Sportliche Lagerautomatisierung

Fahrerlose Transportsysteme in Kombination mit einem Autostore-System

Sportliche Lagerautomatisierung

Der Online-Handel hat durch die Pandemie einen massiven Schub erlebt. Um dem rasanten Anstieg an Bestellungen gerecht zu werden, müssen Online-Shops bei der innerbetrieblichen Logistik neue Wege gehen. Der österreichische Online-Sportartikelhändler SportOkay setzt dabei auf ein automatisiertes Lager mit Fahrerlosen Transportsystemen von Safelog sowie ein AutoStore-System.

Im Großteillager des Sportartikelherstellers SportOkay werden die Regale von dem FTS AGV L1 von Safelog abgeholt und wieder eingelagert. (Bild: Safelog GmbH)

Im Großteillager des Sportartikelherstellers SportOkay werden die Regale von dem FTS AGV L1 von Safelog abgeholt und wieder eingelagert. (Bild: Safelog GmbH)

„2017 kamen wir zu dem Schluss, dass unser klassisches Regallager mit 1.600m2 Fläche für die Bewältigung der stetig steigenden Anzahl an Produkten und Aufträgen nicht mehr geeignet war“, berichtet Konrad Plankensteiner, Geschäftsführer des Sportartikelherstellers Sport Okay. „Nach einigen Überlegungen haben wir uns für den Neubau eines Lagers mit moderner Intralogistiktechnik entschieden, mit der Zielsetzung, möglichst viele Artikel auf möglichst wenig Fläche vorrätig zu haben.“ Ein weiterer Grund für die Automatisierung des Lagers waren die Strecken, die täglich bei der Kommissionierung zurückgelegt wurden. Messungen ergaben, dass sich die Wegstrecke pro Tag und Mitarbeiter zu Spitzenzeiten auf bis zu 25km summierten. Eine Vergrößerung der Lagerfläche im klassischen Stil hätte somit auch unweigerlich zu einer Erhöhung der Tageskilometer geführt. „Mit unserer Automatisierungslösung können wir die Laufleistung pro Mitarbeiter in der Hochsaison um über 20km reduzieren, was einen hohen Mehrwert an Ergonomie und Zeitersparnis bringt“, erläutert Plankensteiner.

An sechs Arbeitsplätzen mit Swing-Ports picken die Mitarbeiter Waren und legen sie in die bereitstehenden Kommissionierwannen, die auf dem AGV S2 montiert sind. (Bild: Safelog GmbH)

Hybridnavigation aus Magnetspur, RFID-Tags und Konturnavigation

Auf Grund der unterschiedlichen Produktgrößen – das Sortiment reicht von Abseilachtern bis Mountainbikes – entschied man sich beim Neubau von SportOkay für eine Doppellösung. Das 40.000 Artikel umfassende Kleinteilelager wird durch ein AutoStore-System bewirtschaftet; im Regallager für die 10.000 Großartikel kommen sechs fahrerlose Transportsysteme vom Typ AGV L1 von Safelog zum Einsatz. Die Fahraufträge werden durch einen Kommissionierer über das automatische Warenwirtschaftssystem ausgelöst und an einen verfügbaren mobilen Transportroboter übermittelt. Alle Regale sind über einen Zahlencode klar definiert, sodass dem FTS die Position innerhalb des Lagers durch die Lagerverwaltungssoftware mitgeteilt werden kann. Liegt kein Auftrag vor, kehren die FTS an den zentralen Pufferstandort zurück, der mit Ladestationen für jedes Gerät ausgerüstet ist. „Sobald ein Fahrauftrag vorliegt, begibt sich ein FTS zum angefragten Regal, unterfährt es und hebt es als Ganzes über vier Hubsäulen aus“, berichtet Max Scherbauer, Projektleiter bei Safelog. „Die einzelnen Stellplätze der Regale sind dabei über RFID-Tags am Boden codiert, die auch in der Lagerverwaltungssoftware hinterlegt sind, sodass es zu keinen Verwechslungen kommen kann.“ Nach der Regalaufnahme navigiert das FTS automatisch zu einem der beiden Konsolenheber, um das Regal ins Erdgeschoss zu bringen. Nähert sich das FTS dem Aufzug wird dieser automatisch angefordert. Des Weiteren kommunizieren die Geräte mit den Brandschutztoren, die auf dem Weg zum Kommissionierplatz liegen, um diese zügig passieren zu können. „Die Integration und Steuerung unterschiedlicher Gewerke wie Sicherheitstoren, Brandschutztüren, Konsolenheber, FTS und AutoStore-System auf mehreren Ebenen, stellte für unseren Neubau eine große Herausforderung dar, die wir mit unseren Lösungen hervorragend bewältigen konnten“, erklärt Plankensteiner. Da sich die Umgebung auf Grund der flexiblen Belegung der Regalstellplätze permanent ändert und in verschiedenen Lagerbereichen operiert werden muss, setzt Safelog auf eine Hybridnavigation aus Magnetspur, RFID-Tags und Konturnavigation.

