Die gläserne Roboterzelle

Robotersoftware verkürzt Designphase

Mit mobilen Apps, AR und VR können Nutzer der Roboterplanungssoftware RobotStudio von ABB Robotics jederzeit und von überall auf der Welt mit dem digitalen Zwilling ihrer Anlage arbeiten. So können sie Fehler ausmerzen und die Leistung optimieren, lange bevor die reale Anlage steht. Diese Bedienerfreundlichkeit und Flexibilität hilft, die Designphase deutlich zu beschleunigen.

Mit der AR Viewer App wurde der Roboterbetrieb bei Volvo in Brasilien bereits simuliert und nötige Anpassungen in RobotStudio ohne großen Aufwand umgesetzt. (Bild: ABB Automation GmbH, Unternehmensbereich Robotics)


Harmonieren Roboterprogramm und SPS miteinander? Gibt es Schnittstellenprobleme? Wie sicher sind die Bremswege der Roboter? Wenn Fragen dieser Art möglichst früh im Projektverlauf geklärt werden, lassen sich böse Überraschungen bei der Inbetriebnahme der Roboteranlage oft vermeiden. Durch eine gründliche virtuelle Planung und Offline-Programmierung können Fehler, Stillstände oder Schnittstellenprobleme vorab ausgemerzt werden. Darüber hinaus bietet die virtuelle Inbetriebnahme eines digitalen Zwillings der Roboteranlage die Gelegenheit, Verbesserungspotenzial zu identifizieren und die Programmierung entsprechend anzupassen. Während der realen Inbetriebnahme müssen dann im Idealfall nur noch wenige Parameter nachjustiert werden.

Bedienerfreundlichkeit und Effizienz

In diesem Sinne adressiert die Simulations- und Offline-Programmiersoftware RobotStudio von ABB Robotics den gesamten Lebenszyklus roboterbasierter Anlagen: von Planung und Validierung über die virtuelle Inbetriebnahme bis hin zur Wartung. Das Herzstück bildet dabei die Virtual-Robot-Technologie, eine exakte Kopie der realen Robotersteuerung. Zudem verfügt RobotStudio über zwei Standardschnittstellen zur Anbindung an eine SPS: Simit Connection und OPC UA. Damit können Anwender das Verhalten ihrer Roboterzellen im Zusammenspiel mit der SPS untersuchen.

Aus einer umfangreichen Standardbibliothek von Roboter-Simulationsmodellen samt Verfahrachsen und Positionierern können Anwender ihre Konfiguration erstellen. Ein Geometrie-Import macht CAD-Daten aus der Konstruktion in der Simulation nutzbar. Über eine integrierte Physics Engine können zudem physikalische Einflüsse wie Reibung oder Schwerkraft für möglichst viel Realitätstreue simuliert werden. Aufgrund solcher Features verhält sich die Simulation der Roboterzelle oder einer ganzen Fertigungslinie genauso wie das reale Pendant nach der Inbetriebnahme. Damit bekommen Anlagenbetreiber eine realitätstreue Basis für exakte Prognosen zu wichtigen Merkmalen der Anlage: Taktzeit, Erreichbarkeit sowie mögliche Kollisionen. Eine weitere Funktion ermöglicht die genaue Berechnung des Bremswegs eines Roboters und macht das Einplanen von Sicherheitszuschlägen in Zellendesigns überflüssig, was Platzeinsparungen von bis zu 25 Prozent ermöglicht.

Mit der Planungssoftware RobotStudio können Nutzer ihre Anlage virtuell planen und offline programmieren. (Bild: ABB Automation GmbH, Unternehmensbereich Robotics)
Mit der Planungssoftware RobotStudio können Nutzer ihre Anlage virtuell planen und offline programmieren. (Bild: ABB Automation GmbH, Unternehmensbereich Robotics)

Digital Twin zum Greifen nahe

Für mehr Flexibilität geht ABB Robotics noch einen Schritt weiter. Mit der RobotStudio AR Viewer App sind Planer nicht mehr an ihren Desktop-PC gebunden, sondern können vom Smartphone oder Tablet aus das Anlagendesign begutachten. Die App ist kostenlos im Apple Store und Google Play Store erhältlich. Sie projiziert das digitale Abbild einer Roboterzelle oder Fertigungslinie in die reale Umgebung. So können sich Anwender einen plastischen Eindruck von den Dimensionen eines möglichen Anlagendesigns verschaffen. Denn oft ist gerade bei komplexen Anwendungen aus den Schemata nicht sofort ersichtlich, wie genau die reale Installation aussehen und sich verhalten wird.

RobotStudio unterstützt auch eine Reihe an VR-Headsets, darunter HTC Vive Cosmos, Oculus Rift, Valve Index oder Samsung HMD Odyssey. Wenn es Fragen gibt, haben Anwender über ein VR-Menü Zugriff auf zahlreiche Tutorials und Tool-Tips. In VR Studio Meeting können sich die Beteiligten ortsunabhängig über die geplante Anlage austauschen und daran arbeiten. Missverständnisse, gerade zwischen SPS- und Roboterprogrammierern, lassen sich damit ebenso vermeiden wie aufwändige Reisen. Zudem bietet die Simulation eine gemeinsame Basis, unabhängig vom Kenntnisstand der unterschiedlichen Beteiligten. Durch die intuitive Visualisierung und Bedienung sind wenig Vorkenntnisse vonnöten, um das Zellenlayout zu beurteilen. Die Möglichkeit zur virtuellen Kollaboration kann die Projektzeit bis zur betriebsbereiten Anlage zusätzlich verkürzen. VR-Rundgänge durch Fertigungsanlagen sind zudem ein wirkungsvolles Mittel für die Einarbeitung neuer Mitarbeitender. Bedienerschulungen können in VR erfolgen, noch bevor die Anlage installiert wurde.

AR in der Automobilproduktion

Insbesondere während des Umstiegs der Produktion von Verbrenner auf Elektromobilität könnten Lösungen wie die RobotStudio-App dazu beitragen, die Produktionszeit und -kosten zu senken – wie ein Beispiel von Volvo Trucks zeigt: Die Software vereinfacht hier die Zusammenarbeit mit andere Werken sowie mit Zulieferern. Im Volvo-Werk im brasilianischen Curitiba konnten die Ingenieure mit der AR Viewer App den Designprozess ihrer Anlagen beschleunigen und die Zusammenarbeit innerhalb der Teams verbessern. Die Animationen des simulierten Roboterbetriebs brachten jene Komponenten zum Vorschein, die zusätzlich getestet werden müssen. Wurden Anpassungen an der Konstruktion als notwendig erkannt, so konnten diese einfach in der PC-basierten RobotStudio-Software vorgenommen werden. In einigen Bereichen, etwa in der Lackiererei, war Platz Mangelware. Die AR-App versetzte die Volvo-Ingenieure in die Lage, die Zelle auf Basis des verfügbaren Raumes effizient zu planen – mit Blick auf weitere wichtige Faktoren wie Sicherheitsaspekte.

„Noch vor ein paar Jahren dauerte es lange, neue Roboterinstallationen zu entwerfen und zu testen, da wir viele Änderungen an der Linie manuell vornehmen mussten“, erinnert sich Leonardo Amaral, Local Technology Specialist for Robotics, Volvo Trucks. „Heute sind wir in der Lage, über Ländergrenzen hinweg Ideen auszutauschen. Wir können eine RobotStudio-Datei hier in Brasilien erstellen und sie mit unseren Kollegen in anderen Ländern teilen. Innerhalb von zehn Minuten können wir die Lösung auf der anderen Seite der Welt installieren.“

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