Trendumfrage zum Thema Refurbishment und Retrofit

Second Life für Roboter

In unserer aktuellen Trendumfrage haben wir uns mit den Themen Refurbishing und Retrofit von Robotern beschäftigt. Namhafte Hersteller haben wir nach dem Potenzial für Nachhaltigkeit, Ressourcenschutz und Energieeffizienz befragt und nachgehört, welches Angebot die Konzerne bereits für ein Second Life von Robotern bieten. Es antworteten Karoline Strobl, Director Parts, Repair & Used bei Kuka, Martin Kullmann, Leiter Customer Service bei ABB Robotics Deutschland, sowie Peter Pühringer, Geschäftsführer von Stäubli Robotics.
Bild: ©Menno van Dijk/istockphoto.com

Welches Potenzial für Nachhaltigkeit, Ressourcenschutz und Energieeffizienz sehen Sie im Refurbishing und Retrofit von Robotern?

Karoline Strobl, Kuka: Effizienter und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen ist Teil unserer Unternehmenspolitik. Neben Gebrauchtrobotern und Refurbishment bieten wir auch die Entsorgung bzw. das Recycling gebrauchter Roboter an. Dabei sehen wir uns genau an, welche Teile noch verwendbar sind. Der von uns eingesetzte Stahl und das Aluminium weisen grundsätzlich einen hohen Recyclinganteil auf. Das schont wertvolle Ressourcen und ist auch wirtschaftlich sinnvoll.

Unsere Kunden werden definitiv sensibler, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.

Karoline Strobl, Kuka
Unsere Kunden werden 
definitiv sensibler, 
wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.

Karoline Strobl, Kuka
Karoline Strobl, KukaBild: Kuka AG

Martin Kullmann, ABB Robotics: Wir suchen ständig nach Möglichkeiten, unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Damit tragen unsere Robotiklösungen zur Bewältigung der weltweiten Herausforderungen für mehr Nachhaltigkeit bei. Mit unserem Wiederaufbereitungs- und Rückkaufservice werden Produkte und Komponenten wiederverwendet oder recycelt. In der Regel können 60 bis 80 Prozent eines Roboters wiederverwendet werden, während der Rest an zertifizierte Recyclingpartner geschickt wird. So erhalten z.B. fast alle ABB-Roboter, die in der Automobilindustrie eingesetzt werden, ein zweites Leben, und bis zu einem Fünftel sogar ein drittes. Die verantwortungsvolle Entsorgung von Robotern ist ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft.

Peter Pühringer, Stäubli Robotics: Bei Stäubli genießt dieses Thema seit vielen Jahren eine hohe Priorität. Eine Generalüberholung unserer Roboter ist mit überschaubarem Aufwand zu realisieren und nahezu immer eine sinnvolle Investition. Im Normalfall kommen die Maschinen nach zwischen 50.000 und 100.000 Betriebsstunden zur Generalüberholung. Das Potenzial in Sachen Nachhaltigkeit, Ressourcenschutz und Energieeffizienz würde ich als riesengroß bezeichnen.

Das Refurbishment von nicht mehr erhältlichen Robotersystemen ist die einzige Möglichkeit für den Weiterbetrieb bestehender Produktionsstrukturen und schützt vor kostspieligen Neuinvestitionen.

Peter Pühringer, Stäubli
Das Refurbishment von nicht mehr erhältlichen Robotersystemen ist die einzige Möglichkeit für den Weiterbetrieb bestehender Produktionsstrukturen und schützt vor kostspieligen 
Neuinvestitionen.

Peter Pühringer, Stäubli
Peter Pühringer, StäubliBild: Stäubli Tec-Systems GmbH

Wie interessant ist das Geschäft mit gebrauchten Robotern aus Ihrer Sicht?

Kullmann, ABB Robotics: Die Nachfrage nach generalüberholten Robotern stieg im Jahr 2022 um mehr als 25 Prozent. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage noch weiter steigen wird. Die Wiederaufbereitung eines Roboters erzeugt 75 Prozent weniger CO2 als die Herstellung eines neuen Roboters. Generell spielen sowohl Robotikhersteller als auch -betreiber eine wichtige Rolle für mehr Nachhaltigkeit. Neben der Kreislaufwirtschaft sind Effizienzsteigerungen und Verfahrensinnovationen hier wichtige Treiber. Hinzu kommt: Einige Kunden entscheiden sich für einen Gebrauchtroboter, weil die Bus- bzw. Sicherheitstechnik nicht mit einem Neugerät kompatibel ist.

Pühringer, Stäubli Robotics: Bei uns geht es weniger um den Handel mit gebrauchten Robotern, als vielmehr um deren Aufbereitung im Kundenauftrag. Und die ist für beide Seiten eine echte Winwin-Situation. Das Refurbishment von nicht mehr erhältlichen Robotersystemen ist die einzige Möglichkeit für den Weiterbetrieb bestehender Produktionsstrukturen und schützt damit vor kostspieligen Neuinvestitionen.

Strobl, Kuka: Was wir immer mehr beobachten bei der Nachfrage nach gebrauchten Robotern: Produzenten, die ihre Produktion möglichst nachhaltig gestalten wollen, setzen gerne auf Secondhand-Maschinen mit einem geringerem CO2-Footprint. Unsere Kunden werden definitiv sensibler, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Der Bedarf an gebrauchten Teilen wird zunehmen und das Thema Kreislaufwirtschaft immer wichtiger.