Kombinationslösung aus AutoStore-System und FTS

An sechs Arbeitsplätzen mit Swing-Ports des Autostore-Systems picken die Mitarbeiter die Aufträge der Kunden und legen die Waren in die bereitstehenden Kommissionierwannen. Diese sind auf neun Safelog-Geräten des Typs AGV S2 montiert und können jeweils zwei Bestellungen aufnehmen. Die eindeutige Zuordnung der Artikel einer Wanne zu einer Kundenauftrag erfolgt per Strichcode, den der Mitarbeiter beim Picken scannt. Sind beide Wannen mit jeweils einer Bestellung belegt, fährt das FTS automatisch zur Verpackung. „Mit dieser Systematik ist es fast ausgeschlossen, dass ein falsches Produkt entnommen und versendet wird“, freut sich Plankensteiner. „Die Qualität der Richtigkeit unserer Warensendungen hat nahezu 100 Prozent erreicht“. Der Bereich von Verpackung und Kommissionierung wird als Mischzone betrieben, in der FTS und Personen auf engem Raum kooperieren. Die Mitarbeiter bedienen nacheinander die einzelnen Ports des AutoStore-Systems, während die FTS permanent zwischen Verpackung und Kommissionierung pendeln. „Die Fahrerlosen Transportfahrzeuge arbeiten in dieser Zone mit einer reinen Konturnavigation, da die Umgebung weitgehend unveränderlich und die Anzahl der Routenvarianten gering ist“, erläutert Scherbauer. „Über Lasersensoren werden sowohl Personen als auch Gegenstände im Sicherheitsbereich detektiert und eine Geschwindigkeitsreduzierung oder ein Vollstopp des FTS veranlasst, um Unfälle zu vermeiden.“

Verdopplung der Lagerfläche

Aktuell werden beide Anlagen im Logistic-Center von SportOkay erweitert, um eine Verdopplung der Lagerfläche zu erzielen sowie Pick- und Einlagerungsgeschwindigkeit um 100 Prozent zu steigern. „Onlineshopping ist für die Kunden ein äußerst komfortabler Vorgang. Sie können auf einfache und schnelle Weise einkaufen und erwarten auch eine möglichst rasche Lieferung. Unser oberstes Ziel ist es diesen Kundenerwartungen gerecht zu werden und sie nach Möglichkeit zu übertreffen. Mit Hilfe der Lagerlogistiksysteme von Safelog ist es uns gelungen, unsere Prozesse zu beschleunigen und unserem Ziel ein gutes Stück näher zu kommen“, resümiert Plankensteiner.

 

