„In diesem Markt ist viel Bewegung“


Sind das, was Sie eben kurz skizziert haben, die hauptsächlichen Prozessabläufe innerhalb einer Robotik-Pack-Line?


Peters: Ja, in etwa, wobei ganz am Anfang logischerweise die Vision-basierte Qualitätskontrolle des Packgutes stehen sollte. Bei Obst und Gemüse etwa führen Druckstellen, Wurmfraß und anderer Schädlingsbefall sehr schnell zu Fäulnisbildung und damit zur Ungenießbarkeit. Bruchschokolade oder zerkrümelte Kekse möchte auch niemand in einer Verpackung haben. Derart beanstandetes Packgut muss ausgeschleust werden. In der nächsten Station erfolgt die Bereitstellung der Primärverpackungen. Das sind in der Regel Schalen aus Karton oder Wellpappe, Blister und Schlauchbeutel. In diese platziert ein Roboter – wahlweise in Knickarm-, Scara- oder Deltabauweise – mit Sauggreifer und Visionunterstützung das Packgut. Anschließend werden die Primärverpackungen luftdicht mit einer Folie verschlossen und auf Dichtigkeit geprüft. Wenn gewünscht, kann man die Folie oder die Schlauchbeutel vorher noch bedrucken. Es gibt auch eine Station zum Abwiegen des Packgutes. Danach wird auf die Primärverpackung ein Etikett aufgebracht, das alle relevanten Angaben enthält, wie Inhalt, Herkunft, Gewicht, Preis, Mindesthaltbarkeitsdatum und so weiter. Bei kleinteiligem Packgut wie Konfekt, Keksen oder Plätzchen können die Arbeitsabläufe etwas variieren. So verpackt, geprüft und gekennzeichnet kommen die Verpackungen in die letzte Station, in der sie ein Palettierroboter in Transportgebinde packt. Erst jetzt kommt ein Mitarbeiter ins Spiel, der die Gebinde leer bereitstellt und gefüllt abtransportiert. Das kann aber auch ein fahrerloses Transportsystem übernehmen. Miteinander verkettet sind alle Prozessstationen durch ein Transfersystem mit den notwendigen Funktionselementen zum Bevorraten, Vereinzeln, Stoppen, Anheben, Absenken, Ausschleusen, Stauen et cetera.


Welche Arten von Lebensmitteln lassen sich so verpacken?


Peters: Auf der allerersten Robotik-Pack-Line wurden Fischfilets verpackt. Inzwischen haben wir nachgewiesen, dass unser Ansatz mit Konfekt, Müsliriegeln und ähnlichen Snacks, mit Fleisch und Wurstwaren, Käse, verschiedenen Backwaren, Obst, Gemüse oder Tiefkühlkost ebenso gut funktioniert. Vorstellen kann ich mir selbst Anlagen zum Abfüllen und Verpacken von Schüttgut wie etwa Tierfutter, Kaffeemehl oder Gewürzen. Prozessstationen, in denen Schüttgut auf Fremdkörper wie Metall- oder Glaspartikel und andere Verschmutzungen detektiert, die anschließend ausgesondert werden, gibt es bereits, auch solche zum Portionieren von Schüttgut.


Was tut sich mit Blick auf Automatisierungsphilosophien aktuell in der Lebensmittelindustrie?


Peters: In diesem Markt ist viel Bewegung. Treiber sind neben dem Wettbewerbs- und Kostendruck vor allem das sich verändernde Kauf- und Konsumverhalten der Endkunden, das für roboterautomatisiertes Verpacken spricht: Frische Bioprodukte aus regionalem Anbau und artgerechter Tierhaltung werden trotz höherer Preise immer stärker nachgefragt. Die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland steigt ständig. Diese Zielgruppe kauft Lebensmittel nicht in Massen, sondern nahezu ausschließlich dem Eigenbedarf entsprechend portioniert; das allerdings in großer Vielfalt. Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass Lebensmittelproduzenten mittlerweile kaum noch Personal für ihre Verpackungsbereiche finden, denn die dort vorherrschenden Tätigkeiten sind für die Mitarbeitenden weder finanziell lukrativ noch geistig fordernd. Last but not least betreiben auch immer mehr Landwirte oder Genossenschaften eigene Hofläden, in denen Kunden Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst, Käse, Kräuter aus Selbstbedienungsautomaten kaufen können – aus den eingangs genannten Gründen am besten roboterautomatisiert verpackt.


Im Rahmen eines Innovation Day stellen Sie die Robotik-Pack-Line dem Publikum vor. Wie ist dieses Projekt entstanden?


Peters: Wegen der Corona-Pandemie sind, beginnend im Jahr 2020, alle Fachmessen abgesagt worden. Wir mussten also ein anderes Format finden, um Kunden und potenzielle Interessenten an der Robotik-Pack-Line zu erreichen. In dieser Findungsphase kam uns Dr. Christian Gorldt zu Hilfe, Geschäftsführer von IQ Bremen, einer Weiterbildungseinrichtung, in der sich Facharbeiter berufsbegleitend zum Industriemeister, zum Fach- und Betriebswirt, zum Berufsausbilder und für Aufgaben im Management qualifizieren können. Er hat angeboten, dass wir bei ihm eine Robotik-Pack-Line als Demo-Objekt installieren – quasi zum learning by doing für die Studierenden – und im Gegenzug seine Räumlichkeiten für Veranstaltungen nutzen können. Und das machen wir seit Herbst 2021.


Wie haben die Besucher diese Innovation Days bislang angenommen?


Peters: Durchweg positiv. Unsere Partnerunternehmen informieren die Besucher aus dem Nahrungsgüter-Sektor und der Verpackungsindustrie über die Robotik-Pack-Line. Gemeinsam diskutieren sie aktuelle Entwicklungen in den Branchen, erörtern technische Themen und Aspekte wie künstliche Intelligenz, tauschen Erfahrungen aus und netzwerken. Ein Gewinn für alle Beteiligten. Die nächsten Veranstaltungstermine nach der diesjährigen Sommerpause sind übrigens der 15. September, der 27. Oktober und der 24. November.

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Ingenieurbüro Rolf Peters

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