Welches Angebot haben Sie, um gebrauchten Roboterkinematiken ein zweites Leben einzuhauchen? Wie viele Roboter werden jährlich bei Ihnen wiederaufbereitet?

Pühringer, Stäubli Robotics: Bei der Überholung der Roboter setzt unser Servicecenter auf eine besonders wirtschaftliche Vorgehensweise. Die ankommenden Roboter durchlaufen im ersten Schritt eine Demontage, bei der genau untersucht wird, welche Bauteile sinnvoller Weise zu tauschen sind. Mit der Generalüberholung sind die Roboter aufgrund von Updates leistungsfähiger denn je und verfügen auch wieder über eine Gewährleistung. Wie viele Roboter wir jährlich wieder komplett aufbereiten, lässt sich nicht genau sagen. Fest steht aber, es werden allein durch die immer größere Anzahl an im Feld befindlichen Robotern jedes Jahr mehr, sodass wir massiv in dieses Geschäftsfeld investieren.

Strobl, Kuka: Die Themen Upgrade und Refurbishment sind zentrale Elemente unseres Serviceportfolios. Ein Kuka-Roboter hat in der Regel eine Lebensdauer von bis zu 18 Jahren. Um unsere Roboter generell fit für einen zweiten Lebenszyklus zu machen, haben wir verschiedene Refurbishment-Bausteine entwickelt: Los geht es mit einem Software- und PC-Upgrade über den Austausch von Gewichtsausgleichssystemen bis hin zu einer Komplettüberholung inklusive aller Verschleißteile. Wir kaufen aber auch in die Jahre gekommene Roboter zurück, machen eine Generalüberholung und verkaufen sie anschließend als Second-Hand-Roboter – inklusive Gewährleistung auf alle Teile. Konkrete Stückzahlen kann ich leider nicht nennen.

Kullmann, ABB Robotics: Beim Austausch erhalten Kunden einen komplett wiederaufbereiteten Roboterarm aus unserem Lagerbestand. Die Wiederaufbereitung folgt strengen Regeln. Bevor ein Roboter als ABB-zertifizierter überholter Roboter gekennzeichnet wird, durchläuft er strenge Prüfungen, einschließlich einer detaillierten Inspektion und eines Funktionstests. Die wiederaufbereiteten ABB-Roboter und Ersatzteile werden mit einer Mindestgarantie von 12 Monaten ausgeliefert. In den letzten 30 Jahren haben wir 12.000 Roboter wiederaufbereitet und ihnen ein zweites Leben geschenkt. Die sechs Wiederaufbereitungszentren von ABB nehmen jährlich rund 250 Roboter zurück.

In den letzten 30 Jahren haben wir 12.000 Roboter wiederaufbereitet und ihnen ein zweites Leben geschenkt.

Martin Kullmann, ABB Robotics
Martin Kullmann, ABB Robotics – Bild: ABB Automation GmbH

Welche Rolle spielen neue Technologien für Ihre Serviceleistungen im Bereich Instandsetzung und Retrofit?

Strobl, Kuka: Auf unserer Self-ServicePlattform my.Kuka stellen wir unseren Kunden verschiedene Angebote bereit, die erledigt werden können, ohne mit einem Kuka-Mitarbeiter in Kontakt treten zu müssen. Ziel ist es, die Beschaffungsprozesse unserer Kunden effizienter zu gestalten und dadurch die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu steigern. Mögliche SelfServices sind z.B. die Erstellung und Nachverfolgung von Customer-Support-Cases, das Managen der eigenen Roboter-Assets, der Zugang zu Produktdokumentationen, die Anforderung von Servicetechnikern, die Verwaltung von Lizenzen und eben auch Anfragen von gebrauchten Robotern.

Pühringer, Stäubli Robotics: Hier spielen auch neuere Technologien eine wichtige Rolle. Das fängt schon beim Echtzeit-Monitoring der Roboter an, das Unregelmäßigkeiten beim Betrieb der Roboter aufzeigen kann. Geht es um den Leistungsumfang beim Refit hilft den Technikern auch der Blick in die Lebensakte des Roboters. Welche Teile wurden bereits im Rahmen regulärer Wartungen getauscht, gab es werksseitige Rückrufmaßnahmen oder Reparaturfälle – die exakte Dokumentation liefert Antworten auf diese Fragen und trägt zur Transparenz bei.

Kullmann, ABB Robotics: ABB bietet mehrere Lösungen an, die die Lebensdauer von Robotern verlängern, darunter datengesteuerte Dienstleistungen. Mit dem CBMService können Kunden erkennen, welche Roboter am stärksten beansprucht werden und entsprechend reagieren. Mit diesem Service kann die Lebensdauer eines Roboters verlängert und der Wartungsaufwand reduziert werden. In der Industrie hat dieser Service einem großen Automobilhersteller geholfen, die am stärksten beanspruchten Roboter in seiner Anlage zu identifizieren und präventive Wartungsmaßnahmen zu entwickeln, die dazu beitragen, dass 280 Roboter bis 2035 weiterarbeiten, obwohl
sie bereits mehr als 25.000 Produktionsstunden angesammelt haben.

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