Bernhard Lehner und Stefan Fischereder von Keba im Interview

KI Easy to Use

Vor genau einem Jahr hat ROBOTIK UND PRODUKTION bereits bei Keba nachgefragt, was es mit dem neuen KI-Extension-Modul auf sich hat. Jetzt sind die ersten Development Kits verfügbar und im Gespräch mit Bernhard Lehner und Stefan Fischereder geht es darum, was jetzt schon möglich ist, welche Anwendungen denkbar sind und was es auf der diesjährigen SPS-Messe zu diesem Thema zu sehen gibt.
Bild: Keba Industrial Automation GmbH

Anknüpfend an unser Gespräch zum KI-Modul von Keba vor einem Jahr, interessiert unsere Leser natürlich am meisten: Was hat sich seitdem getan?

Bernhard Lehner: Wir haben sehr viel an unserem KI-Modul gearbeitet und viele Ressourcen in die Entwicklung gesteckt. Das betrifft vor allem das Team. Wir haben viele Spezialisten zu diesem Projekt hinzugezogen. So konnten wir unser Produkt so weiterentwickeln, dass wir jetzt die ersten Development Kits für potenzielle Kunden und Use Cases zur Verfügung stellen können. Gibt es schon erste Kunden-Reaktionen bzw. Success Stories zu den bereits veröffentlichten Development Kits?

Stefan Fischereder: Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir schon sehr gute Rückmeldungen erhalten haben. Bei unserem KI-Modul handelt es sich um eine Erweiterung unseres bestehenden Steuersystems. Ziel ist es, KI-Funktionen für Maschinen- und Anlagenbauer sowie Automatisierer so einfach wie möglich in sein Steuerungssystem integrierbar zu machen. Hierzu haben wir schon gute Rückmeldungen erhalten. Vor allem auch zu dem Use Case, den wir als erstes in den Fokus nehmen, das sind ganz klar Vision-Systeme.

Können Sie das KI-Modul einmal genauer beschreiben? Was sind die Hardware- was die Softwarekomponenten?

Fischereder: Das KI-Modul wird auf dem Erweiterungsbus, den wir an unserem Steuerungssystem haben, angeschlossen. Mithilfe von Treibern wird das Modul dann im Steuerungssystem verfügbar. Das kann man sich vorstellen, wie eine Beschleuniger-Hardware ähnlich einer Grafikkarte in einem Spiele-Computer, allerdings reduziert auf die Rechen-Power, die nötig ist, um neuronale Netze zu berechnen. Zusätzlich dazu fangen wir gerade an, einen Software Stack aufzubauen, der es den Anwendern ermöglicht, z.B. aus SPS-Programmiersprachen auf diese Fähigkeiten zuzugreifen. Das wird besonders dann interessant, wenn kein Expertenpersonal diese KI-Fähigkeiten programmieren soll.

Lehner: Getreu unserem Motto Easy to Use und offene Steuerungsplattform versuchen wir, für alle Welten die Hard- und Software Toolchain zur Verfügung zu stellen, um die Umsetzung von KI-Anwendungen zu erleichtern. Es wird Anwender geben, die eigene Data Scientists angestellt haben, es wird aber auch Anwender geben, bei denen Maschinenapplikateure mit vorgefertigten Funktionsblöcken und SPS-Programmierspachen arbeiten. Wir haben unser KI-Modul in eine industrietaugliche Hardware verpackt, die alle Anforderungen erfüllt, die an so eine Hardware gestellt werden. Das Ganze ist lokal auf der Maschine, erfüllt die Industriestandards und ist langzeitverfügbar.

An welche Use Cases denken Sie genau, wenn Sie sagen, Sie adressieren Vision-Systeme?

Fischereder: Use Cases, die wir uns angesehen haben, sind z.B. Objekterkennungsalgorithmen. Das heißt, z.B. Objekte, die auf einem Förderband fahren, die die Anwender erkennen oder zählen wollen. Ein anderer Bereich, mit dem wir schon gute Erfahrungen gemacht haben, sind Greifpunktberechnungen für Roboter.