Im Gespräch mit Mathias Behounek,
Geschäftsführer von Safelog

ROBOTIK UND PRODUKTION: SportOkay nutzt insgesamt 15 FTS-Modelle S2 und L1 von Safelog – welche weiteren Typen umfasst Ihr Produktportfolio und welche Neuentwicklungen sind zu erwarten?
Mathias Behounek: Unser FTS-Produktportfolie umfasst einen weiteren Typen, das AGV M3. Das AGV M3 ist ein wahres Multitalent. Es kann bis zu 1.500kg ziehen, ist aber dank seiner kompakten Maße dennoch sehr flexibel. Safelog entwickelt seine Geräte stetig weiter. In diesem Jahr steht die Überarbeitung der kompletten FTS-Familie – der Generation 21 – an. Begonnen wurde Anfang des Jahres mit demM-Gerät, das im August als AGV M4 auf den Markt gebracht wurde. Darüber hinaus werden auch die beiden anderen Modelle AGV S2 und AGV L1 überarbeitet und ein komplett neues FTS entwickelt.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche Besonderheiten weist das Modell AGV M4 hinsichtlich Technik und Systemintegration auf?
Behounek:
Das AGV M4 weist eine ganze Reihe neuer Features auf. Auf den ersten Blick sticht hier mit Sicherheit zunächst die auf 220mm reduzierte Bauhöhe heraus, wodurch sich eine Vielzahl neuer Anwendungsfälle ergeben. Weiterhin ist das neue Gerät dank eigens entwickelter bürstenloser DC-Motoren noch kraftvoller als sein Vorgängermodell AGV M3. Durch die stärkeren Motoren kann das neue Gerät nicht nur höhere Anhängelasten mit 1.500kg und Topload von 1.000kg transportieren, sondern, mit bis zu 1,6m/s, schneller als das M3 fahren sowie gezielt auch sehr langsam fahren (0,02m/s). Weitere Highlights bei der Generation 21 sind die standardmäßige Ausstattung mit einem induktiven Ladesystem und der Einsatz von LiFePo4-Batterien, von denen je nach Prozessanforderungen bis zu vier Stück verbaut werden können. Die neuen Geräte sind, wie auch deren Vorgängermodelle, dank einer intelligenten, agentenbasierten Steuerung in der Lage, mit anderen Transportrobotern und Peripherieanlagen zu kommunizieren. Die einheitliche Prozesssoftware ermöglicht außerdem, dass die neuen Geräte mit allen anderen Safelog-Geräten kompatibel sind und auch im Mischbetrieb eingesetzt werden können.

„Durch die Schwarmintelligenz unserer FTS wird ein zentraler übergeordneter Leitstand zur Steuerung aller Geräte überflüssig.“ Mathias Behounek, Geschäftsführer Safelog (Bild: Safelog GmbH)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welchen Nutzen bietet die Intelligenz im Schwarm ihrer Fahrzeuge und welche Bedeutung hat die neue VDA5050 für Safelog?
Behounek: Dank der Schwarmintelligenz unserer FTS wird ein zentraler übergeordneter Leitstand zur Steuerung aller Geräte überflüssig, was gerade in Projekten mit geringen Stückzahlen eine hohe Kosteneinsparung ermöglicht. Die VDA5050-Schnittstelle ist für Safelog von großer Bedeutung, da die immer stärker fortschreitende Automatisierung dazu führt, dass die Anforderungen eines Kunden häufig gar nicht mehr durch einen einzigen Hersteller abgedeckt werden können, sondern vielmehr die Lösungen unterschiedlicher Hersteller integriert werden müssen. Diese müssen dann dementsprechend durch einen Leitstand gesteuert werden – und das gelingt durch die VDA5050-Schnittstelle. Diese besonderen Anforderungen führen auch dazu, dass die VDA5050-Leitstandsteuerung von immer mehr potenziellen Kunden vorausgesetzt wird.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Auf welche weiteren Services können sich die Kunden von Safelog verlassen?
Behounek: Safelog ist Spezialist für die Entwicklung und Verknüpfung innovativer Logistiksysteme. Neben unserer FTS-Produktfamilie bieten wir auch Pick-by-Light/Put-to-Light-Systeme sowie Intralogistikkomplettlösungen an. Das Besondere ist sicherlich der starke Fokus auf unsere Software. Safelog verfolgt mit seinen Lösungen einen ganzheitlichen Ansatz, der von vielen Kunden geschätzt wird. Von der Vorabanalyse über die Planung und Umsetzung bis hin zum After-Sales-Service – unsere Kundenprojekte beinhalten immer das volle Programm. So können wir das Projekt optimal auf den Kunden abstimmen und bestmöglich auf Besonderheiten eingehen sowie auf Unvorhersehbares reagieren.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Behounek, vielen Dank für das Gespräch.

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