Think big

Hochgenaue Herstellungsvorgänge großer Bauteile

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Megarob ist eine flexible Plattform zur Automatisierung von hochpräzisen Herstellungsprozessen großer Teile und Strukturen (typischerweise ab 10m und größer). Das System besteht aus einem konventionellen Industrieroboter, der auf einer Standardstruktur wie z.B. einem Laufkran montiert ist und durch ein High-level Steuerungssystem gesteuert wird. Der Aufbau ist in der Lage, einen großen Arbeitsbereich abzudecken, und erlaubt es dem Roboter, eine große Fläche zu bedienen. Der Arbeitsbereich ist in mehrere eigenständige Bereiche gegliedert, die die Form von Würfeln haben.

Prototyp des Megarob (20x6x5m) im AITIIP Technological Centre in Spanien. (Bild: AITIIP Foundation)

Prototyp des Megarob (20x6x5m) im AITIIP Technological Centre in Spanien. (Bild: AITIIP Foundation)

Einige der größten Probleme der heutigen industriellen Fertigung betreffen Herstellungs- und Reparaturaufgaben von großen Komponenten (ab 10m). Tatsächlich werden viele Herstellungsprozesse, wie Zerspannung, Fräsen, Schleifen, Polieren, Entgraten, Schweißen, Vernieten, Verschrauben oder Bemalen, immer noch manuell durchgeführt, hauptsächlich aufgrund von Problemen, die mit der kinematischen Struktur der Maschinen zusammenhängen und mit den benötigten Toleranzen. Mit der derzeit verfügbaren Technologie ist es schwierig, ein robustes System zu entwickeln, das akkurat genug für solche Aufgaben ist, da Positionierungsfehler exponentiell zur Größe der Maschine steigen. Die endgültige Präzision eines Systems ergibt sich aus der Akkumulation verschiedener Fehler, beginnend mit dem Fehler im Herstellungsprozess selbst. Es existiert eine wesentliche Lücke zwischen der Genauigkeit, die derzeit bei der Produktion kleiner Produkte und Komponenten erreicht wird, und der Präzision bei großen Strukturen. Daher ist es wichtig, ein System zu entwickeln, das dazu fähig ist, die Toleranzen kleiner Komponenten auch bei großen Teilen zu erreichen.

Konzept

Die Hauptprobleme bei der Herstellung von großen Komponenten hängen mit mehreren Faktoren zusammen:

  • • die Schwierigkeit, ein hohes Level an Genauigkeit aufrecht zu erhalten,
  • • der Bedarf, Teile von einer Seite der Fabrik zur anderen zu transportieren, um die verschiedenen Herstellungsaufgaben zu realisieren,
  • • die Notwendigkeit, zumindest Teile der Herstellung manuell durchführen zu können.
  • • Ungenauigkeit der Roboter-Kinematik
  • • Fehler bedingt durch die strukturelle Schwäche des Roboterdesigns: Industrielle Roboter werden hergestellt, um flexible Strukturen zu garantieren. Als Konsequenzen tauchen strukturelle Verschiebungen und dadurch Abweichungen von den einprogrammierten Positionen auf, wenn Kräfte auf die Konstruktion einwirken.
  • • Verschiebungen des Roboters durch Trägheitskräfte, wenn der Kran nicht starr genug ist.

Um diesen Effekt während der Bewegung des Roboters im jeweiligen Arbeitsblock zu reduzieren, bildet ein Leica-Laser-Tracker die TCP-Position ab, der ein T-MAC-System folgt, welches auf dem Werkzeug angebracht ist. Die Kommunikation über Ethercat erlaubt dabei Messungen mit 1.000Hz. Das für Megarob entwickelte Steuerungssystem rekalkuliert die inverse Kinematik und korrigiert die Position des Roboters, basierend auf den Informationen des Laser Trackers, um das Herstellungswerkzeug zu der programmierten Position zu führen – und das 1.000-mal in der Sekunde. Mit der prozessinternen Echtzeit-Monitoring-Funktion ist Megarob dazu im Stande, Herstellungs- und Reparaturaufgaben von Teilen, Formen und Werkzeugen über 10m Größe durchzuführen. Dies beinhaltet gleichzeitige Fräs-, Bohr-, Schleif-, Entgrat- und Polieraufgaben, die durch die Echtzeit-Maßkontrollen abgesichert sind. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, nicht nur für die Werkstückgeometrie Maßkontrollen in Echtzeit durchzuführen, sondern auch für die vom Werkzeug beschriebenen Bewegungsbahnen. Auf diese Weise wird eine 100-prozentig genaue geometrische Validierung gewährleistet, was den Ausschuss reduziert. Um dieses Konzept zu erstellen, wurde ausschließlich handelsübliche Hardware verwendet. Ein Laser-Tracker-System (Leica Absolute Tracker AT901 LR) misst die absolute 3D-Position und Orientierung des zu trackenden Objektes (in diesem Fall der Roboter und der Effektor) mit einer Genauigkeit unter 30µm. Das Konzept wurde in einen Comau-Roboter implementiert. Seine Steuerung beinhaltet ein Interface, um Zugriff auf die Motorensteuerung des Roboters zu erhalten. Über das Interface ist es möglich, geplante und aktuelle Armbewegungen zu betrachten sowie teilweise oder komplett Kommandos für die proprietäre Motorsteuerung des Roboters mit einer Frequenz von 1kHz zu ändern bzw. zu ersetzen. Die Steuerung ist implementiert als äußerer Regelkreis der proprietären Motorensteuerung des Roboters und plant die Laufbahn, die Position der Werkzeuge sowie die Geschwindigkeit und die momentane Steuerung der Motoren eines jeden Roboterarms. Die Steuerung kontrolliert die absolute 6D-kartesische Position des Roboters. Die Implementierung des äußeren Regelkreises ist unterteilt in drei Schritte, die jede Millisekunde durchgeführt werden:

  • • Analyse der Informationen des Roboters und des Lasertrackers sowie Herausfiltern von potenziellen Messfehlern des Lasertrackers.
  • • Der Positions- und Orientierungsausgleich wird zur Idealplanung der Roboterhaltung hinzugefügt. Dieser Ausgleich korrigiert augenblicklich die Fehler in der Haltung des Roboters.
  • • Die Armpositionen für die ideale Haltung (inklusive Ausgleich) werden kalkuliert. Sie werden in einem Regelkreis genutzt, der durch die geplanten Armpositionen zurückgeleitet wird. Die Ausgabe der Steuerung wird zum Positions-Sollwert der Motorensteuerung hinzugefügt.

Die absolute 6D-Positionssteuerung des Roboters kann erweitert werden, um Störungen in der Roboterplattform zu bewältigen, wie z.B. Bewegungen der Plattform. In diesem Szenario wird eine genaue Einschätzung der momentanen Haltung der Roboterplattform für die absolute kartesische Positionssteuerung des Roboters gebraucht. Die Einschätzung der Roboterplattform erfolgt durch einen optimierenden Algorithmus mit einer Frequenz von 1.000Hz. Die Steuerungsleistung wurde mehrfach getestet und Tests in drei Szenarien durchgeführt. Bei der Bewegung im Freiraum – ohne die Störung durch eine Roboterplattform – verbesserte die Steuerung die statische Positionierungsgenauigkeit um mehr als eine Größenordnung von 0,5 auf 0,03mm. In dynamischen Situationen, speziell bei Ringbewegungen, blieb die Genauigkeit des Roboters mit der vorgeschlagenen Steuerung konstant bei ca. 0,1mm, mit einigen Peaks zwischen 0,2 und 0,27mm. Diese Spitzen korrespondieren mit den Momenten, wenn einer der drei ersten Achsen ihre Bewegungsrichtung änderte. Ohne Korrektur variierten die Genauigkeitsfehler zwischen 0,4 und 1,0mm. Bei Bewegungen im Kontext mit Arbeitsaufgaben – in diesem Fall beim Fräsen – zeigte die Genauigkeit des Roboters keine signifikante Veränderung. Abschließend, in Bewegung mit Störung durch die Plattform, wenn diese zufällig auf dem Kran verrückt wurde, minimierte die Steuerung deutlich Fehler in der geplanten Roboterwerkzeug-Laufbahn und reduzierte die typischen Fehlerwerte. Es ist wichtig, auf die Korrekturen des Roboterbasis-Frames auf dem Kran hinzuweisen. Typische Plattform Frame-Errors zeigen Abweichungen von über 5mm auf, die beseitigt werden, wenn man Korrekturen mit der Steuerung vornimmt.

Fazit

Als Ergebnis der Entwicklungen ist derzeit ein Prototyp im AITIIP Technological Center in Spanien in Betrieb, der Fräs-, Bohr- und Polieraufgaben an großen Verbundteilen durchführt. Einer der Vorteile des Systemdesigns ist dessen Flexibilität, die es auch für andere industrielle Anlagen oder Anwendungen skalierbar macht. Der größte Vorteil ist aber, über ein flexibles System zu verfügen, das in weitläufigen Arbeitsumgebungen mit einer gesteuerten Genauigkeit bewegt werden kann, die 0,3mm 3D-Genauigkeiten in dynamischen Bewegungen erreicht und 0,05mm bei statischer Positionierung im gesamten Arbeitsbereich von 20x6x5m.

AITIIP Foundation
www.megarob.eu

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