Interview mit Bernd Liepert, Kuka

Wie sehr und in welcher Weise profitieren Sie bei Ihrer Arbeit von den beruflichen Erfahrungen, die Sie in fast 30 Jahren bei Kuka gesammelt haben?

Liepert: In das Innovationsmanagement war ich in allen meinen Positionen bei Kuka eingebunden. Die Erfahrung hilft mir vor allem bei der Einschätzung, welche Trends Potential haben und welche nicht. Ich habe früh begonnen, die Dinge langfristig zu betrachten. Einer meiner früheren Chefs hat mich vor vielen Jahren gelehrt: „Wenn Du in einem Prozess den nächsten Schritt noch nicht kennst, dann denke an den übernächsten Schritt. Und wenn Dir dieser klar ist, dann weißt Du automatisch, wie der Schritt davor aussehen muss.“ Und das Tolle ist: Das funktioniert tatsächlich. Und noch eines ist wichtig: Man soll die gegebenen Zu- und Umstände nie beklagen, sondern Wege finden, sie positiv zu ändern. Und wenn ich eingangs gesagt habe, dass wir Wege in die Zukunft denken, so tun wir das heute sicherlich konsequenter als vielleicht noch vor zwanzig oder mehr Jahren und ich behaupte, dass wir das auch effektiver tun.

Trotz eigener Konzernforschung arbeiten Sie auch mit Hochschulen oder Forschungseinrichtungen zusammen. Bei welchen Themen?

Liepert: Die Zusammenarbeit mit Lehr- und Forschungseinrichtungen – auch im internationalen Rahmen – hat bei Kuka eine lange Tradition, ebenso wie Forschungs- und Entwicklungskooperationen mit anderen Unternehmen. Die Projekte, die wir gegenwärtig verfolgen, sind von ihren Themen her mehrheitlich bei den vorhin genannten facettenreichen Megatrends angesiedelt, gehen aber auch darüber hinaus. Stichwortartig nennen möchte ich an dieser Stelle den Einsatz von Robotern im Bereich Health Care, neue Technologien zur Erfassung und Analyse großer Datenmengen, neue Sicherheitskonzepte für die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter, die Steigerung der Energieeffizienz durch neue Antriebskonzepte und Werkstoffe, auch die Mechatronik ist immer noch ein brandaktuelles Thema.

Darf ich nochmals auf die Megatrends und ihre Verknüpfungen untereinander zurückkommen, von denen Sie gesprochen haben? Das alles sind technologische Trends mit einem Riesenbedarf an mobilen, autonomen, leichtgebauten, sichereren und sensitiv kollaborierenden Robotern. Warum eigentlich bleiben sie hinter den in sie gesetzten Erwartungen zurück?

Liepert: Dafür gibt es verschiedenste Gründe. Beispiel Servicerobotik: Klammern wir mal Consumer-Produkte wie rasenmähende und staubsaugende Geräte aus, sind wir beim Kernthema der Servicerobotik: mobile Roboterassistenten, die Menschen in der Industrie, in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Haushalten oder wo auch immer Arbeit abnehmen und sie unterstützen. Das ist aber kein Großseriengeschäft. Die Roboterlösungen, die in der Servicerobotik entwickelt werden, sind aufgrund ihrer jeweiligen Anwendungsspezifikationen aktuell noch für zahlenmäßig recht überschaubare Kundenkreise relevant. Deshalb amortisieren sich die doch sehr hohen Entwicklungskosten nur über angemessen realistische Verkaufspreise, die wiederum Investoren vielfach noch abschrecken. Außerdem scheuen Systemintegratoren vor den technischen und finanziellen Risiken, die sie bei derartigen Projekten eingehen könnten, zurück, denn Servicerobotik ist immer noch Neuland. Bei Industrie 4.0 wiederum bremsen weder hochpreisige Roboterlösungen noch in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Roboter. Die Initiatoren von Industrie 4.0 haben deren Inhalte ziemlich frei interpretierbar gestaltet. Das Deutungsspektrum hinsichtlich Big Data, Data Ownership, Schwarmintelligenz und so weiter ist also jedem potenziell interessierten Unternehmen selbst überlassen. In mittelständischen und kleinen Unternehmen, die das Gros der deutschen Industrie ausmachen, herrscht ziemliche Unklarheit über diese Themen, über Digitalisierung, über die Sicherheit von Daten, die da in einer Wolke scheinbar verschwinden. Deshalb plädiere ich dafür, dass wir von Kuka praktikable Industrie-4.0-Lösungen auch für den Mittelstand entwickeln. Und dabei sind wir schon auf einem recht guten Weg. Nicht ändern können wir jedoch, dass es mit Blick auf IoT in Deutschland flächendeckend überhaupt kein schnelles Internet gibt, damit Produktionssysteme in Echtzeit Daten austauschen und miteinander kommunizieren. Hemmnisse gibt es auch bei der mobilen Robotik, und zwar z.B. durch die unterschiedliche Normenlage bei Robotern und mobilen Plattformen, die den Einsatz der mobilen Roboter noch ziemlich einschränken. Als weiteres Hemmnis gilt immer noch die Programmierung und Inbetriebnahme von Robotern. Beides ist zwar schon recht einfach und komfortabel, aber offenbar noch nicht einfach genug. Es gibt zwar schon verschiedene, gute Ansätze, diesem Verlangen zu entsprechen – Stichwort intuitive Bedienung. Doch die Praxis zeigt, dass dies nur bei relativ einfachen Anwendungen funktioniert. Wir diskutieren aktuell über selbsterklärende User-Interfaces und über lernende Roboter.

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KUKA AG
www.kuka-ag.de

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