Fahrerlose Transportsysteme von Stäubli WFT für Reinraumanwendungen

Fahrerlose Transportsysteme von Stäubli WFT für Reinraumanwendungen

Neue FTS-Einsatzfelder

Noch haben Fahrerlose Transportsysteme für den Reinraum Exotenstatus. Doch der Markt wächst. Ob in der Halbleiterproduktion, im Pharmabereich oder der Medizintechnik – FTS können den Materialtransport in sensiblem Produktionsumfeld verbessern, wie erste Anwendungsbeispiele von Stäubli WFT zeigen.

Die Fertigung von Reinraum-FTS stellt hohe Ansprüche an den Sauberkeitsgrad in der Produktion. (Bild: Stäubli WFT GmbH)

Die Fertigung von Reinraum-FTS stellt hohe Ansprüche an den Sauberkeitsgrad in der Produktion. (Bild: Stäubli WFT GmbH)

Der Markt für zahlreiche Produkte, die im Reinraum gefertigt werden, wächst – man denke nur an Wafer und Mikrochips, die in jedem Smartphone, jedem Auto und fast jedem Haushaltgerät zum Einsatz kommen, oft in Kombination mit weiteren sensiblen Bauteilen wie Displays oder Touchscreens. Weil die Sauberkeit in diesem Bereich so wichtig ist, werden bereits die Anlagen für die Produktion der Halbleiter im Reinraum gefertigt. Und da die kompletten Anlagen z.B. für das Bedrucken der Wafer (Lithographie) mehr als 100t wiegen können, muss auch ein sauberer innerbetrieblicher Transport der Anlagenkomponenten gewährleistet sein. Für diese Aufgabe hat Stäubli WFT in Kooperation mit zwei namhaften Herstellern von Halbleiter-Produktionsanlagen Schwerlast-FTS mit Tragkräften bis 24t entwickelt.

Der Hauptgrund für den Einsatz von FTS ist ein anderer als in der Automobilindustrie und weiteren Bereichen, die diese schon intensiv nutzen. Es geht hier nicht um eine Kontinuität und Automatisierung der Prozesse. Vielmehr reduziert man mit den FTS den Einsatz von Personal, das im Reinraum immer eine potenzielle Kontaminationsquelle darstellt. Weil das FTS niemals den Produktionsbereich verlässt, trägt es keine noch so feinen Verschmutzungen ein. Und: Hallenkrane sind aufgrund des möglichen Abriebs keine Option in der Reinraumproduktion. Deshalb müssen schwere Anlagen und ihre Komponenten flurgebunden transportiert werden – z.B. mit fahrerlosen Plattformwagen.

Stäubli WFT produziert reinraumtaugliche FTS in einer separaten Halle unter Sauberraumbedingungen. (Bild: Stäubli WFT GmbH)

Stäubli WFT produziert reinraumtaugliche FTS in einer separaten Halle unter Sauberraumbedingungen. (Bild: Stäubli WFT GmbH)

Eigener Produktionsbereich für Reinraum-FTS

Stäubli WFT hat für dieses wachsende Geschäftsfeld einen eigenen Produktionsbereich aufgebaut – zunächst als einfaches Zelt in der Fertigung, jetzt als eigenständige Sauberraumproduktion in einer separaten Halle. Dabei war die Schaffung der räumlichen Voraussetzungen noch relativ überschaubar im Vergleich zu dem intensiven Konstruktionsaufwand, der in der Entwicklung reinraumtauglicher FTS samt Auswahl und Qualifizierung geeigneter Materialien und Komponenten steckt.

Wie tief die Prüfungen ins Detail gehen, zeigen zwei Beispiele. Dazu Elena Baunoch, Projektleiterin Stäubli WFT: „Die Ummantelungen von elektrische Leitungen müssen oberflächenbehandelt, das heißt getempert, oder aber abgedeckt werden, z.B. durch reinraumgeeignete Faltenbälge oder Schrumpfschläuche. Und weil beim Lösen und Verbinden jeder Schraubverbindung Abrieb entstehen kann, müssen wir auch hier zugelassene Werkstoffe verwenden oder jede Materialkombination aufwändig prüfen.“ Mit diesen Prüfungen sowie den zugehörigen Dokumentations- und Abstimmungsarbeiten war bei den ersten beiden Reinraum-FTS-Projekten ein Mitarbeiter sechs Monate lang beschäftigt – für die komplette Arbeitszeit. Dass sich dieser Aufwand auszahlen wird, davon ist Jan Louwen, Global Head of AGV bei Stäubli WFT, überzeugt: „Wir sind jetzt nicht nur fertigungstechnisch, sondern auch von der Organisation und vom Knowhow her so weit, dass wir Folgeprojekte mit sehr viel geringerem Aufwand und kürzeren Durchlaufzeiten abarbeiten können.“ Auch die Mitarbeiter in der separaten, durch eine Personen- und Materialschleuse abgetrennten Sauberraumfertigung haben die Routine entwickelt, unter den sehr speziellen Bedingungen diese anspruchsvollen FTS zu bauen – in Sauberraumbekleidung und mit sauberraumtauglichen Werkzeugen.

Folgeaufträge für die Reinraum-Schwerlast-FTS

Die ersten Reinraum-FTS von Stäubli WFT werden dazu genutzt, bis zu 24t schwere Anlagenkomponenten und -segmente im Reinraum der Klasse ISO7 zu verfahren bzw. von der Komponenten- zur Endmontage zu transportieren – mit hoher Zuverlässigkeit, erschütterungsfrei und vor allem ohne den Eintrag von Verschmutzungen. Die FTS werden per Funkfernsteuerung bedient. Bei einem der beiden Kunden können die Steuerungen von zwei FTS im Master-Slave-Modus kombiniert werden, sodass ein Fahrzeug dem anderen folgt. Aus Anwendersicht bringt das neue Materialflusskonzept Vorteile. Beide Kunden haben daher bereits weitere Schwerlast-FTS bei Stäubli WFT bestellt.

Neue Anwendungsbereiche

Im nächsten Schritt wird das Unternehmen neben der Halbleiterproduktion neue Einsatzfelder für Reinraum-FTS erschließen. Louwen dazu: „Wir haben hier spezielles Knowhow und eine Alleinstellungsposition erworben, die wir in andere Anwenderbranchen transferieren werden.“ Im Fokus steht dabei auch die Pharmaindustrie. Hier sind allerdings weniger Schwerlast-FTS gefragt als vielmehr FTS-Flotten für den Paletten- und Behältertransport. Stäubli WFT hat in dieser Branche aber auch eine andere, nochmals anspruchsvollere Applikation im Blick. Das mobile Robotersystem HelMo, für das Stäubli WFT die Fahr- und Dreheinheit an die Robotics-Kollegen in Bayreuth liefert, könnte Handling-Aufgaben in verschiedenen Bereichen der Pharmaproduktion übernehmen. Auch hier vermeidet die mannlose Produktion unnötige Partikelemissionen und vereinfacht die Prozesse im Reinraum. Dieses Konzept wird Stäubli WFT der Branche vorstellen. Dazu muss der Mobilroboter HelMo nur noch reinraumtauglich ausgestattet werden.

Stäubli Tec-Systems GmbH
www.staubli.com

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