahren verzeichnen wir im Bereich Medizintechnik. Der weltweite Bedarf an Produkten wie Insulin-Pens, Autoinjektoren, Spritzen, Inhalatoren und anderen Applikationsformen für Gels oder Cremes steigt. Dafür, aber auch für Dialysefilter, diverse Kunststoffbaugruppen, Kontaktlinsen und so weiter, entwickeln und bauen wir Montage- und Prüfanlagen. Durchschnittlich zwei Drittel davon gehen an Kunden im Ausland.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Highspeed-Montage- und Prüfanlagen sind das Brot- und Buttergeschäft Ihrer Tochtergesellschaft Teamtechnik Automation. Was tut sich dort?

Roßkopf: Sie ist mittlerweile eine richtige Perle innerhalb unserer Unternehmensgruppe geworden. Dazu hat es einer umfassenden Restrukturierung bedurft, einer Bereinigung des Produktportfolios, einiger Investitionen in Produktions- und Gebäudetechnik und einer großen Portion Geduld. Ich schätze, dass Teamtechnik Automation in diesem Geschäftsjahr mit Highspeed-Anlagen sowie mit Zuführ- und Palettiersystemen etwa 20 Millionen Euro zum Gesamtumsatz beitragen wird.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie beurteilen Sie die aktuelle Wettbewerbssituation im Montageanlagenbau?

Roßkopf: In der allgemeinen Montagetechnik ist der Wettbewerb extrem, der Preisdruck enorm, so lange man nicht spezielle Nischen besetzt und spezielle Prozesse beherrscht. Hier gibt es schon seit einigen Jahren einen starken Konsolidierungsprozess. Das passiert nicht, weil es der Branche super gut geht und hier das große Geld verdient wird.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie aber kann sich ein Unternehmen spezielles Prozess-Knowhow aneignen, wo es doch in der Industrie an Fachkräften und Experten fehlt?

Roßkopf: Solche Mitarbeiter muss man sorgfältig und gezielt aufbauen. Wir haben z.B. gemeinsam mit anderen Unternehmen an der Technischen Universität Krakau eine Lernfabrik ins Leben gerufen, in der sich Studierende mit Technik state of the art auseinandersetzen können. Unser Beitrag dazu war neben der Finanzierung auch die Installierung einiger Montageanlagen. Das hat sich rentiert. Gut qualifizierte und hochmotovierte Absolventen aus verschiedenen Fakultäten der TU reißen sich nahezu um freie Jobs in unserer polnischen Niederlassung. Wichtiger als die personelle Situation ist für mich jedoch die Frage: Was will ich tun, was lass‘ ich bleiben? Wie die Antwort ausgefallen ist, sieht man ganz klar an unserer Ausrichtung. Wir haben zukunftsträchtige Themen mit riesigem Innovationspotenzial besetzt. Wir haben innovative und neue Lösungen und Produkte entwickelt und realisieren weltweit sehr umfangreiche Projekte. Und wir haben uns von Belastendem und Unrentablem getrennt. Wir sind kein Me-Too-Unternehmen. Wenn man sich diese Reputation erarbeitet hat, dann ist man für seine Kunden nicht nur ein Prefered Supplier, sondern für engagierte Fachkräfte auch ein attraktiver Arbeitgeber.

„Es gibt in Deutschland kein Unternehmen in der Prüftechnik für E-Antriebe, das so weit ist wie wir.“ Stefan Roßkopf, Teamtechnik (Bild: Teamtechnik Gruppe)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Die Umsätze im Teamtechnik-Geschäftsfeld Solar – jetzt neu Energy – sind in den vergangenen Jahren ziemlich zurückgegangen. Was ist da aktuell Stand der Dinge?

Roßkopf: Zunächst ein paar Worte zum Geschäftsfeld Energy: Hier haben wir bis vor kurzem ausschließlich Stringer-Anlagen für die Hersteller von Photovoltaikmodulen gebaut. Aber die Energieerzeugung ist ja nur ein Aspekt in diesem komplexen Thema. Da war es nur konsequent, dass wir auch Produktions- und Prüflösungen für die Energiespeicherung und -verteilung entwickeln und realisieren. Gerade diese beiden Applikationen sind für die Elektromobilität äußerst wichtig. Das Geschäftsvolumen bei den Stringer-Anlagen ist leider weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Wegen der jahrelang positiven Marktentwicklung und -prognosen in der Vergangenheit haben viele Hersteller von Solarmodulen Überkapazitäten aufgebaut, die mittlerweile brachliegen. Dazu kommt der Preisverfall. Wir haben sukzessive die Produktivität unserer Stringer-Anlagen verdoppelt, erlösen aber kaum noch die Hälfte des Preises wie vor zwei, drei Jahren.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Gibt es Pläne, weitere Geschäftsfelder zu erschließen?