Bernhard Lehner, Keba
Bernhard Lehner, KebaBild: Keba Industrial Automation GmbH

Gab es auch bereits Kundenanfragen für Use Cases, an die Sie bisher nicht gedacht haben?

Fischereder: Ja, wir hatten z.B. mal eine Anfrage für einen Anwendungsfall im Bereich der sogenannten Vorsicherheit. Dabei geht es darum, Maschinenausfallzeiten zu reduzieren. Ein Grund dafür können Sicherheitsvorrichtungen sein, die unabsichtlich ausgelöst wurden. Hier kann Objekterkennung helfen und Menschen warnen, die der Sicherheitsvorrichtung zu nahe kommen oder sich dieser zu schnell nähern, um einen Maschinenausfall zu verhindern.

Lehner: Unser Ansatz ist es, mithilfe der Development Kits, die Pain Points unserer Kunden kennenzulernen, um diese mit unseren Lösungen so gut wie möglich zu unterstützen. Wir bei Keba sind immer bestrebt, auf den Kunden einzugehen und die bestmögliche Lösung zu liefern. Auch im Bereich Security arbeiten wir daran, dass unsere Produkte sicher sind und auch dort den Stand der Technik erfüllen.

Mithilfe der Development Kits wollen wir die Pain Points unserer Kunden kennenlernen, um diese mit unseren Lösungen bestmöglich zu unterstützen.

Bernhard Lehner, Keba

Werden Sie auf der bevorstehenden SPS-Messe auch eine Demo für Ihr KI-Modul aufbauen? Welchen Anwendungszusammenhang zeigen Sie dafür auf der Messe?

Lehner: Bei unserem Messeauftritt auf der diesjährigen SPS wollen wir den Fokus auf künstliche Intelligenz und Digitalisierung legen. Das Thema KI soll dabei spielerisch aufgegriffen werden. An unserem Stand kann sich der Messebesucher nicht nur über unsere Lösungen zum Thema KI informieren, sondern auch gegen unser KI-Modul ein Spiel spielen. Welches Spiel wird allerdings noch nicht verraten. Dazu müssen Sie auf die Messe an den Keba-Stand kommen. Nur so viel vorweg: Für dieses Spiel greifen wir auf neuronale Netze und Abläufe zurück, die wir in der Industrie dann auch in Serie einsetzen. Das heißt, alles, was wir im Rahmen dieses Spiels zeigen, ist 1:1 umsetzbar in Serienanwendungen, in der Robotik und im allgemeinen Maschinenbau, und das einfach und kostengünstig.

Stefan Fischereder, Keba – Bild: Keba Industrial Automation GmbH

Welche Pläne haben Sie für die Weiterentwicklung des KI-Moduls? Was sind die Next Steps?

Fischereder: Aktuell arbeiten wir an der Serienreife unseres KI-Moduls. Der Prototypenstatus ist schon weit fortgeschritten. Eine Überlegung ist es derzeit, verschiedene Leistungsklassen für das Modul anzubieten, um jedem Anwender die Performance bieten zu können, die er braucht.

Lehner: Wir sind jetzt schon in alle Richtungen und Performanceklassen skalierbar. Dabei verfolgen wir mehrere Konzepte, um unterschiedliche Probleme in der Industrie zu lösen, in allen Segmenten, in allen Preis-Ranges und Leistungsklassen.

Unser Ziel ist es, KI-Funktionen so einfach wie möglich in jedes Steuerungssystem integrierbar zu machen.

Stefan Fischereder, Keba

Fischereder: Vom Software Stack her sind wir auch noch recht am Anfang. Da gibt es noch sehr viel Entwicklungspotenzial. Dabei denken wir auch schon an die großen Themen, wie Predictive Maintenance und Predictive Quality. In diese Richtung haben wir schon erste Schritte gemacht, aber da ist mehr Software nötig als Hardware. Auch das Thema Functional Safety in Verbindung mit KI wird bei uns schon vorausgedacht. Unser Anspruch bei Keba ist es, genau die Lösungen zu liefern, die der Markt braucht.

Keba Industrial Automation GmbH

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