Greiferlösungen zum Vereinzeln und Handhaben von Textilien

Automatisierung von biegeschlaffen Werkstücken

Bei der Handhabung biegeschlaffer Werkstücke treten am Produkt Verformungen auf, die die Automatisierung seit Jahrzehnten vor ein Problem stellen. Eine weitere Herausforderung, die das prozesssichere Greifen von Stoffen bisher nahezu unmöglich macht, ist das Vereinzeln von Stofflagen voneinander. So findet die Maschinenbestückung und -entnahme in der Textilindustrie meist manuell durch eine Person statt. Diese nicht wertschöpfenden Tätigkeiten und Blindprozesse können nun durch die Greiferlösungen von Robotextile automatisiert werden.
Mit den Roboterlösungen von
Robotextile lassen sich
biegeschlaffe Textilien greifen,
um sie z.B. Faltautomaten oder
Nähmaschinen zuzuführen.
Mit den Roboterlösungen von Robotextile lassen sich biegeschlaffe Textilien greifen, um sie z.B. Faltautomaten oder Nähmaschinen zuzuführen. – Bild: Robotextile GmbH

Meist war der Hauptgrund für eine Automatisierung der berechnete ROI (Return of Invest), um Personalkosten gegen Roboterlösungen zu rechnen. Ein weiteres Argument für Automation war falls erforderlich eine gleichbleibende Produktionsqualität und Stabilität durch Robotik. Heute zählt der Punkt Fachkräftemangel ebenso zu einer Wachstumsbremse für das produzierende Gewerbe und liefert ein weiteres Argument zur Automatisierung von Blindprozessen. Seit Jahrzehnten steigen international die Lohnkosten während die Roboterpreise sinken. So wird Automatisierung in immer mehr Branchen wirtschaftlich. Die sinnhafte Automatisierung dieser Blindprozesse ist eine wichtige Basis, um regionale Produktionsstandorte der Textilindustrie zu erhalten und auch Reshoring und Nearshoring zu unterstützen.

„Textil ist viel mehr als Bekleidung“, so Michael Müller, Geschäftsführer der Firma Robotextile. „Während wir uns bei der Gründung hauptsächlich mit dem Markt der Bekleidungsindustrie beschäftigt hatten, wurden wir rasch auch mit technischen Textilien konfrontiert. Medizinprodukte, Automotive und Luftfahrt, Energie, die Baubranche und auch das Recycling von Textilien beschäftigten uns heute.“ Mit Hochschulen, Instituten und Pilotkunden baute das Unternehmen ein starkes Netzwerk auf, um Referenzprojekte durchzuführen und Erfahrung zu sammeln. In Kundenprojekten, Machbarkeitsanalysen mit Partnern und in Master- und Bachelorarbeiten wurde das Verhalten von Vliesstoffen, Geweben, Gestricke, Gelege und Folien untersucht und verschiedene Werkstoffe und Materialien nach Automatisierungsverhalten kategorisiert.

Stofflagen automatisiert vereinzeln

Ein Klemmfinger greift das Produkt und führt 
eine Doppellagenkontrolle durch.
Ein Klemmfinger greift das Produkt und führt eine Doppellagenkontrolle durch. Bild: Robotextile GmbH

Wie vereinzelt ein Mensch Stofflagen aus einem Stapel voneinander? In der Regel greift man das Textil zwischen Daumen und Zeigefinger und macht eine Querbewegung, um haftende Textilien voneinander zu trennen sowie zu spüren und zu fühlen ob es nur eine Lage ist. Doch wie macht das ein Robotergreifer? Besonders schwierig sind Textilien, die durch einen Schneidetisch mehrlagig geschnitten werden. Oft werden diese durch Vakuum beim Schneidprozess niedergehalten, um dann mit verschiedenen Schneidwerkzeugen Freiformflächen auszuschneiden. So kommt es nicht nur zur Adhesion zwischen den Lagen, sondern auch zum Verhaken von Fasern im Randbereich.

Für diese Anwendung wurde der Strömungsgreifer entwickelt und stetig verbessert. Der Strömungsgreifer wird an einer oder mehreren Ecken des Produkts mit einem Robotersystem oder einem Achsportal positioniert. Durch einen physikalischen Strömungseffekt zwischen Über- und Unterdruck werden die Stofflagen durch Flattern in der Ecke voneinander vereinzelt und angehoben. Ein Klemmfinger greift das Produkt und führt eine Doppellagenkontrolle durch. Die Strömungseffekte werden abgeschaltet und durch den Vertikalhub des Systems wird das oberste Textil von der Lage darunter abgeschält. Nun kann das Werkstück dem nachfolgenden Prozess, wie z.B. einer Hochfrequenzschweißmaschine, einer Nähmaschine oder einer Fixier- oder Laminiermaschine, zugeführt werden.

„Textil ist nicht gleich Textil! Damit wir mit dem Strömungsgreifer nicht an technische Grenzen kommen, haben wir unser Produktportfolio erweitert,“ so Müller. „Wir können mit dem Tape-Gripper und dem Roll-Up-Gripper Werkstücke handhaben, die nicht mit dem Flattereffekt des Strömungsgreifers vereinzelt werden können. Z.B. haben wir bereits Verbundwerkstoffe mit dem Kleberollengreifer abgestapelt, während wir Gewebe mit dem Roll-Up-Gripper greifen.“

Bild: Robotextile GmbH

Gemeinsame Weiterentwicklung von Greifern, Kinematiken und Systemen

Aufgrund der rasanten Marktentwicklung hat Robotextile mit verschiedenen Technologiepartnern, wie Schmalz aus Glatten, Erler aus Dormettingen oder Kuka aus Augsburg, ein Netzwerk aufgebaut. So werden Greifersysteme, Kinematiken und Robotersysteme gemeinsam weiterentwickelt, um die Anforderungen am Markt zu bedienen. Eine große Chance für die Zukunft sieht Robotextile in Easy-To-Use-Anwendungen. Branchen, die bisher wenig automatisiert sind, benötigen einfach einzulernende Roboter oder Achssysteme. Mit dem Cobot LBR iisy von Kuka kann z.B. ein Roboter per Hand an die Wunschposition geführt und die Positionen eingeteacht werden. Für kurze Produktlebenszyklen von Textilprodukten und kleine Losgrößen ist es eine wichtige Voraussetzung, dass Kunden selbständig flexibel neue Produkte einlernen können.

Großer Funktionsumfang

Zum Funktionsumfang gehören heute Roboterlösungen zum Abstapeln von Schneidetischen, Bestücken von Nähautomaten oder dem Aufstapeln von Textillagen, z.B. für eine Hochfrequenzschweißmaschine. Robotextile liefert ebenso einzelne Greifersysteme, die vom Kunden selbständig implementiert werden können. Vom Serienprodukt als Einzelgreifer bis zum flexiblen komplexen End-of-arm-Tooling mit Formatverstellung liefert das Unternehmen Komponenten regional und international aus.

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