Roßkopf: Nein. Wir konzentrieren uns nach wie vor auf unsere bewährten drei Säulen Automotive, Energy und Medizintechnik. Da gibt es durchaus übergreifende Synergien. Denken wir nur mal an Photovoltaik und die dezentrale Speicherung von Energie. Die wiederum ist auch für die Elektromobilität relevant. Wir haben ein solches Projekt im eigenen Hause realisiert: Mit den Solarmodulen auf dem Dach unserer neuen Produktionshalle erzeugen wir Strom, speichern ihn dezentral, um damit nachts die Akkus unserer Elektroautos zu laden. Zudem konzentrieren wir uns weiterhin auf die Entwicklung und Optimierung von Softwareprodukten, Prozessen und Technologien, die für diese Geschäftsfelder relevant sind. So haben wir z.B. als Alternative zum Lötprozess in unseren Stringer-Anlagen einen Klebeprozess entwickelt. Und aufgrund dieser vorteilhaften Fügetechnik konnten wir im vergangenen Jahr ein paar durchaus beachtenswerte Aufträge akquirieren.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Roßkopf, lassen Sie uns nochmals zur E-Mobilität zurückkommen. Elektroautos von Nissan, Renault und Tesla verkaufen sich besser als solche aus deutscher Produktion. Welches sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?

Roßkopf: Das ist zunächst mal eine Frage des Angebotes. Es gab und gibt am Markt wesentlich mehr Elektroautos anderer Hersteller als solche aus deutscher Produktion. Der erste Elektro-Smart von Daimler ist zwar vor gut zehn Jahren auf den Markt gekommen. Zu dieser Zeit aber haben deutsche Automobilbauer noch an anderen, eigenen Alternativen zum Verbrennungsmotor gearbeitet – Hybridantrieb, Wasserstoffantrieb, Brennstoffzellenantrieb, Erd- oder Flüssiggas. Mit anderen Worten: Es gab kein einstimmiges Bekenntnis zur E-Mobilität. Richtig Druck auf die einheimische Autobranche ist erst vor etwa drei Jahren aufgekommen, als Tesla sein Model 3 vorgestellt hatte und die Zahl der Vorbestellungen mit 325.000 Fahrzeugen innerhalb einer Woche quasi durch die Decke ging. Mittlerweile sind es mehr als eine halbe Million Vorbestellungen. Erst seitdem beschäftigen sich deutsche Automobilbauer ernsthaft mit der Elektromobilität.

„Wir konzentrieren uns nach wie vor auf unsere bewährten drei Säulen Automotive, Energy Solutions und Medizintechnik.“ Stefan Roßkopf, Teamtechnik (Bild Teamtechnik Gruppe)

ROBOTIK UND PRODUKTION: War vielleicht vor knapp zehn Jahren die Ankündigung unserer Bundeskanzlerin, dass 2020 eine Million Elektroautos über unsere Straßen rollen werden, etwas zu euphorisch?

Roßkopf: Eine sehr schöne Umschreibung für die Abwesenheit jeglicher Voraussetzungen, um dieses Vorhaben erfolgreich zu realisieren. Es gab dafür keinerlei Konzept und keine Koordination. Es fehlte flächendeckend die Infrastruktur in Form von Elektrotankstellen. Die Kapazität der E-Akkus ließ mehrheitlich nur einen begrenzten Aktionsradius von Elektroautos zu. Es gab keine Technologien, um die Akkus zeitsparend zu laden, ja, es gab damals nicht einmal einheitlich genormte Ladestecker. Angesichts all dessen kann man nicht ernsthaft erwarten, dass sich hunderttausende Autokäufer pro Jahr für Elektromobile entscheiden.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Vieles von dem, was Sie ansprechen, ist mittlerweile ausgeräumt. Was bleibt noch zu tun?

Roßkopf: Es mangelt nach wie vor an Stromtankstellen. Mitte letzten Jahres gab es deutschlandweit nur etwa 17.000 öffentlich zugängliche Ladestationen. Das sind eindeutig zu wenige, wenn man eine Million Elektroautos auf die Straße bringen will. Und der Ausbau dieses Netzes erfolgt nach meinem Dafürhalten viel zu langsam. Doch wem der Klimaschutz wirklich am Herzen liegt, der sollte auch alles dafür tun. Nichts weniger als das bleibt zu tun.

„Teamtechnik Automation ist mittlerweile eine richtige Perle in unserer Unternehmensgruppe geworden.“ Stefan Roßkopf, Teamtechnik (Bild: Teamtechnik Gruppe)

teamtechnik Gruppe:
www.teamtechnik.com

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